Garrett Gerloff spricht über Toprak Razgatlioglus Psyche nach dem Sturz und erklärt, warum es so schwierig ist, die Abstimmungen des WM-Leaders zu übernehmen

(Motorsport-Total.com) – Die Titelambitionen von BMW und Toprak Razgatlioglu erhielten am vergangenen Freitag um 15:12 Uhr einen heftigen Dämpfer.

Durch seinen Sturz im zweiten Freien Training des WSBK-Wochenendes in Magny-Cours (Frankreich) fiel Razgatlioglu für den Rest des Wochenendes aus. Unklar ist, ob der WM-Leader beim kommenden Rennwochenende in Cremona (Italien) wieder einsatzbereit ist. Im jüngsten Update vom BMW gab es dazu keine klare Aussage.

Eine weitere Frage ist, wie sich der Horrorsturz in Frankreich auf die Psyche niedergeschlagen hat. Denn klar ist, dass Razgatlioglu nur wenige Zentimeter an einer lebensverändernden Situation vorbei schrammte. Derartige Gedanken wird sich Razgatlioglu laut BMW-Markenkollege Garrett Gerloff nicht machen.

„Ich denke nicht, dass ihn beeinflussen wird“, prophezeit Gerloff auf Nachfrage von Motorsport-Total.com und erwartet einen noch stärkeren Razgatlioglu: „Er wird noch motivierter sein. Er sah, wie Bulega am Sonntag zwei Siege feierte.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihn aufhält. Wenn sich etwas ändert, dann dass er jetzt mit noch mehr Vorsprung gewinnt“, erwartet Gerloff. Beim WSBK-Wochenende in Magny-Cours mussten die restlichen drei BMW-Piloten die Kohlen aus dem Feuer holen. Gerloff lag am Samstag zwischenzeitlich in Führung und feierte am Sonntag sein erstes Podium als BMW-Pilot.

Er stellte am Sonntag die Punkte für BMW sicher uns bescherte Bonovo-Teammanager Michael Galinski Freudentränen. Es war das erste Top-3-Ergebnis für das deutsche Team rund um Galinski und Geldgeber Jürgen Röder. Dieses Podium war für BMW wichtig, denn in der Herstellerwertung geht es nach wie vor um den Titel. Aktuell führt BMW mit 421 Punkten vor Ducati mit 411 Zählern.

Garrett Gerloff gibt Einblicke, was Toprak Razgatlioglu so speziell macht
Ohne Razgatlioglu gelang BMW am Sonntag kein Sieg. Doch warum ist der Türke so stark? Gerloff hat im Laufe der Saison einige Geheimnisse verstanden. „Er ist sehr gut auf der Bremse, pusht die Front aber nicht zu stark. Das ist eine sehr delikate Angelegenheit“, schildert der US-Amerikaner und lobt: „Er bekommt das richtig gut hin.“

„Zudem hat er ein sehr gutes Gefühl für das Gas. Ich habe probiert, das zu kopieren. Doch es ist einfacher gesagt als getan. Er leistet wirklich gute Arbeit“, berichtet Gerloff mit Blick auf Razgatlioglus Fahrstil. Laut Teamkollege Michael van der Mark ist Razgatlioglus Stil der einzig richtige, um mit der BMW M1000RR schnell zu sein.

Razgatlioglus Abstimmung funktionieren bei Gerloff nicht
Doch Gerloff kommt mit den Abstimmungen des Überfliegers nicht zurecht. „Ich probierte Topraks Einstellungen bei der Elektronik, Federung und Geometrie. Es ist schwierig, weil er damit so gut zurechtkommt. Ich allerdings kam damit nicht besonders gut klar. Es wurde sehr viel Druck ausgeübt, seine Richtung zu übernehmen. Es funktioniert in seinem Fall. Ich bin anders als Toprak, auch bei den gewünschten Einstellungen“, kommentiert Gerloff.

„Es ist echt hart, wenn man sieht, dass jemand gewinnt, man selbst nicht einmal in die Top 10 fährt und alle Fragen stellen. Man ist sich unsicher und zu Dingen gedrängt, die man sonst nicht machen würde“, gesteht der Bonovo-Pilot, der keinen guten Start in die WSBK-Saison 2024 erlebte, zuletzt aber besser in Schwung kam.

Bei der Suche nach der richtigen Abstimmung hat sich Gerloff mit seiner Crew zwei Mal kräftig im Kreis gedreht, wie er zugibt. „Ich bin zu einer Art Hybridabstimmung gewechselt, die zu einem Teil Einstellungen aus dem Vorjahr übernimmt und zum Teil Dinge, die auch Toprak und Michael verwenden“, erklärt er.

„Man muss sich schlussendlich wohl fühlen auf dem Motorrad“, bringt es Gerloff auf den Punkt. „Man muss einschätzen können, wie das Motorrad reagiert. Je besser ich das verstehen kann, desto härter kann ich fahren. Wenn ich das nicht gut fühle, dann fällt es mir schwer, zu pushen.“

Text von Sebastian Fränzschky

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