© www.motogp.com - Marco Simoncelli

Das Motorrad rutscht in extremer Schräglage weg. Harter Hinterreifen für das Race gewählt. Der Bock noch nicht wirklich auf Temperatur? Das Motorrad fängt sich wieder, Grip am Hinterrad und die Fuhre sticht hart in die Linie zurück. Dort ist er nicht alleine, völlig klar. Zwei Fahrer können nicht ausweichen – natürlich können sie nicht ausweichen, es ist die 2. Runde in einem MotoGP-Rennen – Crash. Hinter ihm fahren die großen Routiniers der Szene, Colin Edwards trifft ihn voll. Valentino Rossi knallt noch hinten rein. Wer ihn wirklich überfahren hat ist defakto völlig egal. Die Rennleitung wird das Video-Material ein paar tausend Mal sichten und letztlich ihr Ergebnis – fern von allen Spekulationen – bekannt geben. Auf jeden Fall, trifft keinen der Beiden auch nur die geringste Schuld.

Eine der grössten Hoffnungen der Szene, einer der gerade erst seinen Einstand so richtig hinter sich gebracht hat ist hier gestürzt. Einer der uns zum Lachen gebracht hat, der mit seinem Temperament, seinem Fahrstil und natürlich mit seinem unglaublichem Talent alles hätte erreichen können – alles – auch diesen Crash.
Der Verschluss reisst und der Sturzhelm wird ihm weggerissen. Im Video sieht man wie der Helm durch die Szenerie geschleudert wird. Ich hab mir die Bilder zig-mal angesehen (erst heute Abend, am Vormittag konnte ich das nicht) … der Helm fliegt durch die Szenerie und macht nur einen Gedanken auf im Kopf: Ohne Helm hat Marco in diesem Crash keine Chance – nur durch ein Wunder – und dieses Wunder ist nicht eingetreten. Marco Simoncelli verliert an dieser Stelle sein Leben.

Eine Moment-Aufnahme

Brünn im August 2010. Simoncelli fährt eigenhändig im Paddock ein. Die Fans warten an den Zäunen auf die Stars. SuperSic lässt seinen M3 am Zaun langsam vorbei rollen und winkt den Leuten zu. Ganz Normal … kein unnahbarer Super-Star. Am Paddock-Parkplatz manövriert er seine Karre in eine Parklücke. Dreimal muss er reversieren bis er in der riesigen Parklücke endlich Platz findet. Die Haare stehen ihm zu berge, Marco grinst über beide Ohren. Die Fans lachen sich schief … wenn man so Motorradfahren kann, muss man sich im Käfig nicht bemühen.

Am Abend darf ich ihm die Hand schütteln. Marco spaziert – begleitet von 2 Crew-Members – (?) von der Box zum Wohnmobil. Ich red ihn dort einfach an. Einen kurzen Moment ein wenig unnahbar, aber sofort ganz da. Wir blödeln über sein Einparkmanöver, das er vermutlich zu diesem Zeitpunkt eh schon vergessen hatte. Egal, er ist ein Profi und ich bin ein Fan der um diese Zeit hier rumlaufen darf. Wir plaudern über den Race-Track in Brünn. (ich kenne ihn in-und auswendig) … erzähle von meinem Crash vor dem Omega. Zitat Marco (bitte den italienischen englisch-Akzent mitdenken): „This is a difficult corner, don’t break to early there. You need all the speed to make one corner out of this two“ … Ich hab herzlich gelacht über diese Darstellung. Als Hobby-Fahrer hab ich damit ewig gekämpft, er sicher niemals.

Vor wenigen Wochen hab ich mir mit Freunden den MotoGP Film im Kino angesehen. Sic ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Events. „During the race u want to kill the other guy, but after u go for a beer“ … Dieses Zitat hinterlässt Marco in meinem Kopf. Seit heute morgen 11:00 denke ich 1000 mal an diesen Satz. Das sagt alles über einen Vollblut-Rennfahrer aus – alles.
Marco hätte sicher niemandem etwas zu leide getan – das behaupte ich jetzt einfach, über diesen sympathischen Vollfreak. Sein Fahrstil war immer wieder brutal, aber in dieser Szenerie will man gewinnen und keiner der MotoGP Fahrer würde freiwillig Platz machen. Würden sie ausweichen können, hätten sie diese Reserven, wären sie keine Rennfahrer, wären sie nie in diese Liga gekommen, und niemals unter die besten Motorrad-Rennfahrer der Welt.

Es macht wohl nicht den geringsten Sinn die eigene Motorradfahrerei mit diesen Superstars in Verbindung zu bringen. Es wäre, als würde ein Hobby-Fussballspieler seine Leistungen mit einem brasilianischen Super-Star vergleichen. Trotzdem bleibt eine gewisse Nähe zurück. Man hat Materialien verbessert, Reifen ausgewählt, um Rundenzeiten gekämpft und ist Rennen gefahren. (Der Langsamste im Redbull Rookie Cup würde mich wohl auf jeder beliebigen Strecke völlig verbiegen.) Wir reden hier über einen der Besten der Welt – über die absolute Elite. Trotzdem bleibt eine Nähe im Gedanken. Das Gefühl die Situation nachvollziehen zu können – so fern sie auch immer sein mag. Vielleicht ist es das Gefühl Fan zu sein – leidenschaftlicher Fan.

Und als solcher Fan trauert man zu tiefst in diesem Moment. Ich will nichts davon hören, dass es sich dabei um einen gefährlichen Sport handelt. Ich habe auch keine Lust darüber nachzudenken, dass solche Unfälle immer und immer wieder passieren werden und ich hab schon gar keine Lust mir dieses Denken von Menschen diktieren zu lassen, die nie ein Rennen gefahren sind, sich nie diesem „ich will schneller sein“ ausgesetzt haben und dieses tiefgehende Fieber niemals erlebt haben.

Der internationale Motorsport und vor allem der Motorrad-Sport hat heute einen ganz großen Protagonisten verloren, nicht nur einen genialen Motorrad-Racer. Auf jedes Interview, auf jedes Video, auf jedes Foto hab ich mich gefreut, weil dieser Wuschelkopf mit unglaublich breitem Gegrinse einfach ein super Kerl war. Ewig schade um diese liebenswerte Größe in diesem absolut genialen Sport.

Ride In Peace – Sic

Text von Xir
www.blumenpfluecker.com

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Eine Antwort auf Marco Simoncelli – Abschied vom sympathischen Vollfreak

  1. sä öarp

    ciao marco, wir sehen uns da oben, du lieber verrückter, dann brennen wir alles her. sorg inzwischen für die boxenluder, ich bring wein und käse mit.

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