(Motorsport-Total.com) – Nach seiner langen Verletzungspause war Honda-Pilot Jorge Lorenzo sehr verhalten in das GP-Wochenende von Silverstone gestartet.
In fast jeden Training wurde der Spanier mit großem Abstand zur Spitze Letzter. Die Erwartungen für das Rennen waren entsprechend gedämpft. Ob er die volle Renndistanz von 20 Runden überstehen würde, blieb fraglich.
Doch am Ende holte Lorenzo als Vierzehnter sogar zwei WM-Punkte und überraschte sich damit selbst: „Ich hatte erwartet, womöglich Letzter zu werden. Aber ich fuhr das ganze Rennen über vor (Karel) Abraham, selbst vor (Hafizh) Syahrin, der bisher viel schneller war als ich.“ Dem Tech-3-KTM-Piloten musste sich Lorenzo am Ende aber dann doch geschlagen geben.
Dafür ließ er neben Abraham auch Tito Rabat (Avinita-Ducati) und Takaaki Nakagami (LCR-Honda) hinter sich, die im Verlauf des Rennen allerdings gestürzt waren, jedoch weiterfahren konnten. Wie erlebte Lorenzo sein Comeback nach zwei Monaten Zwangspause?
Lorenzo erleichtert: Zum Glück kein Startcrash
„Offensichtlich habe ich das Motorrad aufgrund meiner körperlicher Verfassung nie wirklich ans Limit gebracht, an das ich es normalerweise bringen kann. Das macht es schwer, viele Dinge zu verstehen. Ich versuchte, mein Bestes zu geben und die erste Runde ohne Komplikationen zu überstehen. Wir haben den schweren Sturz in Kurve eins gesehen.“
Dort war Fabio Quartararo (Petronas-Yamaha) gestürzt und hatte Andrea Dovizioso (Ducati) mitgerissen, der nicht mehr ausweichen konnte. Beide kamen mit einer Gehirnerschütterung davon. „Es war gut, in meinem Zustand nicht involviert zu werden“, sagt Lorenzo erleichtert.
Sein Rennen entwickelte sich daraufhin positiv: „Ich kam Schritt für Schritt in meinen Rhythmus. Die ersten zwei oder drei Runden hatte ich bei vollem Tank ein wenig damit zu kämpfen, das Motorrad abzubremsen, aber mit der Zeit begann ich, härter zu bremsen als während des ganzen Wochenendes, sodass auch die Rundenzeiten besser wurden.“
Zeitrückstand zur Spitze im Rennen reduziert
„Es war sehr schön, den Unterschied zum Schnellsten von vier Sekunden auf weniger als drei, in einigen Runden sogar auf 2,5 Sekunden zu reduzieren“, berichtet er. „Am Ende versuchte ich, mit dem Gas ganz sanft umzugehen, um den Reifen zu schonen, denn ich wusste, dass ich medium-medium fahre und die Konkurrenz mit hard-hard unterwegs war.“
In den Schlussrunden musste er diesem Umstand dann doch Tribut zollen: „Der Hinterreifen baute stark ab, sodass Syahrin, der mir das ganze Rennen über gefolgt ist, mich überholen und meine Position einnehmen konnte. Außerdem begann mein Rücken zu schmerzen, also musste ich das Tempo etwas reduzieren.“
Generell seien die Schmerzen am Sonntag noch einmal deutlich schlimmer geworden als die Tage zuvor, gesteht Lorenzo. „Ich bin schließlich auch 20 Runden am Stück gefahren, war schneller als am Wochenende, habe ziemlich viel gepusht und 45 Minuten in derselben Position verbracht. Das hilft der Verletzung natürlich nicht.“
Crutchlow hatte eigentlich mehr erwartet, aber…
Doch der Honda-Pilot hofft und glaubt, dass sich sein Zustand binnen weniger Tage wieder bessert, sodass er bereits zum Misano-Test (29.-30. August) wieder fitter ist. Die darauffolgenden Wochen bis zum Großen Preis von San Marino (15. September) will er nutzen, um weiter zu trainieren.
Wie bewertet Markenkollege Cal Crutchlow Lorenzos Rückkehr in Silverstone? „Wir nahmen alle an, dass er stark zurückkommen würde, da er schon wieder mit dem Training begonnen hatte“, gibt er zu. „Aber wenn man sich auf dem Motorrad nicht wohl fühlt, ist es schwierig zu pushen. Er hat das Rennen beendet und Punkte geholt. Ich bin mir sicher, das war sein Ziel.“
Darauf angesprochen, ob Lorenzo auch darüber nachgedacht habe, sein Comeback noch etwas länger hinauszögern, erklärt der Spanier: „Ich wollte trainieren und Kilometer sammeln, denn das brauche ich, nachdem ich zwei Monate lang pausieren musste.“
Misano-GP: Lorenzo will weiter hart trainieren
„Die Möglichkeit, das Rennen nicht zu beenden, war da. Wenn ich mehr Schmerzen gehabt hätte, hätte ich aufgehört, weil es keinen Sinn macht, sehr langsam zu sein oder die Verletzung noch zu verschlimmern. Aber der Schmerz war erträglich und ich beschloss weiterzumachen. Ich war sehr konzentriert und versuchte, das Motorrad ein wenig mehr zu verstehen.“
Mit dem Ergebnis ist Lorenzo zufrieden: „Dieses Wochenende war gut. Natürlich wäre ich unter fitteren Bedingungen und ohne die Angst, wieder zu stürzen, in den Kurven viel selbstbewusster und aggressiver und die Rundenzeiten würden sich verbessern.“ Aber ab jetzt kann es nur bergauf gehen, ist sich der Spanier sicher.
„Diese drei Tage waren für mich eine Art Überlebenstraining. Ähnlich wie beim Rennen in Laguna Seca im Jahr 2013 mit dem kurz zuvor operierten Schlüsselbein“, erinnert er sich. „Jetzt denke ich, dass die Gefahr für die Verletzung weiter abnimmt und ich beim Misano-GP wieder okay sein werde.“
Ergebnisse MotoGP, Silverstone 2019
Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: Lewis Duncan
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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