Cyril Despres - © KTM

© KTM – Titelverteidiger Cyril Despres dominiert die neunte Etappe und macht viel Zeit gut

(Motorsport-Total.com) – Zu Beginn der zweiten Dakar-Woche mussten die verbliebenen 140 Motorräder die längste Etappe der diesjährigen Marathon-Veranstaltung in Südamerika bewältigen. Über 800 Kilometer standen von San Miguel du Tucuman nach Cordoba auf dem Programm.

Der große Gewinner des Tages war Titelverteidger Cyril Despres. Der KTM-Werksfahrer feierte seinen ersten Tagessieg in diesem Jahr und schob sich im Gesamtklassement auf Platz zwei hinter seinem Wasserträger Ruben Faria. Die beiden Teamkollegen sind durch 5:23 Minuten voneinander getrennt. Pech hatte David Casteu (Yamaha): Der bisherige Spitzenreiter kollidierte mit einer Kuh und schleppte sich mit Schmerzen über die Distanz.

Die neunte Etappe der Rallye Dakar war mit 852 Kilometern die längste Strecke in diesem Jahr. Die 593 Kilometer lange Wertungsstrecke war in zwei Teile geteilt. Das Fahrkönnen stand heute im Mittelpunkt, denn es gab viele kurvige Streckenteile. Dazu ging es teilweise durch Waldstücke, wo man besonders genau aufpassen musste, denn die Service-Trucks fuhren heute eine andere Strecke. Der erste Abschnitt der Prüfung betrug 226 Kilometer, gefolgt von einem neutralisierten Abschnitt über 127 Kilometer, bevor der letzte Abschnitt über 240 Kilometer auf dem Programm stand. Bis zum Biwak in Cordoba mussten anschließend noch 83 Kilometer zurückgelegt werden.

Der lange Tag entwickelte sich zu einer großen Herausforderung für Mensch und Maschine. Joan Barreda Bort (Husqvarna) eröffnete als Tagessieger vom Samstag die Etappe. Dahinter folgten die KTM-Fahrer Johnny Campbell und Ivan Jakes. Ein Fahrer war heute besonders in Angriffslaune: Despres startete als Elfter und konnte in der Anfangsphase den Spuren der vorausfahrenden Motorräder folgen. Sein Gesamtrückstand zu Beginn des Tages betrug 24:26 Minuten.

Despres startete explosiv in den Tag und markierte bei den ersten Wegpunkten die Bestzeit. Am Ende des ersten Abschnitts betrug sein Vorsprung auf Barreda Bort schon vier Minuten. Probleme gab es dagegen für Casteu. Bei Kilometer 134 blieb der Franzose für rund eine Minute stehen. Etwas später musste Casteu bei Kilometer 210 erneut anhalten. Sein Yamaha-Teamkollege Vincent Guindani kam ihm zu Hilfe. Aber auch Olivier Pain (Yamaha) hatte Schwierigkeiten: Bei Kilometer 182 hielt er in einem Waldstück an.

Diese Schwierigkeiten spielten KTM und Despres in die Hände. Am Ende des ersten Abschnitts hatte Faria virtuell die Gesamtführung übernommen. Casteu folgte 4:50 Minuten dahinter und Despres hatte seinen Rückstand schon auf 7:31 Minuten verkürzt. Pain und Francisco Lopez (KTM) verloren auf dem teilweise nassen Untergrund ebenfalls Zeit. Am Ende des ersten Abschnitts stellte sich heraus, dass Casteu mit einer Kuh kollidiert war. Dabei hatte er sich eine Schulter angeschlagen. Vor der Verbindungsstrecke wurde der Franzose vom medizinischen Team versorgt.

Der Tag war aber noch lange nicht vorbei: Für Pain setzten sich die Schwierigkeiten fort. Bei Kilometer 370 stürzte der Franzose in einen Straßengraben und kam nicht mehr heraus. Seine Yamaha-Teamkollegen Michael Metge und Guindani kamen ihm zu Hilfe. Yamaha mühte sich durch die neunte Etappe. Casteu kämpfte sich trotz Schmerzen tapfer weiter, aber das Momentum schlug klar Richtung KTM um. Auch im zweiten Abschnitt markierte Despres die Bestzeiten.

Barreda Bort von Despres geschlagen

Zunächst kam Barreda Bort nach einer Fahrtzeit von weit über fünf Stunden als Erster ins Ziel, doch der Tagessieg ging an den Titelverteidiger. Despres meisterte den Wertungsabschnitt in fünf Stunden und 42 Minuten. Damit war der Franzose um 4:03 Minuten schneller als Barreda Bort. Nach den Rückschlägen vor dem Ruhetag meldete sich der Titelverteidiger mit seinem ersten Tagessieg in diesem Jahr eindrucksvoll zurück. „Es war ein guter Tag mit viel Attacke und vielen Kurven. Ohne meinen Trainer wäre es unmöglich gewesen, heute gut zu fahren, denn ich fahre das restliche Jahr viel mit dem Rad.“

