(Motorsport-Total.com) – Die Superbike-WM 2024 stand voll im Zeichen von BMW-Pilot Toprak Razgatlioglu.
Obwohl der türkische Ausnahmekönner die Rennen in Magny-Cours (Frankreich) und Cremona (Italien) verletzungsbedingt verpasste, stellte er beim Saisonfinale in Jerez (Spanien) den ersten WSBK-Titel der BMW-Firmengeschichte sicher.
BMW-Motorrad-CEO Markus Flasch bezeichnet den Erfolg als „Meilenstein für BMW“ und bedankt sich bei Razgatlioglu: „Im Motorsport dreht sich alles um Helden. Jeder mag Helden. Toprak hat gezeigt, dass er nicht nur ein wahrer Champion und professioneller Athlet ist. Wir freuen uns besonders über seine Einstellung und die Art und Weise, mit der er die Werten der Marke BMW transportiert.“
„Er hebt den Sport auf das nächste Niveau und ist gleichzeitig sehr bescheiden“, schwärmt der Geschäftsführer der BMW-Motorradsparte. „Wie er sich nach seinem Unfall zurückgekämpft hat, war wirklich beeindruckend. Es zeigt seine mentale Stärke.“
Der Jubel bei BMW war groß, doch die Verletzung von Razgatlioglu zeigte eindrucksvoll auf, wie fragil das Projekt ist. Obwohl man hinter den Kulissen starke Anstrengungen unternahm, um das Motorrad zu verbessern und das Rennteam zu stärken, war es unterm Strich Razgatlioglu, der für BMW die großen Erfolge sicherstellte.
Wo steht BMW ohne Toprak Razgatlioglu?
Mit Blick auf die Zukunft ein warnendes Signal, denn Razgatlioglu hat bereits angedeutet, dass er 2026 gern MotoGP fahren würde oder alternativ mit einem anderen Hersteller die Geschichte der Superbike-WM umschreiben möchte.
Von BMW hört man, dass nicht nur Razgatlioglu mit der M1000RR gut zurechtkam. „Mehrere Fahrer konnten an der Spitze fahren“, erklärt BMW-Sportdirektor Marc Bongers und verweist auf den Sieg von Michael van der Mark in Frankreich.
„‚Mickey‘ hat ein wirklich schwieriges Rennen in Magny-Cours gewonnen. Scott (Redding) war in Donington nah am Podium dran und wurde Vierter. Gerloff hat in Cremona mit P4 ein sehr gutes Rennen gezeigt und fuhr in Aragon aufs Podium“, nennt Bongers die Highlights der restlichen BMW-Piloten.
Doch auch wenn jeder Fahrer individuelle Höhepunkte erlebte, so waren Van der Mark, Redding und Gerloff auf die Saison hin gesehen weit von Razgatlioglus Niveau entfernt.
Alvaro Bautista: BMW hat die Zugeständnisse genutzt
Ex-Weltmeister Alvaro Bautista sieht die Entwicklung von BMW weniger euphorisch: „Die BMW-Piloten waren ähnlich schnell wie auf anderen Strecken. Vielleicht waren sie in Magny-Cours etwas schneller. Doch unterm Strich ist die Performance von BMW gleichbleibend. Der einzige Unterschied ist, dass ihr Spitzenfahrer zwischenzeitlich fehlte.“
Dem neuen Weltmeister spricht Bautista aber nichts ab. „Er und BMW haben eine unglaubliche Saison gezeigt“, lobt der entthronte Weltmeister. „Ich rechnete damit, dass sie dazu in der Lage sind. Ich erwartete aber nicht das Level, das er schlussendlich gezeigt hat. Vor allem im mittleren Teil der Saison war er sehr stark. Es war sehr schwierig, sie zu besiegen.“
„Natürlich hatte er auch etwas Glück, dass er nach seinem Sturz in Magny-Cours zurückkehren konnte“, verweist Bautista auf die glücklichen Umstände, die in Frankreich schlimmere Folgen verhindert haben.
Bautista sieht aber auch in den Zugeständnissen, die BMW bis zur laufenden Saison erhielt, einen wichtigen Faktor beim Weg an die Spitze. „Sie haben die Super-Concessions genutzt, um ein sehr starkes Motorrad zu bauen“, bemerkt der Ex-Champion.
„Er hat sich sehr gut an das Motorrad angepasst. Die Kombination war in dieser Saison sehr stark. Deshalb gratuliere ich ihnen und hoffe, dass ich im kommenden Jahr wieder gegen sie kämpfen kann“, schaut Bautista auf die WSBK-Saison 2025, in der er die Krone wieder an sich reißen möchte.
Herstellerwechsel macht zweiten Titel laut Rea „noch spezieller“
Auch Rekord-Champion Jonathan Rea staunte nicht schlecht über die Saison, die Razgatlioglu nach dem Markenwechsel von Yamaha zu BMW gezeigt hat. „Unglaublich! Ich kann Toprak nicht mehr mit Worten beschreiben“, kommentiert Rea, der zu Kawasaki-Zeiten die Rolle des Lehrmeisters übernahm und Razgatlioglu bei einigen Tests bei seinen ersten Schritten half.
„Ich denke, ich konnte seinen Lernprozess zu Beginn beschleunigen. Jetzt ist er ein zweifacher Weltmeister. Er verdient es, er hatte ein unglaubliches Jahr. Der Herstellerwechsel macht es noch spezieller. Nicht viele Fahrer haben so etwas geschafft. Er ist ohne Zweifel der Mann des Jahres“, lobt der sechsmalige Weltmeister.
In der kommenden Saison wird Razgatlioglu als amtierender Weltmeister nur einen Markenkollegen haben. Das BMW-Projekt wird von vier auf zwei Bikes reduziert, da sich das Satelliten-Team Bonovo aufgelöst hat. Somit konzentrieren sich die Hoffnungen von BMW noch stärker auf die Werksmannschaft und speziell auf Razgatlioglu.
Text von Sebastian Fränzschky
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