(Motorsport-Total.com) – Dani Pedrosa hat es geschafft: Noch bevor der Spanier am Sonntag sein letztes MotoGP-Rennen bestreiten wird, wurde er am Donnerstag als MotoGP-Legende in die „Hall of Fame“ aufgenommen.
Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta und FIM-Präsident Vito Ippolito gratulierten herzlich und auch Pedrosas langjährige Konkurrenten Marc Marquez und Jorge Lorenzo zollten dem Spanier Respekt. Allerdings wäre es fast nicht zu dieser Zeremonie gekommen, denn der dreifache MotoGP-Vize-Weltmeister liebäugelte schon 2011 zum ersten Mal mit Rücktrittsgedanken …
„Das ist ein sehr emotionaler Moment, weil man sich als Kind nicht vorstellen kann, dass dieser Tag einmal wirklich eintreten wird“, strahlt Pedrosa am Donnerstag in Valencia. „Es fühlt sich etwas eigenartig an“, muss er aber auch zugeben, denn noch wird er ein allerletztes MotoGP-Rennen bestreiten. „Aber ich bin sehr glücklich, da ich viel Unterstützung von den Fans und dem gesamten Fahrerlager erhalte. Ich freue mich wirklich sehr über diesen Moment.“
Pedrosa spricht von der MotoGP wie von einer Familie. „Die MotoGP hat mir sehr viel im Leben gegeben, ich bin mehr oder weniger im Fahrerlager aufgewachsen. Ich habe viele Dinge dadurch gelernt. Ich bin auch glücklich, dass ich der MotoGP etwas zurückgeben konnte.“ Als Pedrosa 2001 im zarten Alter von 15 Jahren und 191 Tagen sein 125er-Debüt feiert, musste die FIM zuvor das Alterslimit der Piloten senken.
Das Alter war Pedrosas erste Hürde
Dorna-Boss Ezpeleta erinnert sich daran: „Dani ist in unserem Sport groß geworden – und jetzt hört er auf. Ich erinnere mich noch gut daran, wann ich Dani das erste Mal begegnet bin. Das war bei der Fahrerauswahl. Alberto Puig hat mit all den Piloten gesprochen und ihnen alles erklärt. Ich sah Danis Augen funkeln. Er meinte nur: ‚Sprich nicht mit mir, ich will lieber auf das Bike und damit fahren‘. Wir haben sofort gesehen, welche Fähigkeiten er hatte. Allerdings gab es ein Problem. Die Altersbegrenzung hatten wir erst festgelegt. Und Dani war zwei Monate zu jung. Daher haben wir entschieden, die Altersbegrenzung herabzusetzen, damit auch Dani mitfahren kann.“
Pedrosa bestritt damit am 8. April 2001 seinen ersten Grand Prix der Weltmeisterschaft in Japan. „Als ich angefangen habe, wuchs eine neue Generation an Fahrern heran. Heute gewinnen sie Rennen und Titel. Es fühlt sich gut an, diese Tür für die neue Generation aufgestoßen zu haben.“ 17 Jahre später sitzt der Spanier in einer eigens für ihn organisierten Pressekonferenz und philosophiert über seine lange Karriere, die mit drei WM-Titeln (zwei in der 250er-Klasse und einen in der 125er-Klasse), 54. Grand-Prix-Erfolgen, 153 Podestplätzen und 49 Pole-Positionen zwar sehr erfolgreich, allerdings auch von vielen Verletzungen geprägt war.
