(Motorsport-Total.com) – In den vergangenen Jahren hat sich die MotoGP technologisch extrem weiterentwickelt.
Die Einführung der Einheitselektronik ab 2016 nahm den Herstellern in diesem Bereich viel Entwicklungsspielraum. Das Feld wurde enger zusammengebracht.
Die Ingenieure suchten neue Betätigungsfelder. Aerodynamik ist extrem wichtig geworden. Dazu gibt es die Ride-Height-Systeme. Die Rundenzeiten werden Jahr für Jahr schneller. Im Wochentakt purzeln Rundenrekorde.
„Ich habe den Motorradrennsport in den 1990er-Jahren mit den 500ern gesehen“, sagt Aprilia-Technikdirektor Romano Albesiano bei ‚GPOne.com‘. „Wenn ich mir das aktuelle Motorrad ansehe, dann ist es eine komplett andere Welt.“
„Die Technik hat sich in den vergangenen Jahren extrem weiterentwickelt. Wir sind noch nicht auf dem Level der Formel 1, aber es geht in diese Richtung. Vielleicht ist es etwas zu viel. Als Ingenieur ist es aufregend.“
„Aber als Enthusiast finde ich, dass es schön wäre, wenn man einige Schritte zurück machen würde“, sagt Albesiano. „Vielleicht sollte man die Arbeit für den Rennsport ändern und sich wieder mehr an der Entwicklung für Serienmotorräder orientieren.“
Die Ride-Height-Systeme der MotoGP werden nie in die Serie kommen, da in der Serie elektronische Fahrwerke immer mehr Einzug halten. Diese sind im Rennsport laut Reglement verboten.
Aber die Aerodynamik ist ein Faktor, der kaum noch wegzudenken ist. Immer mehr neue Serienmodelle, von Superbikes bis Naked Bikes, werden mit Winglets versehen, um mehr Anpressdruck auf das Vorderrad zu bringen.
„Meiner Meinung nach hat das auch einen Nutzen für die Serie, denn die Aerodynamik macht ein Motorrad sicherer“, hält Albesiano fest. „Es wäre also nicht richtig, in diesem Bereich einen Schritt zurück zu machen.“
„Man kann natürlich argumentieren, das so ein stabiles Motorrad, das zu wenig Wheelies neigt und in der Bremsphase sehr gut ist, für weniger spektakuläre Rennen sorgt. Aber das ist eine andere Geschichte.“
Massimo Rivola: „Wäre falsch, die Formel 1 zu kopieren“
Um für mehr Spektakel zu sorgen, gibt es im nächsten Jahr bei allen Grands Prix am Samstag ein zusätzliches Sprintrennen. Die Formel 1 hat das vorgemacht, aber dort gibt es nur bei wenigen ausgewählten Rennen einen Sprint am Samstag.
„Die Formel 1 schlägt uns bei den Zuschauerzahlen“, sagt Aprilia-Motorsportchef Massimo Rivola bei ‚GPOne.com‘. „Ihr Wendepunkt war die Netflix-Serie ‚Drive to Survive‘. Das hat ihr sehr viel Popularität verschafft. Wir haben es auch versucht, waren aber nicht so effektiv.“
„In der Formel 1 nutzen sie die sozialen Medien effektiver. Die Fahrer Leclerc und Norris, sie sind die neue Generation und nutzen diesen Aspekt sehr gut. Die Formel 1 zieht auch viele Persönlichkeiten an. In Monza habe ich Sylvester Stallone und andere Stars getroffen.“
„Aber es wäre falsch, die Formel 1 zu kopieren. Das Sprintrennen ist eine Notlösung, aber auch eine Chance, dass die Menschen über uns sprechen. Ich hoffe, es funktioniert“, meint Rivola, der vor seiner Zeit bei Aprilia in der Formel 1 gearbeitet hat.
„Die Formel 1 hat wichtige Änderungen vorgenommen. Sie waren gut, hatten aber auch Glück. Sie haben die Regeln für die Performance geändert. Die MotoGP hat diese Probleme nicht. Unsere Fahrer sind alle eng beisammen. Es ist auch keine Frage der Show.“
Rivola hält aber auch fest, dass in der Automobilbranche deutlich mehr Geld vorhanden ist als im Motorradsektor: „Aber in Ländern wie Indonesien wächst der Markt rasch. Es gibt Märkte, die uns wollen. Wir müssen mehr Leute ansprechen, aber wir dürfen nicht die Preise der Formel 1 verlangen.“
Text von Gerald Dirnbeck
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