(Motorsport-Total.com) – Yamaha ist nicht das einzige MotoGP-Werksteam, in dem es momentan kriselt.
Auch bei Aprilia ist der Wurm drin. Der italienische Hersteller war mit der Hoffnung auf Top-5-Platzierungen in die Saison 2018 gegangen. Doch nach elf von 19 Rennen schlägt als beste Platzierung ein neunter Platz von Aleix Espargaro beim Grand Prix von Frankreich in Le Mans zu Buche. Das bisherige Aprilia-Highlight von Scott Redding sind gar nur zwei zwölfte Plätze in Termas de Rio Hondo und Barcelona.
In der Konstrukteurswertung ist Aprilia abgeschlagen Letzter. In der Teamwertung weist lediglich das ebenfalls krisengeschüttelte Honda-Kundenteam Marc VDS noch weniger Punkte auf als die italienische Werksmannschaft rund um Rennleiter Romano Albesiano und Teamchef Fausto Gresini.
Beim Grand Prix von Österreich am vergangenen Wochenende in Spielberg blieben sowohl Espargaro als auch Redding wieder einmal punktelos, wenngleich beide die Zielflagge sahen. Redding platzte daraufhin der Kragen. „Es war ein verdammt scheußliches Wochenende“, so der Brite in seiner gewohnt direkten Art.
„Es ist entsetzlich, denn wenn die Bedingungen das Feld mal enger zusammenbringen, kann ich mein Potenzial sehen und schnell sein“, so Redding mit Blick auf das von Regen gekennzeichnete zweite Freie Training am Freitag. In diesem lag er lange Zeit auf Bestzeitkurs, bevor er kurz vor Ende der Session von WM-Spitzenreiter Marc Marquez (Honda) auf Rang zwei verdrängt wurde.
Im Qualifying und Rennen freilich war es auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg trocken und da tat sich Redding genau wie Teamkollege Espargaro abermals schwer. „Es bricht mir das Herz, so Rennen fahren zu müssen. Ich versuche ständig alles, aber es wird nicht einfacher“, so Reddings Bilanz am Sonntag, um damit nicht nur die Leistung der Aprilia RS-GP zu kritisieren, sondern auch deren Anfälligkeit für Defekte: „Jedes Mal, wenn ich auf das Motorrad steige, gibt es ein anderes Problem. Inzwischen habe ich versucht, mich damit abzufinden und es zu akzeptieren. Doch ehrlich gesagt ist es ein Desaster. Ich bin nicht glücklich.“
Die nächste Station im MotoGP-Kalender 2018 ist Reddings Heimrennen, der Grand Prix von Großbritannien in Silverstone. Doch die Nerven liegen beim Lokalmatador schon jetzt blank: „Beim nächsten Rennen in Silverstone werde ich mich hinstellen müssen, vor allen lächeln müssen und sagen müssen, dass ich eine gute Performance abliefern werde. Das ist aber alles Bullshit, weil ich nichts tun kann. Man kann ein Stück Scheiße nicht glänzen lassen.“
In Spielberg gab es an Reddings Bike „ein Problem mit einem Sensor und dies und jenes und dann stimmten die Fahrwerksdaten nicht“, so der Brite, um auszuholen: „Das ist ein MotoGP-Werksteam. Warum passiert so etwas? Ich hatte am gesamten Wochenende ein Problem mit der Elektronik, das einfach nicht behoben werden konnte. Wie soll ich da ein Ergebnis einfahren können?“
Seinen Platz im Aprilia-Werksteam muss Redding für die Saison 2019 ohnehin für Andrea Iannone räumen. Wie es mit dem Briten weitergeht, steht derzeit noch in den Sternen. Angesichts der Probleme, die er in seiner einzigen Saison als Aprilia-Werkspilot hatte und hat, dürfte ihm ein Abschied vom Team allerdings nicht gerade ungelegen kommen.
Teamkollege Espargaro, der im Gegensatz zu Redding auch 2019 für Aprilia an den Start gehen wird, drückt sich etwas gemäßigter aus. Zufrieden ist aber auch der Spanier mit aktuellen Situation im Team nicht, wie er nach dem Rennen in Spielberg wissen lässt: „Sehr schwierig. Es ist eine schwierige Saison. Das Problem bleibt bestehen und ich kann einfach nicht schneller fahren. Zu Beginn des Rennens versuchte ich mein Bestes zu geben, aber sobald der Grip der Reifen nachließ, war es unmöglich. Speziell beim Beschleunigen verlor ich unglaublich viel Zeit. Ich habe alles versucht, aber WM-Punkte waren unmöglich.“
Auf die Frage, ob er mit den gleichen Problemen zu kämpfen habe wie Redding, antwortet Espargaro: „Meine Probleme sind nicht besser, aber ich würde sagen, sie sind über die Saison gesehen konstanter. An diesem Wochenende hatte ich vielleicht ein paar Probleme mehr, aber insgesamt sind es mehr oder weniger immer die gleichen. Ich weiß einfach nicht, wie ich schneller fahren soll. Ich versuche alles und ich glaube, ich an einem guten Punkt meiner Karriere. Ich bin fokussiert, bin entspannt und bin fit. Aber mit diesem Motorrad kann ich einfach nicht schneller fahren.“
Immerhin: Noch vor dem anstehenden Rennen in Silverstone wird Aprilia wie auch Yamaha in Misano testen. Doch von ursprünglich geplanten drei Testtagen verbleibt für Aprilia dort nur noch ein einziger. „Selbst das ist ein verdammter Witz“, so Redding. „Wir hätten drei Tage testen sollen. Dann hieß es, es werden zwei Tage sein. Doch weil etwas nicht richtig organisiert wurde, haben wir jetzt nur einen Tag.“ Wie Espargaro diesbezüglich anmerkt, sollen die beiden kurzfristig gestrichenen Testtage aber nach dem Silverstone-Rennen nachgeholt werden.
Getestet werden soll in Misano allen voran eine neue Motorenausbaustufe für die Aprilia. Doch Redding mag noch nicht so recht an durchschlagenden Erfolg glauben und meint: „Was wird der neue Motor bringen? Etwas, das ich schon vor fünf Rennen, wenn nicht länger, gefordert habe? Ich hoffe, dass er besser sein wird, aber wenn es so weitergeht wie bisher, dann weiß ich nicht, mit welcher Einstellung ich weitermachen werden, denn so will ich einfach keine Rennen fahren.“
Auf Instagram ruderte Redding am Montag etwas zurück und versuchte, seine derben Aussagen vom Sonntag zu erklären: „Einige Leute widersprechen dem, was ich an den vergangenen Tagen gesagt habe… Ich fahre aber nicht Rennen in der weltweit höchsten Klasse, nur um mitzufahren. Ich werde mich reinknien und werde wieder und wieder versuchen, etwas voranzubringen – auch wenn es mir das Herz bricht zu sehen, dass ich momentan nicht mein Bestes erreichen kann. Nur die Schwachen geben auf. Eine Sache, die mir mein Vater und mein Onkel mitgegeben haben, als ich ein Kind war: Ganz gleich, wie schwierig es jemals wird, gib verdammt nochmal niemals auf, denn du bist stark und du kannst es schaffen.“
Text von Mario Fritzsche & David Gruz
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