(Motorsport-Total.com) – BMW-Markenkollege Garrett Gerloff ist überzeugt, dass Toprak Razgatlioglu auch nach einem Wechsel von der Superbike-WM in die MotoGP erfolgreich sein könnte.
Es gibt einige Experten, die Zweifel geäußert haben, was Razgatlioglus Fahrstil in Kombination mit einem MotoGP-Bike angeht. Auch ServusTV-Experte und Ex-MotoGP-Werkspilot Alex Hofmann äußerte sich kritisch.
Garrett Gerloff hingegen hat keine Zweifel: „Bei Toprak begeistert mich am meisten die Fähigkeit, sich anzupassen. Deshalb kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er auf ein MotoGP-Bike steigt und herausfindet, wie er damit umgehen muss, um schnell zu sein.“
Klar ist allerdings auch, dass Razgatlioglus aktueller Fahrstil in der MotoGP nicht funktionieren würde. „Sein Stil im Moment passt sehr gut zum WSBK-Bike“, erkennt Gerloff. „Er kann die Vorteile perfekt nutzen. Er holt mit seinem Stil das Maximum aus den Pirelli-Reifen und aus der BMW heraus.“
„Ich bin vollkommen überzeugt, dass er auch auf einem MotoGP-Bike sehr schnell sein kann. Er müsste sich natürlich etwas anpassen“, erklärt Gerloff im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Total.com.
Was Garrett Gerloff am MotoGP-Bike am meisten überraschte
Bei seinen MotoGP-Einsätzen für Yamaha erhielt Gerloff einen guten Überblick, wie die Prototypen in der Königsklasse funktionieren. Im Vergleich zu den weniger steifen Superbikes mit den weichen Pirelli-Reifen stellen die MotoGP-Bikes andere Anforderungen an die Fahrer.
„Ich habe nicht besonders viel Erfahrung von der MotoGP-Maschine und kann es deshalb nicht mit hoher Sicherheit sagen. Das Bremsen in die Kurven hinein jedenfalls habe ich anfangs nicht richtig verstanden“, gesteht der US-Amerikaner, der an zwei Grand-Prix-Wochenenden Erfahrungen sammelte.
„Es kam mir so vor, als ob man in diesem Bereich keine Zeit gutmachen kann. Zudem stürzt man in diesem Bereich sehr schnell. Das sah man gut bei Jorge Martins Sturz auf dem Sachsenring“, schildert Gerloff und erkennt: „Es ist deutlich schwieriger, mit dem MotoGP in die Kurven hinein zu bremsen.“
Doch dafür haben die MotoGP-Bikes eine Stärke, die das Superbike nicht hat. „Was mich hingegen stark beeindruck hat: Das Motorrad lenkt richtig gut ein, wenn man die Bremse löst. Das Motorrad belohnt den Fahrer, nicht die Bremse zu nutzen, um das Turning zu verbessern“, berichtet Gerloff.
Bei seinem Einsatz als Ersatz für Franco Morbidelli bei der Dutch TT 2021 lernte Gerloff die Geheimnisse des MotoGP-Bikes auf die harte Tour. „Ich hatte damals in Assen einen Sturz. Ich wollte wie beim Superbike die Bremse nutzen, um das Motorrad besser in die Kurve zu bekommen. Dabei rutschte mir das Vorderrad weg. Danach bremste ich weniger und meine Rundenzeiten verbesserten sich deutlich“, erinnert sich der ehemalige Yamaha-Pilot.
Garrett Gerloff: MotoGP-Bike ein Skalpell, WSBK-Bike eine Machete
In der laufenden MotoGP-Saison kam WSBK-Pilot Remy Gardner überraschend zu zwei Einsätzen, weil sich Yamaha-Werkspilot Alex Rins verletzte. Später fiel Testpilot Cal Crutchlow aus. Gardner übernahm und erklärte, dass er auf dem Superbike mehr Spaß hat.
Sieht das Gerloff auch so? „Ich stimme zu 100 Prozent zu“, bemerkt der BMW-Pilot und vergleicht: „Das MotoGP-Bike ist wie ein Skalpell und das WSBK-Bike ist wie eine Machete. Beide schneiden, machen das aber auf komplett unterschiedliche Art und Weise.“
„Die Superbikes verzeihen mehr. Man kann sliden und hat dennoch die Kontrolle. Das MotoGP-Bike hat sehr viel Grip und das Chassis ist sehr steif. Es baut sich so viel Kraft auf. Wenn etwas schief geht, dann beißt es sehr hart zu und reagiert sehr brutal. Es ist nicht einfach, nicht zu stürze, wenn man auf einem MotoGP-Bike einen wilden Fahrstil hat“, stellt Gerloff fest.
Text von Sebastian Fränzschky
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