Aus Sicherheitsgründen: Wäre es ohne Flügel besser? MotoGP-Fahrer uneins

Raul Fernandez fuhr auf Phillip Island bewusst ohne Frontflügel

(Motorsport-Total.com) – Der Unfall zwischen Marco Bezzecchi und Maverick Vinales im Phillip-Island-Sprint hat auch Diskussionen über die Aerodynamik ausgelöst.

War der Windschatten und die Luftverwirbelungen maßgeblich für den Auffahrunfall? Fakt ist, dass das eine Rolle gespielt hat. Aber auch, dass Vinales nach dem Überholmanöver vor Bezzecchi auf die Linie gezogen ist und sie beide zu unterschiedlichen Zeitpunkten gebremst haben.

„Es gibt einige Kurven“, meint Francesco Bagnaia, „die etwas kritischer sind. Wenn man jemanden überholt und dann auf die Linie einschert, besteht für den Hintermann das Risiko, dass er im Windschatten angesaugt wird. Es ist nicht einfach, das zu verhindern.“

„Man versucht natürlich die Situation zu managen. Mir ist das im Vorjahr in Katar passiert, als mich ‚Diggia‘ überholt hat. Ich wurde genauso angesaugt. Darüber müssen wir in der Sicherheitskommission sprechen. Man kann das aber nicht so leicht ändern.“

Denn die aktuellen Motorräder sind komplett für die Aerodynamik, aber auch das Ride-Height-System entwickelt. Jorge Martin findet, dass der Fahrer diese Aspekte in seine Manöver einkalkulieren muss.

„Wir sind professionelle Fahrer und kennen das Risiko“, so der WM-Führende. „Für mich ist die Situation klar, die Rennkommissare haben eine Entscheidung getroffen. Wenn man von einem anderen Fahrer überholt wird, muss man etwas vorsichtiger sein und etwas früher bremsen.“

Als Beispiel nennt Martin ein anderes Manöver in Australien auf der Zielgeraden: „Ich habe Marc überholt und es ist nichts passiert. Wir wissen, was wir tun müssen.“ Unmittelbar nach dem Sprintunfall meinte Marc Marquez, dass es ein Rennunfall war.

Im Nachgang kam er aber zu einer anderen Einschätzung: „Nach dem Rennen habe ich meine Meinung dazu abgegeben, aber ich lag falsch, weil ich die Bilder nicht genau studiert hatte. Ich habe gesagt, dass es ein Rennunfall war.“

„Aber das war es nicht, sondern ein Fehler von Bezzecchi. Schon nach der Hälfte der Geraden war Vinales vorne. Als mich Jorge überholt hat, waren wir nach der Hälfte der Geraden parallel. Bevor man zum Bremspunkt kommt, muss man das voraussehen.“

Außerdem glaubt Marquez nicht, dass man für den Unfall ausschließlich die Aerodynamik als Grund nennen kann: „Ich glaube, so eine Aktion würde auch ohne Aerodynamik genauso ausgehen.“

Dem stimmt sein Bruder Alex zu: „Es ist nicht neu. Auch früher hat man ohne Aerodynamik solche Momente gesehen. Mit der Aerodynamik sind solche Situationen schlimmer geworden. Man muss das vorhersehen.“

„Aber oft macht man das und bremst früher, aber es ist nicht früh genug. Diese Motorräder sind so. In diesem Fall konnte Marco nicht vorhersagen, dass Vinales in seine Linie gefahren ist.“ Für den Unfall erhielt Bezzecchi eine Long-Lap-Strafe.

Espargaro für härtere Strafen
Dieses Strafmaß findet zum Beispiel Aleix Espargaro als viel zu gering: „Ich bin mir sicher, dass Bezzecchi das nicht absichtlich gemacht hat. Aber es war ein schwerer Fehler und er hat einen großen Unfall ausgelöst.“

„Dass es dann die gleiche Sanktion gibt, wie wenn man jemanden im Qualifying behindert, ist nicht gut. Wir haben die Aerodynamik seit fünf Jahren und wissen, was in Phillip Island in Kurve 1 passiert. Deshalb glaube ich nicht, dass man die Situation mit der Aerodynamik rechtfertigen kann.“

Die Größe der Frontflügel wird erst beim Reglement ab 2027 beschnitten. In Phillip Island ist am Sonntag Raul Fernandez ohne Frontflügel gefahren. Für den Spanier war es eine „tolle Erfahrung“, die für ihn gut funktioniert hat.

Wäre es theoretisch möglich, von heute auf morgen komplett auf die Flügel zu verzichten? „Raul ist ohne Flügel gefahren, also ist es möglich“, meint Maverick Vinales auf diese Frage. „Man braucht Zeit, vielleicht drei Trainings, denn die Elektronik muss man neu abstimmen.“

„Fraglich wäre der Vorderreifen, denn wegen der Aerodynamik fahren wir einen sehr harten Vorderreifen. Wenn man die Aero wegnimmt, weiß ich nicht, ob dieser Reifen funktionieren würde. Aber Raul meinte, dass es sehr gut funktioniert hat.“

Text von G.Dirnbeck

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