(Motorsport-Total.com) – Für Ben Spies ging es beim Sepang-Test in dieser Woche vor allem um eines: Nichts zu überstürzen. Der ehemalige Yamaha-Werksfahrer und Neuzugang im Pramac-Ducati-Team saß nicht zur zum ersten Mal auf der Desmosedici.
Für den US-Amerikaner waren es die ersten Runden überhaupt auf einem Motorrad seit seinem Sturz im Regenrennen von Sepang am 21. Oktober 2012 und der dabei erlittenen Schulterverletzung.
Am ersten Testtag in dieser Woche ließ es Spies zunächst ruhig angehen und wies einen Rückstand von knapp vier Sekunden auf Spitzenreiter Dani Pedrosa (Honda) auf. Am zweiten Tag konnte der Pramac-Pilot seinen Rückstand auf den erneut Tagesschnellsten Pedrosa auf unter 2,5 Sekunden reduzieren. Am Schlusstag griff der Texaner nicht mehr in den Lenker der GP13.
„Ich bin am Morgen aufgewacht und fühlte mich erschöpft von den zwei Tagen. Meine Genesung startete vor zwei bis drei Wochen. Es ist nicht nur meine Schulter, sondern meine allgemeine Fitness, die nicht dort ist, wo sie sein sollte“, so Spies. Nach den Rückschlägen der vergangenen Wochen ging es vor allem darum, „nicht über das Limit zu gehen oder irgendetwas Dummes zu probieren und dadurch physisch womöglich noch weiter zurückzufallen“.
„Angesichts der Anzahl Runden, die ich zurückgelegt habe, war es ein guter Test. Um ehrlich zu sein, war ich überrascht, wie nahe ich den anderen Jungs auf demselben Bike kam“, so Spies im Hinblick auf seine insgesamt 48 Umläufe auf dem Sepang International Circuit am Dienstag und Mittwoch. Auf die schnellste Ducati, pilotiert von Landsmann Nicky Hayden, fehlte ihm unterm Strich eine Sekunde.
Seine ersten Eindrücke der Ducati beschreibt Spies mit den Worten: „Das Motorrad ist nicht komplett anders als die Yamaha. Was ich zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann, ist, dass es nichts gibt, dass als fantastisch oder als grottenschlecht heraussticht.“ Auf Entwicklungsarbeit konzentrierte sich der Superbike-Weltmeister von 2009 im Zuge seiner ersten Testfahrten auf der Desmosedici aber noch nicht. Alles, was verändert wurde, war nach Aussage von Spies „ein Dämpfer und etwas im Bereich der Ergonomie des Bikes, um das Fahrern für mich komfortabler zu machen“.
„Für Entwicklungsarbeit bin ich noch nicht schnell genug“, spricht der US-Amerikaner seine noch nicht komplett wiederhergestellte Fitness an und sagt: „Dieser Test diente einzig und allein dazu, mich nach Monaten der Pause wieder an das Motorradfahren zu gewöhnen“. Für den zweiten Sepang-Test, der vom 26. bis 28. Februar über die Bühne geht, rechnet Spies mit einer „deutlich besseren Verfassung – ob ich dann schon wieder bei 100 Prozent bin, müssen wir aber abwarten“.
Beim ersten Test noch weit vom Limit entfernt
Mit einem zweiwöchigen Fitnessprogramm in Australien will sich der 28-Jährige auf die anstehenden Testfahrten Ende des Monats vorbereiten. Dabei gehe es „nicht nur um meine Schulter, sondern um meine generelle körperliche Verfassung“, wie Spies betont. „Es ist gerade einmal drei Wochen her, dass ich wieder mit Liegestützen begonnen habe. Wenn man dann auf ein Motorrad springt und doch recht schnell unterwegs ist, macht der Körper eine Menge mit.“
Vor allem in den Bremszonen spürte Spies, dass es um seine Fitness längst noch nicht wieder zum Besten bestellt ist. „Ich verschenkte regelmäßig ein gutes Stück um sicherzustellen, dass ich stets die Kontrolle über das Bike behielt. Ich wollte bloß nichts Verrücktes tun“, macht er deutlich, noch weit vom Limit der GP13 entfernt gewesen zu sein. Hinzu kam die Müdigkeit nach ein paar Runden. „Doch das war nichts Unerwartetes“, so der leidgeprüfte US-Amerikaner.
