Die neue Claiming-Rule-Regel hat von Beginn an für Diskussionen gesorgt. Prinzipiell kann ein Team einen Superbike-Motor oder ein Triebwerk eines Herstellers nehmen, und in ein Prototypen-Chassis stecken. Das Konzept ist der Formel 1 nicht unähnlich. Dort least sich ein Team wie beispielsweise Force India einen Mercedes-Motor vom Werksteam und baut sein eigenes Auto darum herum. Rechtevermarkter Dorna will mit den CR-Teams die Weltmeisterschaft in ein neues Zeitalter führen. Idealerweise wird es in einigen Jahren nur noch solche Teams in der MotoGP geben.
Die Dorna ist zum Handeln gezwungen. Die Starterfelder sind über die Jahre immer dünner geworden. Honda wird im kommenden Jahr wahrscheinlich nur vier statt sechs Motorräder einsetzen. Bei Yamaha bleibt es bei vier Maschinen. Bei Ducati könnte die Zahl von sechs auf drei Motorräder schrumpfen. Aspar will im kommenden Jahr zwei CR-Motorräder statt einer Desmosedici einsetzen. Bei Pramac ist unklar, ob man weitermachen wird. Gerüchten zufolge könnte das Team auf ein Motorrad schrumpfen. Nur Karel Abraham wird fix mit einer Ducati weitermachen. Bei Suzuki ist noch keine offizielle Entscheidung für 2012 getroffen worden.
Im schlimmsten Falle würde das Starterfeld auf zwölf, 13 Motorräder schrumpfen. Mehr Teilnehmer sind dringend notwendig. Das große Problem sind die Kosten. Der Motorradszene geht langsam das Geld aus. Auch die großen Hersteller haben Probleme, weil die Verkäufe weltweit zurückgehen, es die Wirtschaftskrise gibt und dazu noch die Naturkatastrophe in Japan passiert ist. Bei Honda wurde das Budget für 2012 deutlich gekürzt. Yamaha hat immer noch keinen Hauptsponsor gefunden.
Wenn ein Topteam, das um Siege und den WM-Titel kämpft und damit öffentlich wahrgenommen wird, keinen Hauptsponsor findet, kann man sich ausmalen, wie die Situation für private Mittelfeldteams aussieht. Aufgrund all dieser Faktoren sind die Leasingkosten für die Prototypen in die Höhe gestiegen. Die Dorna hat Satellitenteams immer finanziell unterstützt, doch nun wird das Augenmerk auf die CR-Mannschaften gelegt.
Jorge „Aspar“ Martinez wollte ursprünglich zwei Motorräder in der kommenden Saison an den Start bringen. Mit Ducati wird der Spanier, der in allen drei Klassen aktiv ist, nicht mehr zusammenarbeiten. Stattdessen will er zwei CR-Motorräder an den Start bringen. Martinez erhielt bislang finanzielle Unterstützung von der Regierung in Valencia. Aufgrund politischer Änderungen wurde diese gestrichen. Das hat auch zu der Entscheidung beigetragen. Martinez kann aber zwei CR-Motorräder einsetzen und kommt damit immer noch billiger weg, als wenn er einen Ducati-Prototypen least.
Noch viele Ungewissheiten
Direkt nach dem Saisonfinale in Valencia finden im November die ersten offiziellen Wintertestfahrten statt. Wie ist der aktuelle Stand der CR-Teams? Mike Trimby von der Teamvereinigung IRTA hat gegenüber der ‚GPWeek‘ acht mögliche Mannschaften bestätigt. Aspar wird zwei Motorräder einsetzen. In einem Suter-Chassis soll entweder ein BMW oder ein Aprilia-Motor arbeiten.
Gresini muss einen Honda-Motor einsetzen, weil sich der Hersteller gegen die Pläne mit einem Aprilia-Motor ausgesprochen hat. Das Chassis soll von Moriwaki oder TSR stammen. Als Fahrer ist Yuki Takahashi im Gespräch, damit weiterhin ein Japaner in der Königsklasse vertreten ist. Bei Forward-Racing ist Colin Edwards bestätigt. Yamaha-USA ist interessiert, einen R1-Motor zur Verfügung zu stellen. Es sieht aber eher nach einer Suter-BMW aus.
Bei Speed-Master gibt es noch keinerlei Informationen bezüglich des Motorrades. Andrea Iannone wird nicht mehr als möglicher Fahrer gehandelt. Das BQR-Projekt ist weit gediehen. Man will zwei Motorräder einsetzen. Die FTR-Kawasaki wird demnächst erste Testfahrten bestreiten. Paul Bird will sich nach dem Superbike-Aus in der MotoGP engagieren. Er hat bereits Gespräche geführt und einen Startplatz beantragt. Eventuell wird ein Aprilia-Motor in Betracht gezogen und es soll ein britischer Fahrer werden.
Laglisse-Racing ist in der Spanischen Meisterschaft sehr erfolgreich, aber da die Moto2 voll ist, gab es keinen Platz im Vorjahr. Die Claming-Rule macht die MotoGP für die Mannschaft interessant. Es wird erwartet, dass eine Suter-BMW zum Einsatz kommt und mit einem Spanier gefahren wird. Ioda-Racing könnte von der Moto2 aufsteigen. Nähere Details sind aber nicht bekannt. Es wurde außerdem ein Motor für die neue Moto3 entwickelt.
Auseinandersetzung mit Herstellern?
Es herrscht bei den neuen Teams also noch viel Ungewissheit. „Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie viele Werksmotorräder wir haben werden“, sagt Trimby. „Bis sich das nicht geklärt hat – ob Suzuki dabei ist und wie viele Motorräder einsetzen wird – wissen wir nicht, wie viele Plätze wir haben. Wir peilen 22 an, aber im Moment sieht es so aus, als hätten wir mehr als 22.“
Die Dorna setzt voll auf die CR-Karte. Damit geht sie auf Konfrontationskurs mit der Herstellervereinigung MSMA und speziell mit Honda, dem mächtigsten Mitglied. In Brünn hat HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto ganz klar gesagt, dass es keine Chance geben wird, den neuen 1.000er-Motor zu leasen und ihn beispielsweise in ein Suter- oder FTR-Chassis einzubauen. Das ist ein Mitgrund, warum man auf Superbike-Motoren angewiesen ist.
Laut Informationen von ‚GPOne‘ zieht die Dorna auch in Betracht, die Claming-Rule anzupassen, um die Motorräder konkurrenzfähig zu machen. Beim Brünn-Test verlor die Suter-BMW vier Sekunden auf die neuen 1.000er. Im aktuellen Reglement steht, dass die CR-Teams drei Liter mehr Benzin verwenden dürfen, aber auch mehr Motoren pro Saison. Würde man die Tankkapazität vergrößern, würde man auch über die Renndistanz mehr Kraft zur Verfügung haben. Das würde die hochgestochene Elektronik obsolet machen. Das ist aber ein wichtiger Entwicklungszweig für die Hersteller.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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