„Danke auch an Michelin, denn meine Muskeln waren stark und meine Reifen ebenso“, lobt Despres im Ziel. „Wenn ich zurück im Biwak bin, kann ich diese Etappe abhaken. Mir war klar, dass es körperlich anstrengend wird und dass ich alles geben musste.“ Die Fahrer mussten an diesem Marathontag alles geben. „Ich habe Blasen an den Füßen und meine Hände schmerzen. Ich musste heute aber den ersten Sieg feiern und damit sagen, dass ich da bin“, stellt der Franzose klar. „Ruben und ich fahren gut für das Team. Er ist in guter Form. Das ist derzeit das Wichtigste.“

Auch in der Gesamtwertung lief es wieder für Despres, denn Casteu erlebte einen rabenschwarzen Tag. 30 Kilometer vor dem Ziel musste der Franzose erneut anhalten und ließ weitere Zeit liegen. Es gab Probleme mit dem Tank an seiner Yamaha, den er nach seiner Kollision mit der Kuh nicht selbst reparieren konnte. Während die Fahrer nach und nach ins Ziel kamen, stand Casteu immer noch auf der Speziale. Die Führung war er damit nach einem Tag los und er rutschte bis auf Platz 21 ab. Insgesamt verlor Casteu heute 2:09 Stunden.

Faria neuer Spitzenreiter

Neuer Spitzenreiter ist nun Faria. Sein Vorsprung auf Despres beträgt 5:23 Minuten. Da Faria der Edelhelfer von Despres ist, ist klar, wer praktisch die Führung inne hat. „Eine sehr schwierige Etappe. 851 Kilometer sind sehr lang“, meint Faria erschöpft im Ziel. „Zu 90 Prozent sind wir im Wald gefahren. Ich weiß gar nicht wie viele Kurven ich nehmen musste. Es lag auch viel Staub in der Luft. Ich bin mein eigenes Tempo gefahren, um nichts zu riskieren. Ich wollte das Ziel erreichen.“

Trotz der Gesamtführung sieht es Faria nüchtern: „Ich bin hier, um Cyril dabei zu helfen, dass er seinen fünften Dakar-Sieg feiert. Das werde ich auch tun.“ Lopez und Jakes komplettieren eine Vierfachführung für KTM. Husqvarna-Fahrer Alessandro Botturi hält als Fünfter die Speedbrain-Fahne hoch. Pain liegt auf Rang sechs. Heute konnte sich auch Helder Rodrigues mit Rang fünf in Szene setzen. In der Gesamtwertung ist der Portugiese der beste Honda-Vertreter auf Rang sieben.

„Es war heute ein schwieriger Tag, obwohl wir nicht viel navigieren mussten“, kommentiert Rodrigues. „Es war lange und war hart zu den Reifen und zu den Fahrern. Ich habe nicht zu viel riskiert und gute Arbeit geleistet. Es war sehr gefährlich, weshalb ich zufrieden bin.“ Dennoch ist Rodrigues bisher deutlich hinter den Erwartungen geblieben. Er macht sich aber noch Hoffnungen: „Die Dakar ist immer noch lang, alles kann passieren. Ich werde bis zum Ende attackieren und versuchen das Podium zu erreichen.“

Dafür setzte sich Barreda Bort mit Rang zwei in Szene, doch im Gesamtklassement liegt er mit über drei Stunden Rückstand weit zurück. „Ich wusste, dass ich heute etwas probieren musste, und mir war klar, dass es schwierig wird. Es war nicht einfach so lange konzentriert zu bleiben. Ich schaffte es aber“, sagt der Youngster erschöpft im Ziel. „Ich fuhr eine Minute später los, weil mein Motorrad nicht ansprang. Dann pushte ich und verlor eine weitere Minute. Anschließend fuhr ich ohne Fehler ins Ziel.“
Am Dienstag zieht der Dakar-Tross von Cordoba Richtung La Rioja weiter. Die Wertungsstrecke beträgt 357 Kilometer.

Ergebnis der 9. Etappe (Top 10):

01. Cyril Despres (KTM) – 5:41:36 Stunden
02. Joan Barreda Bort (Husqvarna) +4:03 Minuten
03. Alessandro Botturi (Husqvarna) +5:14
04. Ruben Faria (KTM) +7:47
05. Helder Rodrigues (Honda) +8:47
06. Ivan Jakes (KTM) +9:37
07. Paulo Goncalves (Husqvarna) +11:14
08. Juan Pedrero Garcia (Honda) +12:14
09. Gerard Farres Guell (Honda) +14:12
10. Francisco Lopez (KTM) +16:06

Gesamtwertung nach 9 von 14 Etappen (Top 10):

01. Ruben Faria (KTM) – 25:57:12 Stunden
02. Cyril Despres (KTM) +5:23 Minuten
03. Francisco Lopez (KTM) +9:03
04. Ivan Jakes (KTM) +16:56
05. Alessandro Botturi (Husqvarna) +22:58
06. Olivier Pain (Yamaha) +28:46
07. Helder Rodrigues (Honda) +31:23
08. Stefan Svitko (KTM) +32:50
09. Jakub Przygonski (KTM) +33:13
10. Jeremias Israel Esquerre (Honda) +38:30

Text von Gerald Dirnbeck

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