Valentino Rossi - © LAT

© LAT – Bevor er auf die Strecke geht, muss
bei Valentino Rossi alles sitzen

Es ist das wohl berühmteste Ritual im MotoGP-Paddock: Wenn Valentino Rossi sich vor einer Trainingssession oder einem Rennen seiner Maschine nähert, folgt der neunfache Weltmeister einer ganz bestimmten Routine.

Wenn er die Garage verlässt, bleibt er immer einige Meter vor dem Bike stehen, beugt sich zu seinen Stiefeln und streicht über seine Knieschleifer. Dann geht er zum Motorrad, hockt sich rechts daneben und berührt die Fußraste, bevor er aufsteigt.

Auf dem Weg von der Box auf die Strecke. stellt sich der Italiener schließlich auf die Fußrasten, um seine Lederkombi im Schritt und am Hintern zu richten. Es ist ein Ritual, das ihn bis heute auszeichnet und bei so manchem Fahrerkollegen einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. „Valentino ist definitiv der abergläubischste Fahrer überhaupt“, urteilt etwa Ex-MotoGP-Pilot Ben Spies bei ‚MotoGP.com‘ angesichts von Rossis Routinen.

„Was besonders auffällt, ist, dass er immer seine Eier kratzt und an seinem Hintern herumzupft, wenn er die Boxengasser verlässt. Das kann nur zwei Dinge bedeuten: 1. Schaut alle mal her oder 2. Das ist mein Aberglaube“, glaubt Spies und mutmaßt: „Ich denke, Valentino hat in den vergangenen 20 Jahren gelernt, welche Unterwäsche er tragen sollte. Von daher ergibt es keinen großen Sinn, aber jeder kennt es und schaut es sich an.“

Rossis ehemaliger Teamkollege Colin Edwards schätzt ihn indes nicht als übermäßig abergläubisch ein. Es seien vielmehr Angewohnheiten, die zur Vorbereitung gehörten. „Das ist wie beim Golf: Du gehst zum Ball, bringst die Füße in die richtige Stellung, sorgst für richtigen Halt am Schläger und schwingst zum Anschlag“, zieht der US-Amerikaner einen Vergleich. Edwards selbst blickt auch auf ein ganz eigenes Ritual in seiner GP-Karriere zurück.

„Ich wollte meine Lederkombi nicht erst bei einem Sturz einweihen“, erinnert er sich im Gespräch mit ‚MotoGP.com‘. „Deshalb ging ich zur Vorderseite aus der Box, legte mich auf den Boden, zog meine Schultern zusammen und rollte mich herum, um sie ein wenig abzunutzen.“ Das machte Edwards mit jeder seiner Lederkombis. Er ist bis heute überzeugt, dass solche Obsessionen den Erfolg auf der Strecke positiv beeinflussen können.

„Wenn du das nicht hast, was auch immer es sein mag, wirst du kein Motorradrennfahrer sein. Du wirst nicht den Ehrgeiz und das Verlangen haben zu tun, was wir tun müssen. Du musst dieses Etwas haben, dieses schrullige Ding“, glaubt der zweifache Superbike-Weltmeister. Sein Landsmann Spies kann daher auch von dem ein oder anderen Spleen erzählen. Er stieg zum Beispiel immer nur von der linken Seite auf sein Motorrad.

So erzählt der 33-Jährige: „Selbst wenn ich mich auf der rechten Seite der Maschine gedehnt hätte, würde, wäre ich immer herumlaufen und von links auf das Motorrad gestiegen. Damit fing ich aber erst an, als ich mit einem meiner Knie Probleme bekam.“ Auf diese Weise nehmen viele Rituale ihren Anfang und verändern sich mit der Zeit. Andere wiederum werden kopiert. So stieg Edwards nur von links auf sein Bike, weil Kevin Schwantz es auch so machte.

„Ich hatte gelesen, dass Schwantz von der linken Seite auf das Motorrad steigt und begann auch damit. Er war einer unserer amerikanischen Helden und ich dachte: ‚Nun, es hat für ihn funktioniert. Also werde ich es auch versuchen.‘ Egal, wo die Box war oder wie die Strecke verlief, mir wäre kein Weg zu weit gewesen, um von links aufzuzsteigen“, erklärt Edwards. Dabei war sein Vorbild Schwantz gar nicht besonders abergläubisch.

Der Weltmeister von 1993 hält nicht viel davon. „Für mich gab es keine besonderen Tage oder Reifen oder Dinge, die im Training oder Qualifying passiert sind, die dann das Rennen besser oder schlecht gemacht hätten“, sagt er. Auch von welcher Seite er auf sein Bike steigt, habe lange keine Rolle gespielt. Doch dann, in seiner Titelsaison, legte er sich fest, weil sein Vater zu sagen pflegte, dass man ein Pferd immer nur von links besteige.

„Das war das einzige Mal in meiner Karriere, dass ich etwas anders gemacht habe“, blickt Schwantz zurück. Ganz gefeit war also auch er nicht. Einmal glaubte er sogar, ein paar Glück bringende Unterhosen zu besitzen. „Aber dann stürzte ich am nächsten Rennwochenende damit und sagte mir, dass sie doch kein Glück bringen, und schmiss sie weg.“ Edwards scheint also nicht ganz Unrecht zu haben, wenn er sagt: „Wir sind nur ein Haufen Verrückter. “

Text von Juliane Ziegengeist

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