(Motorsport-Total.com) – Nach den Wintertestfahrten, während der sich das Medieninteresse auf Marc Marquez und dessen Ankunft bei Gresini-Ducati konzentrierte, hat es Pedro Acosta mit seinem MotoGP-Debüt am vergangenen Wochenende beim Grand Prix von Katar in Lusail geschafft, die größte Aufmerksamkeit der Medien direkt auf sich zu ziehen.
Ein respektabler achter Platz im Sprint am Samstag wurde tags darauf beim Start des Grand Prix in den Schatten gestellt. Während Francesco Bagnaia an der Spitze seine Stärke zeigte, brannte Acosta sprichwörtlich ein Feuerwerk ab.
Von der zehnten Position nach der ersten Runde stürmte der Rookie bis auf die vierte Position in der zwölften Runde nach vorne. Dabei überholte er keinen Geringeren als Marc Marquez mit einem sehenswerten Manöver auf der Innenbahn von Kurve 1.
Vergleiche zwischen Marquez und Acosta wurden schon häufig angestellt seit letzterer vor drei Jahren sein Debüt in der Motorrad-Weltmeisterschaft gab. Aber nach Acostas Debüt in der Königsklasse, bei dem er ein ähnliches Charisma wie einst Marquez in der historischen Saison 2013 an den Tag legte, sind die Parallelen zwischen den beiden nun noch deutlicher.
„Sie sind sich sehr ähnlich. Marc kam ohne Komplexe hier an. Er wollte es mit der Welt aufnehmen. Und genau das ist es, was wir heute von Pedro gesehen haben“, sagte jemand, der einst in Marquez‘ erster MotoGP-Saison im Honda-Team eine Schlüsselrolle innehatte, am Sonntag gegenüber der spanischsprachigen Ausgabe von Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.
Für die Unerschrockenheit von Acosta gibt es wohl keinen besseren Beweis als die schnellste Rennrunde, mit der sich der 19-jährige Youngster in Diensten von Tech3-GasGas direkt in der zweiten Runde seines ersten Grand Prix in die MotoGP-Geschichtsbücher eingetragen hat.
Welche Veränderung sich Acosta an der Tech3-KTM RC16 wünscht
Die forsche Herangehensweise in seinem ersten Grand Prix als MotoGP-Pilot führte dazu, dass Acosta das Rennen letztlich nicht mit einem Paukenschlag beenden konnte. In seiner anschließenden Medienrunde erklärte er, dass er sich aufgrund seiner mangelnden Erfahrung die Reifen nicht optimal eingeteilt hatte und er so das Tempo, das er in der ersten Hälfte des Rennens vorgelegt hatte, nicht bis zum Schluss halten konnte.
Genauso wichtig – wenn nicht noch wichtiger – war allerdings die plötzliche Steifheit in seinen Unterarmen, die in den letzten sechs Runden auftrat und die ihn unweigerlich eine bis eineinhalb Sekunden pro Runde langsamer werden ließ.
Während er mit auffälligen Gesten versuchte, seine Arme zu lockern, wurde Acosta nach und nach von weitaus erfahreneren Piloten eingeholt und überholt, bevor er als Neunter mit 11,5 Sekunden Rückstand auf Rennsieger Bagnaia ins Ziel kam.
„Dass die Position des Hebels für das hintere Ride-Height-Device zu weit weg war und mich zu einer seltsamen Bewegung zwang, das spielte wahrscheinlich eine Rolle“, so Acosta. „Das Team hat die Hebelposition im Vergleich zu den Wintertestfahrten verändert. Für Portimao in zwei Wochen hoffe ich, dass sie sie mehr an meine Bedürfnisse anpassen werden“.
Acosta auf MotoGP-Bike: Vertrauen in die Bremse so groß wie lange nicht
Ungeachtet dessen fühlte sich der 19-jährige Spanier, der schon zweimaliger Motorrad-Weltmeister ist, bei seinem Debüt in der Königsklasse so wohl wie schon lange nicht mehr. „Seit meiner Moto3-Saison habe ich mich beim Überholen nicht mehr so wohl und sicher gefühlt. Ja, ich habe auch in der Moto2-Klasse überholt, aber nicht mit so viel Vertrauen in die Bremswirkung des Motorrads“, bestätigt er.
Vor elf Jahren hatte die Welt gesehen, wie Marc Marquez sein Debüt in der Königsklasse gab und dieses auf Anhieb neben Jorge Lorenzo und Valentino Rossi als Dritter auf dem Podium abschloss. Die damalige Situation ist aber mit der heutigen nicht vergleichbar. Denn man darf nicht vergessen, dass die japanischen Hersteller, die heute am Ende des Feldes kämpfen, damals die Oberhand hatten.
In jenem Katar-Rennen 2013 war die erste nicht-japanische Maschine die Ducati von Andrea Dovizioso, der mit mehr als 24 Sekunden Rückstand den siebten Platz belegte. Marquez, der damals Dritter wurde, hatte sechs Sekunden Rückstand auf Sieger Lorenzo, nachdem er sich ein enges Duell mit Rossi geliefert hatte, das ebenso spektakuläre Manöver beinhaltete, wie einige derjenigen, die Acosta am Sonntag gezeigt hat.
„Genau so lernt man. Pedros Einstellung bei seinem ersten Grand Prix als MotoGP-Pilot war frech, wie ein Champion. Bald wird er um das Podium kämpfen und uns in einigen Rennen einen Schrecken einjagen“, lobte kein Geringerer als Marc Marquez selbst den Rookie nach dessen famosem Einstand in Königsklasse.
Warum Acostas Zukunft im KTM-Werksteam liegt
Lässt man das, was man auf der Strecke sieht, für einen Moment beiseite, dann gibt es sogar noch mehr Ähnlichkeiten zwischen dem sechsmaligen MotoGP-Champion und dem Mann, der sich anschickt, mittelfristig dessen Rolle einzunehmen.
Marquez wurde dazu berufen, das Honda-Projekt zu leiten, genauso wie KTM seine Hoffnungen für die Zukunft in Acosta gesetzt hat. Der Youngster aus Spanien hat nicht zufällig die Gruppe von Ingenieuren bekommen, die im vergangenen Jahr für Pol Espargaro tätig war. Fast alle Mitglieder dieser Gruppe kommen direkt aus der KTM-Belegschaft.
Acostas Zeit im Tech3-Team von Herve Poncharal jedenfalls hat ein Ablaufdatum. Wenn KTM den sensationellen Rookie aus Spanien über die am Wochenende begonnene Saison hinaus behalten will, muss man ihn 2025 auf die RC16 setzen, die derzeit Jack Miller gehört, der für nächstes Jahr nicht unter Vertrag steht.
Das ist genau das, was die Gruppe um Stefan Pierer getan hat, um sich Acosta für 2024 zu sichern, und was zur bizarren Reise nach Jerusalem führte, bei der drei Fahrer – Pol Espargaro, Augusto Fernandez und Pedro Acosta – um nur zwei Motorräder kämpften.
Angesichts der Art von Vereinbarung, die KTM getroffen hat, muss die Bestätigung für Acostas Aufstieg ins Werksteam noch vor der Sommerpause erfolgen, denn dann soll der Großteil des Starterfeldes für die MotoGP-Saison 2025 feststehen.
Text von Oriol Puigdemont, Übersetzung: Mario Fritzsche
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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