Zum ersten Mal betrat die Rallye Dakar Peru, in dessen Hauptstadt Lima der Sieger feststehen wird. Die elfte Etappe war für die verbliebenen 109 Motorräder Neuland und stellte die Fahrer vor große Herausforderungen, speziell bei der Navigation. Die ersten Kilometer im 27. Land der Dakar-Geschichte verliefen turbulent. Der Tagessieg ging schließlich an Cyril Despres. Seinem KTM-Stallkonkurrenten Marc Coma nahm der Franzose zwei Minuten ab und vergrößerte daher den Vorsprung in der Gesamtwertung auf 2:22 Minuten. Der Spanier Gerard Farres Guell (KTM) überraschte heute mit Platz zwei.
Die ersten Kilometer auf peruanischem Boden hatten es in sich. Das Terrain war für alle Teilnehmer Neuland und alleine deshalb nicht einfach. Zudem mussten die ersten Motorradfahrer schon um 04:00 Uhr Morgens (peruanische Ortszeit) vom Biwak Richtung Startpunkt losfahren. Die Wertungsprüfung zwischen Arica und Arequipa war zweigeteilt. Ursprünglich war für die Motorradfahrer eine andere Strecke als für die Automobile vorgesehen, aber starke Regenfälle in den letzten Tagen haben die ausgetrockneten Flussbetten gefüllt.
Deshalb folgten die Motorradfahrer weitestgehend der Route der Automobile, die erst später auf die Reise geschickt wurden. Der erste Abschnitt der Wertungsprüfung betrug knapp 195 Kilometer. Es galt Erde, Schotter und bei Halbzeit auch einen Dünenabschnitt zu bewältigen. Die Prüfung ging auch gleich turbulent los. Bereits nach 40 Kilometern unterlief den Topfahrern Despres, Coma und Joan Barreda Bort (Husqvarna) ein Navigationsfehler.
Sie fanden alle wieder auf den rechten Weg zurück, obwohl Coma etwas länger brauchte. KTM-Pilot Ruben Faria war schon bei Kilometer 20 falsch abgebogen und war nach Nordosten gefahren statt nach Westen. Mehrere Fahrer hatten an dieser Stelle Navigationsprobleme. Faria fand schließlich die richtige Himmelsrichtung, doch über eine halbe Stunde hatte der Portugiese liegengelassen. Bei Kilometer 118 blieb Olilvier Pain (Yamaha) einige Minuten im Dünenabschnitt stehen.
Bunt gewürfeltes Feld
Es ging turbulent zu und das zeigte sich auch bei den Zwischenzeiten. Die KTM-Piloten gaben den Ton an, aber es war nicht der Coma/Despres-Express an der Spitze. Farres Guell beendete nach 194 Kilometern den ersten Abschnitt auf Platz eins der Zeitenliste. Johnny Aubert (KTM) folgte 47 Sekunden dahinter. Despres hatte 1:47 Minuten Rückstand, doch Coma hatte bis dahin 3:02 Minuten eingebüßt. In der virtuellen Gesamtwertung lief es für Despres.
Anschließend musste eine Verbindungsstrecke über 131 Kilometer zum zweiten Teil der Wertungsprüfung zurückgelegt werden. Im Schlussspurt erhöhten die Favoriten das Tempo. Despres setzte sich beim zweiten Checkpunkt an die Spitze, doch Farres Guell hielt mit (+9 Sekunden). Coma folgte mit zwei Minuten Rückstand. Auf den letzten Metern bis zum Zielort änderte sich nichts Wesentliches mehr.
Despres hat die Oberhand beim Schachspiel
Despres sicherte sich seinen vierten Tagessieg in diesem Jahr. Die Überraschung des Tages war Farres Guell, der 1:39 Minuten noch einbüßte und trotzdem Zweiter wurde. Rang drei ging an Coma. Der Titelverteidiger hatte 2:01 Minuten Rückstand auf seinen härtesten Konkurrenten. In der Gesamtwertung verlor der Spanier wieder etwas Boden. Despres hatte sich den ganzen Tag an das Hinterrad seines Konkurrenten gehängt und führt nun drei Etappen vor dem Ende mit einem Vorsprung von 2:22 Minuten.
