Während Stefan Bradl als Aushängeschild des deutschen Motorradsports 2015 in seine vierte MotoGP-Saison geht und in der Moto2-Weltmeisterschaft mit Sandro Cortese, Jonas Folger und Marcel Schrötter gleich drei Piloten vertreten sind, die im Vorderfeld mitfahren, klafft dahinter eine Lücke.
Mit Toni Finsterbusch, Florian Alt und Luca Grünwald war es zuletzt drei Fahrern nicht gelungen, sich in der Moto3-WM durchzusetzen. Philipp Öttl blieb nach einer vielversprechenden Premierensaison in der Moto3 in diesem Jahr deutlich hinter den Erwartungen zurück.
„Es ist so, dass es bei uns in Deutschland ziemlich mau mit Nachwuchs aussieht, was zwei Räder anbelangt“, stellt Bradl im Gespräch mit ‚Motorsport-Total.com‘ fest. Auch unterhalb der WM-Klassen drängt sich derzeit kein Talent auf. Im Red-Bull-Rookies-Cup landete der einzige deutsche Starter Aris Michail 2014 in der Gesamtwertung auf Rang 14 von 24, die Moto3-Klasse der Internationalen-Deutschen-Motorradmeisterschaft wurde in diesem Jahr mangels Masse gar nicht ausgetragen.
Dirk Heidolf, Teamchef des Moto3-Teams Racing-Team-Germany geht auch nicht davon aus, dass sich die Nachwuchssituation kurzfristig bessern wird. „Ich denke, es ist ziemlich schwierig, in Deutschland in kurzer Zeit etwas zu realisieren. Die Probleme gibt es nicht erst seit gestern“, attestiert Heidolf gegenüber ‚Motorsport-Total.com‘. „Das größte Problem sehe ich in der Struktur.“
Spanien als Vorbild
Hier empfiehlt Heidolf, sich ein Beispiel an Spanien zu nehmen, wo Talente durch den nationalen Motorsportverband gezielt gefördert und auch in der WM unterstützt werden. „Es muss ein nationales Team geben, das zum Beispiel vom ADAC geführt wird, in dem vier oder fünf junge Talente ihr Können zeigen und auf den richtigen Weg gebracht werden“, fordert Heidolf.
„Es ist zu hoffen, dass wir in Deutschland diesen Weg einschlagen“, sagt Heidolf mit Blick auf das spanische Modell. „Das wäre toll. Das würde in vielen Dingen sehr helfen. Doch wie schnell das umzusetzen wäre, weiß ich nicht. Selbst mit einem neuen Konzept würden wir in Deutschland nicht binnen einen Jahres neue Talente produzieren. Das ist nahezu ausgeschlossen.“
Wichtig sei: „Es muss ein straffes Auswahlverfahren geben“, meint Heidolf. Man dürfe junge Fahrer nicht um jeden Preis in die WM bringen, denn aufgrund der Masse an Nachwuchsfahrern würden in Ländern wie Spanien oder Italien auch nur die allerbesten den Sprung auf die internationale Ebene schaffen. „Diese Talente haben sich bereits gegen viele andere Piloten durchgesetzt“, so Heidolf. „Es muss eine straffere Auswahl der Talente geben.“
Bradl: Man muss mit Rückschlägen umgehen können
Ganz ähnlich sieht es auch Bradl. „Es muss ihm klar sein, dass das Ganze kein Zuckerschlecken und nicht einfach wird“, so der Zahlinger auf die Frage, welche Tipps er einem Nachwuchspiloten geben würde. „So ist es mir auch beigebracht worden. Du musst einen Schritt nach dem anderen machen und mit Rückschlägen umgehen können.“ Solche Erfahrungen müsse jeder junge Fahrer machen. „Ich habe das selbst von meinem Vater gelernt, aber die Jungen hören nicht“, sagt er.
Bisher habe ihn zwar noch kein Nachwuchspilot um Rat gefragt, doch grundsätzlich könnte sich Bradl die Rolle eines Mentors vorstellen. „Wenn sich die Situation ergibt, bin ich jetzt nicht abgeneigt davon. Aber erstens bin ich momentan mit mir selbst beschäftigt, und zweitens muss auch das Verhältnis passen. Das ist ganz wichtig. Wenn es menschlich super passt, ist das ziemlich einfach. Wenn es von Anfang an schwierig ist, lasse ich lieber die Finger davon.“
Text von Lüttgens, Dirnbeck & Fränzschky
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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