(Motorsport-Total.com) – Es ist ein Muster, das sich durch die ganze Saison zieht: Jorge Lorenzo kann auf der Ducati zwar mittlerweile um Siege fahren, aber nur so lange das Rennen nicht länger als zehn Runden dauert.
In der zweiten Rennhälfte fällt der fünfmalige Weltmeister regelmäßig zurück. In Le Mans taut er auf und spricht ein ergonomisches Problem an, das dafür verantwortlich ist: Weil Ducati bei der Desmosedici GP18 den Tank verkürzt und nach vorne verlegt hat, hat Lorenzo große Probleme, überhaupt über die Distanz zu kommen.
Das Problem sitzt unmittelbar vor ihm: Der nach vorne verlagerte Tank gibt Lorenzo beim Bremsen nicht mehr genug Auflagefläche. So muss er die ganze Kraft mit den Armen abfangen. „Ich habe einfach nicht genug Unterstützung durch den Tank“, erläutert der 31-Jährige sein Problem. „Auf Strecken wie Austin oder hier, auf denen man hart bremsen muss, ist es am schlimmsten. Wir haben noch keine Lösung für diese Maschine. Vergangenes Jahr war es anders, da hatte ich wesentlich weniger Probleme.“
Das erklärt, warum Lorenzo immer wieder über die Distanz einbricht. „Es ist schon besser als vor zwei oder drei Rennen“, versichert der Mallorquiner. Aber das Motorrad lässt sich nicht mal eben so umbauen, da ein solcher Eingriff die Gewichtsverteilung über den Haufen werfen würde. „Ich habe einen recht speziellen Fahrstil und brauche mehr Support für meine Beine, um die Arme nicht überzubelasten.“
Fitter denn je
An ihm persönlich liegt es auf keinen Fall, wie er versichert: „Ich trainiere härter denn je und bin physisch stärker als je zuvor – wesentlich stärker als noch vor zwei, drei Jahren. Meine Muskeln sind stärker denn je und ich betreibe viel Stretching. Aber das ist ein echtes Problem. Wenn wir das abstellen können, dann wird es eine ganz andere Geschichte werden.“
Ironie bei der ganzen Sache: Lorenzo gilt als äußerst schwierig auszubremsen, obwohl genau dort seine Probleme liegen. Das hatten zuletzt Andrea Dovizioso in Jerez und Johann Zarco in Le Mans zu spüren bekommen. „Wir sind gut auf der Bremse“ bestätigt der Ducati-Pilot. „Ich bremse sehr aggressiv und steige anfangs hart in die Eisen. Außerdem haben wir eine gute Beschleunigung; ich bin sehr gut, wenn es darum geht, das Motorrad aufzurichten. Aber jede Runde wird es schwieriger, den Kurvenspeed zu halten. Deshalb werden sie mir über das Rennen auf der Bremse immer gefährlicher.“
„Jeder kennt meinen Marktwert“
Das Problem kommt zu einem ungünstigen Moment, denn Lorenzos Vertrag mit Ducati läuft Ende des Jahres aus. Bislang ist er bei den Roten noch sieglos – die längste Durststrecke seit seinem Debütjahr in der Motorrad-Weltmeisterschaft, 2002. 2017 war auch die erste sieglose Saison seitdem. Trotzdem ist er nicht beunruhigt: „Jeder im Fahrerlager kennt den Wert von Jorge Lorenzo. Und jeder weiß, was ich zu leisten im Stande bin, wenn ich mich auf der Maschine wohl fühle. Das habe ich in den vergangenen neun Jahren gezeigt. Und wir sind ja nicht weit weg: Acht Führungsrunden in Jerez, neun hier.“
Er ist überzeugt, auch auf der Ducati gewinnen zu können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen: „Wenn wir dieses Problem mit der Ergonomie lösen, kann ich meine Energie bis zum Rennende abrufen und mehr nachdenken. Wenn wir uns da verbessern, wird es schwieriger werden, mich wieder einzufangen. Und wenn jemand vorbeigehen sollte, dann könnte ich direkt zurückschlagen. Und ich bin überzeugt, dass wenn Ducati mir gibt, was ich in Sachen Kurvenspeed und Einlenkverhalten brauche, ich auch mehr Runden führen kann.“
Er kündigt an, dass Ducati mehrere Lösungen bei den Trainings in Barcelona testen wird. In Mugello wird sich Jorge Lorenzo also noch einmal durchbeißen müssen. Trotzdem gibt er einen Podiumsplatz als Ziel aus.
Text von Heiko Stritzke & William Zinck
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