Gestern Abend lag ich mit einer Flasche Aldi-Radler im Arm auf der Terrasse, als plötzlich ein ganz raffinierte Idee in mir aufkeimte. „Hör mal“ sagte ich zu meiner Frau, „was hältst du davon, wenn ich morgen zeitig aufstehe, ein wenig Motorrad fahre und um 9 mit Brötchen wieder da bin?“
„Mach doch.“
Heute morgen wache ich auf und werfe einen prüfenden Blick auf den Wecker. 05:26 prangt es mir in grünlich schimmernden Ziffern entgegen. Der zweite Blick geht aus dem Fenster. Es ist hell, aber die Sonne ist noch nicht zu sehen. Prima.
10 Minuten später bin ich rasiert, habe eine Tasse Café Lungo intus und hülle mich in Rückenprotektor, Gericke-Strampler, Daytonen und Helden. Weitere 5 Minuten später habe ich eine leichte West zu mir genommen und rolle den Boliden aus der Garage des Grauens. Da meine vier Frauen noch im Koma liegen, verbietet es sich von selbst, das Krad in der Garage zu starten. Dazu kommt noch, dass mein Motorrad laut ist. Ehrlich gesagt, dreckslaut. Also eigentlich richtig schweine-asozial-laut.
Ich rolle zur Haupstraße hinunter. Kurz vor Ende der Anliegerstraße, genau zwischen den beiden Häusern, in denen die Kameraden wohnen, die mir in den vergangenen Wochen extrem mit ihren WM-Tröten und mitternächtlichem „Deutschland, Deutschland“-Gegröhle auf die Nüsse gegangen sind, lächele ich friedlich in meinen Helm und drücke den Knopf. Ach. Schade, war der falsche. Habe ich doch glatt die Hupe erwischt. Egal – noch einen Versuch und siehe da, die beiden Kaffeepott-großen Kolben erwachen zum Leben und hämmern ihre Vorfreude auf eine paar gediegene Kilometer aus den Termignonis. Leben ist schön.
Was nun folgt, ist ein Gedicht. Innerhalb kürzester Zeit verblase ich eine komplette Tankfüllung auf den nahezu leeren Straßen. Die frisch restaurierte Kupplung beisst wieder wie ein Dobermann und gibt artig die Urgewalt des Testastretta an den Pilot Power weiter.
Wie ich schon erwähnte, übrigens der beste Straßenreifen, den ich je gefahren habe. Das Gummi klebt auf dem morgendlichen Asphalt, dass es eine wahre Freude ist. Trotzdem gönne ich dem vorderen zur Sicherheit zwischendurch mal eine kleine Verschnaufpause. Herrlich, wie die Duc dank der sauber funktionierenden Kupplung aus jedem Kreisverkehr heraus höflich das Rad zum Gruß erhebt.
Nach der ersten Stunde nehme ich erst einmal ein leichte Zigarette zu mir. Weiter geht’s.
Mittlerweile bin ich richtig gut drauf und lasse den roten Rappen galoppieren. Ich wiederhole mich nur ungern, aber dieses Motorrad ist einfach der Hit. Vorausgesetzt, man eiert nicht durch die Stadt damit, schwult nicht im Kolonnenverkehr herum und pfeift auf die unter orthopädischen Gesichtspunkten grauenerregende Sitzposition. Ein paar Talsperren später lege ich meine letzte Pause ein.
Um Punkt 8 Uhr dreht sich zeitgleich der Türschlüssel der Bäckerei mit dem Zündschlüssel der Duc, als ich den Motor abstelle. Perfekt. Kurz nach acht dann gepflegt auf der Terasse gefrühstückt. Was soll heute noch schief gehen?
Alles in allem also eine feine Sache, so ein Bikerfrühstück. Gut, wenn man alles zusammenrechnet, haben die sieben Brötchen ungefähr 30 Euro gekostet, aber was will man machen. Immer noch ein Schnäppchen im Vergleich zur Kupplungsfeder…
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