Beim Heimspiel in Misano gelang es Yamaha-Werkspilot Valentino Rossi, die Siegesserie von Honda zu beenden und den ersten Yamaha-Sieg in der laufenden Saison zu holen.
Es war gleichzeitig Rossis 81. Sieg in der Königsklasse und sein 107. klassenübergreifender Grand-Prix-Sieg. Im Alter von 35 Jahren hat es der „Doktor“ seinen wesentlich jüngeren Gegnern noch einmal gezeigt.
„Ich möchte Valentino gratulieren. Es ist unglaublich, was er geschafft hat“, bemerkt Weltmeister Marc Marquez, der sich bei der Verfolgung einen Fahrfehler leistete und dadurch viele Positionen verlor. In der Anfangsphase wollte Marquez Rossi nicht entwischen lassen: „Ich war hinter ihm und hatte viel Spaß, als ich mit ihm kämpfte. Es ist toll, dass es einen Fahrer gibt, der mit 35 Jahren noch pusht und Rennen gewinnt.“
Ex-Markenkollege Cal Crutchlow ist nicht überrascht, dass Rossi noch einmal aus eigener Kraft einen Grand Prix gewinnen konnte. Bereits im vergangenen Jahr war Crutchlow bewusst, dass Rossi noch Raum für Verbesserungen hat: „Er hatte zwei schwierige Jahre, wie wir alle wissen. Im vergangenen Jahr war er stark, aber nicht stark genug, um jedes Wochenende Rennen zu gewinnen. Ich lieferte mir tolle Zweikämpfe mit ihm. Mir war bewusst, dass er noch etwas mehr Potenzial hat. Ich wusste, dass er noch stärker sein kann“, berichtet der Ducati-Werkspilot und fügt hinzu: „Das hat sich in der laufenden Saison bestätigt.“
Bradl: „Rossi ist ein fairer und netter Sportsmann“
LCR-Honda-Pilot Stefan Bradl war von den Geschehnissen in Misano überwältigt: „Das ist am Sonntag an keinem vorbeigegangen. Das war Wahnsinn, was da los war. Ich war immer ein Fan von ihm, er war immer mein Idol. Dass ich dann einmal gegen ihn fahre, hätte ich nie erwartet. Sonntag hat es glaube ich keinen gegeben, der es ihm nicht gegönnt hat“, hält der Deutsche bei ‚ServusTV‘ fest.
Doch wie lange kann Rossi noch auf diesem Niveau fahren? „Die Frage stellt sich jeder. Aber er hat jetzt wieder um zwei Jahre verlängert, also müssen wir uns das noch zwei Jahre antun (lächelt; Anm. d. Red.)“, scherzt Bradl. „Nein, es macht wirklich Spaß, gegen ihn zu fahren. Er ist ein harter Fighter und es macht Spaß mit ihm, neben der Strecke hat man ja eine Riesengaudi. Aber auf der Strecke ist er ein fairer und netter Sportsmann.“
Leitner von Rossi beeindruckt
Mike Leitner, Dani Pedrosas Crewchief, beobachtet Rossis Entwicklung seit vielen Jahren. Dass sich der neunmalige Weltmeister noch einmal motivieren konnte, um sich mit den jüngeren Piloten auf Augenhöhe zu messen, fasziniert Leitner: „Ich muss wirklich sagen, es ist beeindruckend“, betont der HRC-Crewchief. „Er hat in seiner Karriere ja eigentlich schon einen Durchhänger gehabt. Vor zwei, drei Jahren hat man schon geglaubt: ‚Okay, jetzt ist es mit Rossi vorbei.'“
„Da war er bei Ducati, das vergangene Yamaha-Jahr ist auch nicht so rund gelaufen am Anfang. In diesem Winter hat er noch einmal einen unglaublichen Sprung gemacht. Man sieht ja am Punktestand, dass er voll dabei ist. Jetzt hat er einen Grand Prix gewonnen – das finde ich gut“, berichtet Leitner. Moto2-Pilot Jonas Folger beobachtet Rossi ebenfalls. „Es ist jetzt schon wieder ein Jahr her, seitdem Rossi gewonnen hat. Damals war es in Assen, jetzt in Italien. Die Fans live mitzuerleben war auf alle Fälle ein spezielles Erlebnis“, bemerkt der Kalex-Pilot.
Smith: „Rossi hat Stil ans Motorrad angepasst“
Tech-3-Pilot Bradley Smith kann als Markenkollege gut einschätzen, was Rossi über den Winter alles verändert hat: „Es ist nicht mehr so einfach für ihn, wie es in der Vergangenheit war. Bemerkenswert ist, wie sehr er seinen Stil verändert hat. Das wird deutlich, wenn man sich die Daten anschaut und die TV-Bilder beobachtet. Er hat damit aufgehört, das Motorrad an seinen Stil anzupassen. Stattdessen hat er seinen Stil an das Motorrad angepasst.“
„Ich denke, dass das Dirt-Track-Fahren auf seiner Ranch hilft, weil er von den jüngeren Fahrern lernt. Er fährt jeden Samstag gegen zehn oder 15 talentierte und konkurrenzfähige Fahrer. Von diesen Fahrern schaut er sich einige Dinge ab. Es ist beeindruckend, zu sehen, wie jemand in diesem Alter so viel Zeit und Anstrengungen investiert. Es hat ihn inspiriert, als er drei Jahre lang nicht so erfolgreich war, wie er wollte“, analysiert Smith. „Normalerweise bedeutet das entweder das Ende der Karriere oder führt zu neuer Motivation. Bei Valentino führte es zu neuer Motivation.“
Doch was hat Rossi genau an seinem Fahrstil umgestellt? „Er fährt viel runder und bewegt sich sanfter auf dem Motorrad“, erklärt Smith. „Beim Übergang von einer Beschleunigungszone zu einer Bremszone kriecht er auf dem Motorrad, anstatt sich ruckartig zu bewegen. Er bewegt sich so sanft, wie es nur möglich ist. Und das funktioniert.“ Durch den Sieg beim Heimrennen in Misano ist Rossi in der Fahrerwertung bis auf einen Punkt an Pedrosa herangekommen und somit gute Chancen, Vizeweltmeister zu werden. Auf Teamkollege Jorge Lorenzo hat Rossi bereits 37 Punkte Vorsprung.
Text von Sebastian Fränzschky & Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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