„Es war wahrscheinlich mein schlechtestes Ergebnis in der MotoGP. Das Motorrad fühlte sich im Trockenen und im Nassen gut an, aber ich hatte kein Selbstvertrauen“, gab Yamaha-Werkspilot Jorge Lorenzo nach dem schwachen Rennen bei der diesjährigen Dutch TT in Assen zu Protokoll. Der Ex-Champion haderte bei den schwierigen Bedingungen und kam mit mehr als einer Minute Rückstand nur als 13. ins Ziel. Die Erinnerungen an den schweren Trainingssturz im Vorjahr raubten Lorenzo im Rennen das Vertrauen.
„Ich hatte Angst, dass ich auf diesem Kurs wieder stürze. Als ich Regentropfen auf meinem Visier sah, wollte ich das Risiko nicht eingehen. Das war heute zu 100 Prozent meine Schuld. Ich muss mich bei meinem Team und bei meinen Fans entschuldigen. Ich war nicht mutig und war nicht schnell“, erklärt Lorenzo geknickt. „Ich schätze, dass es auf einer anderen Strecke anders gewesen wäre. Als es hier tröpfelte und sich das Motorrad bewegte, hatte ich sofort die Bilder vom Vorjahr im Kopf. Dadurch war ich nicht so konzentriert.“
Lorenzo war für seine Gegner ein einfaches Opfer. Markenkollege Bradley Smith fuhr zu Beginn hinter dem Spanier, war nach dem Motorrad-Wechsel aber deutlich konkurrenzfähiger. „Ich ging nach dem Wechsel auf Slicks bereits nach zwei Kurven an Lorenzo vorbei“, berichtet der Brite, der verstehen kann, was in Lorenzos Kopf vor sich ging: „Man muss solche Dinge aus dem Kopf bekommen. Doch das sagt sich immer einfacher“, bemerkt Smith.
Rossi schreibt Lorenzo nicht ab
„Es waren schwierige Bedingungen, vor allem mit Slicks. Es war sehr gefährlich“, betont Valentino Rossi, der sich im Rennen bis auf Position fünf vorkämpfen konnte. „Man musste mit den Slicks verstehen, wo das Limit ist. Nach einigen Runden setzte erneut Regen ein. Man biegt mit hohen Geschwindigkeiten in die Kurven ein. Das ist ziemlich gefährlich bei diesen Bedingungen. Ich kann Jorge gut verstehen.“
„Er stürzte im Vorjahr und wollte nicht wieder stürzen. Das war sicher ein schwieriges Rennen für ihn“, erklärt Teamkollege Rossi, der nicht davon ausgeht, dass Lorenzo bei den kommenden Rennen hinterherfährt: „Im Training und im Warmup war er ziemlich flott. Ich denke, dass er am Sachsenring wieder konkurrenzfähig sein wird“, ist Rossi überzeugt.
Ducati-Werkspilot Cal Crutchlow kann momentan gut nachvollziehen, wie es ist, wenn man kein Vertrauen zum Motorrad hat und deshalb nicht alles gibt: „In der Vergangenheit hatte ich nie Angst. Doch in dieser Saison habe ich Angst, das Motorrad zu fahren“, schildert der ehemalige Tech-3-Yamaha-Pilot, der mit der Ducati Desmosedici überhaupt nicht zurechtkommt: „Das Motorrad macht nicht das, was ich möchte. Ich weiß nicht, wie es sich in den Kurven verhält.“
Ohne Vertrauen keine guten Ergebnisse
„Es ist kein Witz: Ich überholte Lorenzo auf der Gegengeraden. Drei Kurven später kam ich exakt auf die weiße Linie, auf der er im Vorjahr per Highsider abstieg. Ich wurde aus dem Sitz geschleudert. Ich denke, dass er danach etwas zurücksteckte“, berichtet Crutchlow, der die Dutch TT in Assen auf Platz neun beendete. Der Brite würde nicht überbewerten, was Lorenzo in Assen passierte.
„So etwas kommt im Rennsport vor. Lorenzo gehört zu den Fahrern, die auf ihr Vertrauen hören. Wenn er kein Vertrauen hat, kann er keine guten Ergebnisse einfahren. Gegen Rennende war er schnell, als die Strecke abtrocknete und gute Rundenzeiten erlaubte. Man kann ihm da keinen Vorwurf machen“, stellt der Ducati-Werkspilot klar.
Text von David Emmett & Sebastian Fränzschky
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