(Motorsport-Total.com) – Das VR46-Team hat das erste Saisonviertel der MotoGP-Saison 2023 maßgeblich mitbestimmt.
Mit zwei Siegen ist Marco Bezzecchi im WM-Kampf dabei. Auch sein Teamkollege Luca Marini schaffte seinen ersten Podestplatz. Nach fünf Rennwochenenden führt VR46 die Teamwertung an.
Der Rennstall, der sich in seiner zweiten MotoGP-Saison befindet, wird von Alessio Salucci geleitet. Für mehr als 20 Jahre war „Uccio“ als bester Freund und treuer Wegbegleiter von Valentino Rossi im Paddock bekannt.
Ende des vergangenen Jahrtausends war es nicht wie heute üblich, dass ein Fahrer einen Assistenten an seiner Seite hat. „Uccio“ wurde einfach als bester Freund Rossis gesehen, die gemeinsam zu den Strecken reisen und Spaß haben.
Aber über die Jahre hat sich der Italiener neu erfunden und ist ein Fixpunkt im Fahrerlager geworden. Dass er aber lange Zeit einfach nur auf die Rolle des guten Freundes der MotoGP-Legende reduziert worden ist, war oft eine schmerzhafte Erfahrung.
„Leider gibt es Leute, die eine schwere Krankheit haben, die man Neid nennt. Als ich jung war, habe ich gelernt damit zu leben“, sagt Salucci gegenüber ‚Motorsport.com Frankreich‘. „Vielleicht haben wir einen Kommunikationsfehler gemacht.“
„Wir haben gesagt, dass ich sein Freund war. Ja, ich war sein bester Freund, aber ich habe auch für ihn gearbeitet. Warum sollte ich der Freund sein, wenn Miller einen Assistenten hat? Ich bin das Motorhome gefahren.“
„Am Anfang habe ich mich auch um die Journalisten gekümmert. Aber sie sagten nur, dass ‚Uccio‘ nichts macht. Aber ehrlich gesagt, das kümmert mich nicht. Es hat mir ungefähr zwei Jahre lang Sorgen bereitet.“
„Wenn man 23 oder 24 ist, dann denkt man: ‚Warum müssen mich diese Leute schlachten?‘ Ich habe nie jemandem etwas getan. Glücklicherweise bin ich rasch darüber hinweggekommen. Heute lache ich darüber.“
In den weit über 20 Jahren im Haifischbecken des Fahrerlagers hat Salucci viel gelernt und eine Menge an Erfahrungen gesammelt. „Es ist seltsam, aber ich bin sehr ruhig geworden“, reflektiert er. „Ich bin jetzt bereit für alles!“
„Viele Leute machen mir jetzt Komplimente. Das freut mich. Vergessen wir die Hater, sie bringen mich zum Lachen. Wir [bei VR46] nehmen die Arbeit sehr ernst. Wir haben 45 Mitarbeiter. 20 davon haben Familien, die wir unterstützen.“
Familiäre Atmosphäre im VR46-Team
Im Fahrerlager wird Salucci weiterhin von allen „Uccio“ genannt. Über viele Jahre hat er sich um die VR46-Akademie gekümmert. Diese Aufgabe hat er in diesem Jahr abgegeben und widmet sich nun ausschließlich dem Management des VR46-MotoGP-Teams.
Da Rossi selten zu den Rennwochenenden kommt, ist Salucci vor Ort der Chef. „Dank ‚Vale‘ war ich 20 Jahre lang in Werksteams. Ich habe gesehen, was notwendig ist und versuche das in unserem Team einzubringen.“
Dazu ist auch eine familiäre Atmosphäre notwendig. Hinter der VR46-Box wurde zum Beispiel eine andere Struktur aufgebaut. Statt dem traditionellen Techniktruck gibt es Entspannungsbereiche für die Mitarbeiter. Dort werden auch technische Besprechungen abgehalten.
„Wenn der Chefmechaniker entscheidet, dass es zehn Minuten Pause gibt, dann können sie dort relaxen. Sie haben ihre Sessel, Aschenbecher, einen Kühlschrank mit Wasser. Es ist alles für sie da und man kann sich vorstellen, wie glücklich sie sind“, lacht Salucci.
In diesem Bereich ist alles für Interaktion vorbereitet. Auch die Fahrer sind integriert und haben dort ihre eigenen Büros. Alles ist so angeordnet, dass sich Mechaniker und Fahrer an einem stressigen Wochenende wohlfühlen und sich auf ihre Aufgaben vorbereiten können.
„Über die Jahre habe ich gesehen, dass wenn ein Fahrer sein Motorhome betritt, dann sollte es dort nichts geben, das mit Racing zu tun hat“, sagt Salucci. „Er sollte dort ein Foto seiner Verlobten haben. Der persönliche Bereich und der Rennbereich müssen voneinander getrennt sein.“
„Ansonsten denken sie ständig über etwas nach, was nicht gut ist. Meiner Meinung nach hat so eine Struktur eine Auswirkung auf die Qualität der Arbeit. Mit ‚Vale‘ habe ich gesehen, wie wichtig es ist, solche Ressourcen bei den Rennen zu haben – für die Mechaniker und die Fahrer.“
„Das ist wirklich essenziell. Das sind zwar große Investitionen, aber sie machen für die Arbeit einen großen Unterschied. Das ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Aus meiner Sicht sollte das normal sein.“
„Wir servieren das Essen auf einem Teller und es gibt kein Buffet. Es hat mich immer gestört, dass ein Mechaniker, der sehr hart gearbeitet hat, eine Pasta essen muss, die eine Stunde im Topf gelegen ist. Wenn er kommt, sollte er seinen eigenen Teller mit gutem Essen haben.“
„Also haben wir das gemacht. Für unsere Gäste, aber hauptsächlich für unsere Mechaniker und Mitarbeiter.“ Es sind diese Details, die VR46 von anderen Teams unterscheidet. Der Flair von Rossi ist auch überall spürbar.
Wie sich Rossi ins Team einbringt
„Ich habe pro Woche zwei Meetings mit ihm“, schildert Salucci. „Eines am Mittwoch und eines am Freitag. Ich muss alle möglichen Dinge vorbereiten und ihm alles erklären. Wenn es zur täglichen Arbeit kommt, treffe ich die Entscheidungen. Er trifft die wichtigsten Entscheidungen.“
„Das gefällt mir. Wir haben eine brüderliche Beziehung. Ich liebe es mit ihm zu sprechen und ihm zu erklären, was wir tun und was wir nicht tun. Er hilft mir, er unterstützt mich. ‚Vale‘ ist außergewöhnlich intelligent.“
„Manchmal denke ich drei Stunden über etwas nach und er findet das Problem in drei Minuten“, lacht der Italiener. „Er ist der Manager, er ist der Visionär. Er ist eine sehr intelligente Person, auch im normalen Leben.“
„Ich bin für niemanden der Chef. Wir sind hier, um zu versuchen und sicherzustellen, dass alle so gut wie möglich arbeiten können. Darum geht es meiner Ansicht nach als Teamchef. Ich bin glücklich, wenn ich in Tavullia oder an der Strecke das ganze Team mit einem Lächeln auf den Lippen sehe.“
„Unsere Ergebnisse sind sehr gut. Ich freue mich für Luca und Marco, die ich schon sehr lange kenne. Luca kenne ich, seit er noch im Bauch seiner Mutter war. Marco kenne ich, seit er 14 Jahre alt ist. Wenn ich sie glücklich sehe, dann ist alles andere unwichtig.“
Text von Lena Buffa, Übersetzung: Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter
Neueste Kommentare