„Bei einer Änderung des Roadbook war eine Piste nicht sehr gut zu erkennen“, schildert Despres im Ziel. „Ich habe 100 Meter zu viel zurückgelegt, dann aber erkannt, dass Marc mir entgegen kam, obschon er zwei Minuten vor mir aufgebrochen war“, beschreibt er den Navigationsfehler. „Der Tag hatte schon mit einem Bad im kühlen Nass begonnen, als ich die Maschine neben mir her schieben musste. Ein harter Tag.“
Die Zeichen auf den vierten Dakar-Sieg stehen gut, auch wenn der Vorsprung noch sehr klein ist. „Der springende Punkt wird sein, ob sich jemand zwischen Marc und mich setzen kann. In jedem Fall kann ich nur attackieren und fahren, sonst nichts“, gibt Despres seine weitere Taktik aus. „Morgen wird es kompliziert, aber bei der Dakar ist alles möglich.“ Genau darauf hofft Coma, der heute Despres nicht vom Hinterrad schütteln konnte.
„Es war eine Mischung aus mehreren Fahrbelägen: Erde, Sand, Stein. Es war absehbar, dass Cyril heute Zeit auf mich gutmachen würde. Ich werde bis zum Schluss alles geben“, stellt der Titelverteidiger klar. „Es bleiben mir noch drei Tage dafür. Eine Strategie kann man nicht so leicht festlegen, wenn Cyril vorne Vollgas gibt. Ich muss ihm nur hinterher fahren. Wir werden nicht alles rausholen, aber dennoch dürfte das Tempo wie schon seit dem Beginn der Rallye hoch sein.“
Auch Aubert hielt das hohe Tempo an der Spitze durch und klassierte sich als Vierter. Bester Fahrer vom Speedbrain-Team war wieder Barreda Bort auf dem fünften Platz. Helder Rodrigues, der nun auch seinen Yamaha-Motor zum ersten Mal gewechselt hat, kam heute auf Rang sieben und ist in der Gesamtwertung weiterhin auf dem letzten Podestplatz.
Jordi Viladoms, Stefan Svitko und Farres Guell (alle drei KTM) liegen im Kampf um Gesamtrang vier weiterhin eng beisammen. Für die Motorradpiloten ist heute ein eigenes Biwak aufgebaut. Die Service-Fahrzeuge dürfen nicht hinein, weshalb sich die Fahrer gegenseitig helfen müssen, falls Probleme auftreten.
Morgen geht es weiter nach Nasca. Dieser Ort ist für seine berühmten Wüstenzeichnungen weltbekannt. Die Motorradfahrer müssen insgesamt 505 Kilometer zurücklegen, 246 zählen davon zur Speziale.
Alle Filme der Dakar 2012 auf Gaskrank.TV (in deutsch)
Ergebnis der 11. Etappe (Top 10):
01. Cyril Despres (KTM) 4:03:37 Stunden
02. Gerard Farres Guell (KTM) +1:39 Minuten
03. Marc Coma (KTM) +2:01
04. Johnny Aubert (KTM) +3:30
05. Joan Barreda Bort (Husqvarna) +4:53
06. Felipe Zanol (KTM) +5:37
07. Jordi Viladoms (KTM) +5:54
08. Helder Rodrigues (Yamaha) +7:44
09. Pal Anders Ullevalseter (KTM) +7:44
10. Stefan Svitko (KTM) +10:18
Gesamtwertung nach 11 von 14 Etappen (Top 10):
01. Cyril Despres (KTM) 37:11:16 Stunden
02. Marc Coma (KTM) +2:22 Minuten
03. Helder Rodrigues (Yamaha) +1:08:40 Stunden
04. Jordi Viladoms (KTM) +1:24:46
05. Stefan Svitko (KTM) +1:34:56
06. Gerard Farres Guell (KTM +1:37:00
07. Pal Anders Ullevalseter (KTM) +2:04:06
08. Alessandro Botturi (KTM) +2:29:26
09. Olivier Pain (Yamaha) +2:40:05
10. Felipe Zanol (KTM) +3:09:37
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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