(Motorsport-Total.com) – Die Rundentabelle des Aragon-Grand-Prix der MotoGP-Saison 2021 zeigt, dass Ducati-Pilot Francesco Bagnaia von der Pole einen Start/Ziel-Sieg eingefahren hat.
Das freilich wird dem packenden Rennverlauf bei weitem nicht gerecht. Denn in den letzten vier Runden verlor Bagnaia sage und schreibe sieben Mal die Führung an Honda-Pilot Marc Marquez, holte sie sich aber jeweils sofort wieder zurück.
So wird Bagnaia zwar mit 23 von 23 möglichen Führungsrunden gelistet. Tatsächlich aber gab es in der Schlussphase 14 Führungswechsel, nur eben nicht bei Start/Ziel. Fakt ist: Für seinen ersten Sieg in der Königsklasse MotoGP musste „Pecco“ Bagnaia weit härter kämpfen als es anhand der Rundentabelle an Anschein haben mag.
„Ich bin einfach nur happy und habe wohl zehn Kilogramm Gewicht verloren“, strahlt Bagnaia und spricht von einem „großartigen Tag für mich, für mein Team und für Ducati“. Allein seit er im Winter aus dem Pramac-Team ins Werksteam aufgestiegen ist, stand der 24-jährige Italiener wiederholt vor seinem ersten MotoGP-Sieg. Aber irgendetwas kam immer dazwischen. Am Aragon-Sonntag kam ihm sieben Mal Marc Marquez dazwischen, aber letzten Endes behielt Bagnaia die Oberhand.
„Marc ist auf dieser Strecke immer sehr stark und sie passt auch gut zu seinem Motorrad“, sagt der siegreiche Ducati-Pilot über seinen Gegner in Honda-Diensten und weiter: „Es war mir klar, dass er es erst in der Schlussphase probieren würde, denn vorher wäre es sinnlos gewesen.“
Bagnaia bezwingt Marquez ausgerechnet in Aragon
Ganz besonders freut es Bagnaia, dass er Marquez ausgerechnet auf einer von dessen Paradestrecken (fünf Siege innerhalb von sieben Jahren) bezwungen hat. „Das Duell war wirklich hart. Wann immer er mich überholt hat, habe ich einfach versucht, sofort wieder zu kontern, sodass er keine ganze Kurve vorne liegt. Zum Glück für mich hat er es immer an Stellen probiert, wo ich gute Traktion hatte“, so Bagnaia.
Den ersten seiner sieben Angriffe startete Marquez in Kurve 5. Dort ging er im Verlauf der letzten vier Runden mehr als einmal vorbei, aber Bagnaia konterte mit der Traktion seiner Ducati jeweils am Kurvenausgang. Gleiches gilt für Marquez‘ Angriffe in Kurve 1 und auch in Kurve 15 eingangs der Gegengerade.
Den letzten Angriff ritt Marquez in der letzten Runde in Kurve 12, verbremste sich dabei aber und kam von der Linie ab. „Von da an musste ich nur noch die letzten vier Kurven irgendwie hinbekommen“, sagt Bagnaia, dem genau das mit einem Vorsprung von knapp 0,7 Sekunden gelungen ist.
Marquez fühlte sich an Duelle mit Dovizioso erinnert
„Ich habe alles probiert und ich glaube, die Zuschauer haben die Show genossen“, sagt Marquez und fühlte sich in der Schlussphase des Rennens an seine legendären Duelle mit Andrea Dovizioso in den Jahren 2017 bis 2019 erinnert, als dieser noch Ducati-Pilot war.
„Es war ähnlich wie gegen Dovizioso. Auch damals habe ich es immer wieder probiert, wusste aber, dass er am Kurvenausgang stärker sein würde. Mit ‚Pecco‘ war es ganz ähnlich, aber er war in den Kurven noch schneller“, zieht Marquez den Vergleich zu seinen Duellen mit „Dovi“ und lobt den Premierensieger: „Er hat das richtig gut gemacht. Glückwunsch!“
Gegenüber dem spanischen TV-Sender ‚DAZN‘ gibt Marquez offen zu: „Nach zuletzt zwei Rennen, in denen ich gestürzt bin (Spielberg 2 und Silverstone; Anm. d. Red.) und zwei weiteren Stürzen an diesem Wochenende habe ich es trotzdem wieder probiert. Hätte ich es nicht probiert, hätte ich nicht ruhig schlafen können. Ich habe es an allen möglichen Stellen der Strecke probiert und dabei auch das Risiko eines Sturzes in Kauf genommen.“
Letzten Endes ist Marquez sitzengeblieben, aber als er in Kurve 12 der letzten Runde bei seinem letzten Angriff auf Bagnaia die Linie verpasste, war die Schlacht geschlagen. „Als ich es dort probiert habe, kam ich ein bisschen auf die schmutzige Linie. Ich versuchte noch, es wie auf einem Dirt-Track zu machen, aber ich konnte das Bike nicht mehr rechtzeitig verzögern. In diesem Moment sagte ich mir: ‚Lass gut sein, Marc. Fahr‘ das Rennen zu Ende.'“
„Es war mir schon klar, dass es dort in Kurve 12 eng werden würde, weil es an dieser Stelle so einfach ist, einen Fehler zu machen“, so Marquez, um sich selber an die Nase zu fassen: „Und den habe ich gemacht, indem ich zu spät gebremst habe.“
Marquez freut sich auf Rennwiederholung mit Pizza
Auffällig war, dass Marquez all seine Attacken auf Bagnaia in Linkskurven ritt. „Ich habe es zunächst in Kurve 1 und in Kurve 5 probiert. Eigentlich wollte ich es auch in Kurve 7 probieren, aber das ist eine Rechtskurve. Wenn man sich meine Rennen anschaut, stellt man fest, dass ich nie in Rechtskurven attackiere. Dazu bin ich derzeit einfach nicht in der Lage. Deshalb probiere ich es immer in Linkskurven“, erklärt der Honda-Pilot.
Denn in Bezug auf seinen nach wie vor nicht hundertprozentig genesene rechte Schulter gibt Marquez zu: „Ich habe heute beim Fahren mehr gelitten als dass ich es genossen hätte. Es wird aber trotzdem Spaß machen, wenn ich mir das Rennen heute Abend bei einer Pizza nochmals anschauen werde.“
Kurios: Bagnaias erster MotoGP-Sieg kam im 42. Anlauf zustande. Die 42 ist jene Nummer, mit der er einst in der Saison 2018 den WM-Titel in der Moto2-Klasse errungen hat. In der MotoGP-Klasse fährt Bagnaia mit der Startnummer 63. Und die trug er am Sonntag unter dem immensen Druck der Startnummer 93 von Marquez zum Sieg.
Text von Mario Fritzsche, Co-Autor: German Garcia Casanova
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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