Dass der körperlich fitte Ducati-Werkspilot Hayden genau wie dessen neuer Teamkollege Andrea Dovizioso bei den ersten Testfahrten des Jahres rund zwei Sekunden hinter des Spitze herhinkte, macht Spies schon mehr Sorgen als sein eigenes, von der Verletzung beeinflusstes, Abscheiden: „Das ist natürlich nicht die perfekte Position, aber wir können nur das kontrollieren, was wir auch in der Hand haben.“
„Ich habe mich noch nicht ausgiebig mit Nicky und ‚Dovi‘ unterhalten. Uns ist klar, dass wir jede Menge Arbeit vor uns haben, doch das ist nichts Überraschendes. Ducati weiß das und die Fahrer müssen jetzt so gut wie möglich zusammenarbeiten, um das Bike zu verbessern“, sagt der ehemalige Yamaha-Werksfahrer.
Keine überstürzten Forderungen nach neuen Teilen
Was ihn selbst und seinen eigenen Pramac-Teamkollegen Andrea Iannone betrifft, so gehe es laut Spies zunächst darum „das Optimale aus den gegebenen Verhältnissen herauszuholen, bevor wir nach neuen Teilen schreien ohne dabei zu wissen, in welche Richtung wir eigentlich gehen müssen“. Die ständige Forderung nach neuen Teilen für die Desmosedici macht Spies als den „Fehler der vergangenen Jahre“ bei Ducati aus. Inzwischen wisse man in Borgo Panigale, dass es darum gehen muss „100 Prozent aus dem aktuellen Paket herauszuholen und dieses dann mit den richtigen Schritten weiterzuentwickeln“, wie der US-Boy betont.
Angesichts des körperlichen Handicaps hält sich Spies mit präzisen Aussagen über das Fahrverhalten der Ducati noch zurück. „Was ich bis jetzt sagen kann, ist, dass sich das Getriebe schnell und gut schalten lässt und der Motor viel Leistung hat.“ Neben der Schalteinheit, die genau wie bei Honda, aber anders als bei Yamaha ohne Zugraftunterbrechung auskommt und dem potenten Motor fühlte sich die Desmosedici laut Spies „auch beim Bremsen stark an“.
Ducati-Getriebe vermittelt gutes Gefühl
„Doch ich drang noch nicht in den Bereich vor, wo das Bike nervös geworden wäre“, schränkt Spies ein und unterstreicht abermals: „Ich war noch nicht am Limit, weshalb ich auch noch keine Setup-Veränderungen vornehmen ließ. Für mich ging es zunächst nur darum, Runden abzuspulen und mich an das Team zu gewöhnen.“
Während der ehemalige Yamaha-Werksfahrer in dieser Woche erstmals in den Genuss eines Getriebes ohne Zugkraftunterbrechung kam, wartet Ex-Teamkollege Jorge Lorenzo noch auf einen solchen technischen Kniff und machte dies in Sepang genau wie Yamaha-Rückkehrer Valentino Rossi lautstark deutlich. „Wenn man das System nicht kennt, fragt man sich natürlich, wie viel es bringen würde, wenn man es auch zur Verfügung hätte“, sagt Spies und erklärt: „Das war bei mir genauso. Nachdem ich damit gefahren bin, kann ich sagen, dass es ein gutes Gefühl ist.“
„Das Motorrad ist insgesamt ruhiger, vor allem beim Beschleunigen. Wie viel es in Bezug auf die Rundenzeit ausmacht, kann ich aber noch nicht sagen“, meint der US-Amerikaner und schiebt im Hinblick auf Lorenzo und dessen schnelle Runden beim Sepang-Test hinterher: „Für mich sieht es so aus, als käme er auch ohne ein solches Getriebe recht gut zurecht.“
Text von Mario Fritzsche & Maximilian Kroiss
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