(Motorsport-Total.com) – Chaz Davies‘ Karriere als Ducati-Werkspilot ging beim WSBK-Saisonfinale in Estoril mit einem Sieg zu Ende.
Davies zeigte am Sonntag eine fehlerfreie Leistung und kam vor Teamkollege Scott Redding ins Ziel.
Seitdem Davies‘ gewünschte Änderungen an der Panigale V4R umgesetzt wurden, fand der Waliser zu alter Stärke zurück. Zu spät, denn 2021 übernimmt Michael Ruben Rinaldi den Platz des dreimaligen Vize-Weltmeisters.
„Es ist ein perfektes Ende. Ich würde es nicht als bittersüß bezeichnen“, bemerkt Davies nach seinem zweiten Saisonsieg. „Ich habe gesagt, welche Richtung ich beim Motorrad einschlagen möchte. Und das ist das Ergebnis.“
Tränen in der Startaufstellung
Bereits vor dem Start ging es sehr emotional zu. „Einer meiner Jungs gab mir einen Brief über zwei DIN-A4-Seiten. Sie haben mir für das Rennen nette Nachrichten auf den Tank geschrieben. Bereits in der Startaufstellung hatten alle Tränen in den Augen“, berichtet Davies.
„Ich fragte mich, ob die Jungs noch konzentriert sind (lacht; Anm. d. Red.). Ich sah sie in der Startaufstellung an und erinnerte mich an einige gemeinsame Momente. Ich selbst wurde traurig und musste mich daran erinnern, dass ich gleich ein Rennen fahren muss. Ich musste mich erst wieder in Stimmung bringen. Das funktionierte“, so der langjährige Ducati-Pilot.
Wie das Ende einer Liebesbeziehung
Besonders traurig fällt Davies der Abschied von seiner Crew: „Viele meiner Mechaniker sind über viele Jahre mit mir durch dick und dünn gegangen. Sie haben die schwierigen Tage 2014 mit erlebt und dann den Erfolg und später wieder die schwierigen Tage. Ihr Glaube an mich ließ nie nach. Manchmal habe selbst ich nicht nachvollziehen können, warum sie mich so stark unterstützen“, scherzt Davies.
„Sie standen immer hinter mir. Es ist schwierig, sich vorzustellen, dass man jetzt getrennte Wege geht. Es ist wie mit einer Frau, wenn sie auf einmal einen Neuen hat und man es nicht in der Hand hat. Wenn man sie gern hergibt, dann ist es okay. Aber wenn sie sich trennt und man sie noch immer liebt, dann ist das nicht cool“, vergleicht Davies die Situation und bemerkt: „Es ist, was es ist.“
Chaz Davies ohne klare Optionen für 2021
Die Zukunft von Jonathan Reas langjährigem Erzfeind ist aktuell komplett offen. Davies hat in den vergangenen Wochen mehrfach klargestellt, dass er nur weitermacht, wenn er ein gutes Paket findet. „Es liegt nicht in meinen Händen. Es gibt Möglichkeiten. Doch ich bin kein Fahrer, der sich über ein Top-5-Ergebnis oder einen dritten Platz freut“, so die Startnummer 7. Die Realität ist, dass es laut aktuellem Stand keine guten Plätze mehr gibt.
Nach zwei Jahren Entwicklungszeit ist die Ducati Panigale V4R mittlerweile ein konstant schnelles Motorrad. Umso ärgerlicher, dass Davies ausgerechnet jetzt gehen muss.
„Im Moment haben wir ein sehr gutes Motorrad. Ich stimmte den Jungs immer zu, dass dieses Motorrad sehr viel Potenzial hat. Doch wir mussten noch ein paar Bereiche freischalten. Daran haben wir gearbeitet“, erklärt er.
Seit Barcelona kämpft Chaz Davies wieder um Siege
„Leider hat es sehr lange gedauert, um konstant schnell zu sein. Wir waren bereits im vergangenen Jahr schnell, doch jetzt befinden wir uns in der richtigen Position“, bemerkt der für 2021 arbeitslose Superbike-Routinier.
„Ich habe sie gebeten, an mich zu glauben. Das habe ich nicht nur gesagt, weil mein Job auf dem Spiel stand. Sie sollten an mich glauben, damit wir die Situation erreichen, die ich mir bereits etwas eher erhofft hatte“, stellt Davies klar. An der MotoAmerica oder der BSB zeigt er kein Interesse.
„Ich muss für eine Weile abschalten“, bemerkt Davies. Ein Vorteil ist, dass die Winterpause der Superbike-WM in diesem Jahr länger sein wird als in den vergangenen Jahren. Der Saisonstart in Australien Ende Februar ist absolut unrealistisch.
Lange Winterpause eine Hilfe für 2021?
„Es könnte mir in die Karten spielen. Mit mehr Zeit kann man an Ideen und Lösungen arbeiten. Ich kann nicht einschätzen, was nötig ist, um die Unterstützung zu bekommen, die ich benötige, damit ich um die Meisterschaft kämpfen kann“, grübelt Davies. „Doch die Zeit könnte mir helfen. Es könnte also ein Vorteil sein.“
Klinken putzen will der WM-Dritte von 2020 nicht. „Ich will nicht arrogant klingen, aber ich denke, ich habe meine Arbeit erledigt. Ich reise zurück nach Edinburgh. Meine Frau befindet sich dort, weil unser Hund behandelt wird“, berichtet Davies. Vor einigen Wochen wurde bei der Französischen Bulldogge ein Gehirntumor diagnostiziert.
Text von Sebastian Fränzschky
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