Daher kam Pedrosa schon vor seiner endgültigen Entscheidung, die er in diesem Jahr auf dem Sachsenring öffentlich machte, der Gedanke an den Rücktritt vom Profisport. „Das war nicht das erste Mal, weil ich schon in der Vergangenheit teilweise schwierige Zeiten durchlebte. Man hinterfragt sich dann schon, ob man noch genügend Motivation finden kann. Dieser Sport ist sehr intensiv und man muss wirklich ans Limit gehen, um gut abzuschneiden. Ansonsten ist es schwierig, fokussiert zu sein. Manchmal strauchelt man eben, da ist es ganz normal, solche Gedanken zu haben.“
Rückblick: Schwerer Sturz in Japan 2010
Konkret wurde dieser Gedanke zum ersten Mal nach der Saison 2010, als sich Pedrosa im Training in Japan das Schlüsselbein gebrochen hatte, daher in Japan und Malaysia ausfiel und Jorge Lorenzo den WM-Titel überlassen musste. „Ich bin 2010 schwer gestürzt und in der Winterpause konnte ich mich von meiner Verletzung nicht erholen.“
„Ich bin in die Saison 2011 also verletzt gestartet und ich war ein wenig verzweifelt, weil ich mich auf dem Bike nicht wohlfühlte. Danach bin ich erneut gestürzt. Als ich endlich herausfand, wie ich am besten wieder fit werde, bin ich wieder gestürzt. Wenn man sich sieben oder acht Monate damit herumschlägt, ist das schon schwierig. Aber es ist normal, dass man manchmal harte Zeiten durchmacht.“
Die Entscheidung, nun endgültig am Ende dieser Saison aufzuhören, fiel schon vor Saisonbeginn. „Das Gefühl ist schon eigenartig gewesen, da man immer weiß, dass man auf jeder Strecke zum letzten Mal fahren wird. Das hatte aber keine Auswirkungen auf die Ergebnisse“, betont der Spanier. Er schaffte es bislang in jeder Saison zumindest einmal auf das Siegertreppchen – nur 2018 konnte er noch kein Podium einfahren.
Abschied „fühlt sich nicht real an“
Realisiert hat Pedrosa seinen Abschied noch nicht. Als er von seinem Teamkollegen Marc Marquez gefragt wird: „Gratuliere zu deiner erfolgreichen Karriere, Dani. Wir hatten eine gute gemeinsame Zeit. Ich möchte gerne von dir wissen, was du fühlst, wenn das letzte Rennwochenende jetzt anbricht?“, weiß der Spanier nicht sofort eine Antwort. „Das ist eigenartig“, gesteht er. „Es fühlt sich so an, als wäre das nicht real, als würde das gar nicht passieren. Man möchte die Zeit am liebsten anhalten, aber sie läuft einfach weiter. Ich werde es wohl erst realisieren, wenn es vorbei ist.“
Ein Comeback, wie es sein guter Freund Sete Gibernau in der MotoE 2019 anstrebt, möchte er ebenso nicht ausschließen. „Man kann niemals nie sagen. Ich weiß nicht, was in der Zukunft passieren wird und was ich machen möchte. Aber wie ich schon sagte, bin ich hier aufgewachsen und habe vieles gelernt. Und ich hoffe, ich kann hier bleiben und es wieder genießen.“ Genießen wird er ab Montag nächster Woche sein neues Leben. Als Testpilot von KTM wird er zwar weiterhin auf dem Bike sitzen, mit dem Training wird er es wohl aber nicht mehr ganz so streng halten.
Denn als ihn Jorge Lorenzo fragt, ob er ein paar Kilos zulegen werde, schmunzelt Pedrosa und antwortet: „Im Gegenteil zu meinen Rivalen habe ich immer versucht, Kilos zuzunehmen. Darin war ich allerdings nicht sehr erfolgreich. Aber vielleicht nehme ich mit weniger Stress, Druck und Training etwas zu. Aber ich bin nicht sicher, auch mein Vater hat diese Gene.“ Bei einer Größe von 160 Zentimeter bringt er nur 51 Kilogramm auf die Waage.
Mick Doohan war Pedrosas Vorbild
Nicht nur seine Konkurrenten zollen Pedrosa Respekt bei seinem Abschied. Auch FIM-Präsident Vito Ippolito hat nur lobende Worte für den Honda-Piloten übrig. „Dani ist ein Vorbild für alle Fahrer, vor allem für die jungen. Ich will das nicht sagen, nur weil man das eben sagen muss. Er ist wirklich ein Vorbild. Er konnte nicht nur tolle Ergebnisse einfahren, sondern hat das immer auf eine saubere und faire Art und Weise gemacht“, streicht er Pedrosas Sportsgeist hervor. „In der FIM diskutieren wir manchmal mit Dani über Fahrverhalten und Strafen, wir haben großes Vertrauen ihn in.“
Ezpeleta stimmt zu: „Wir waren von Beginn an gute Freunde. Aber manchmal sind wir uns nicht einig und wir hatten auch schon Diskussionen darüber. Dani ist zwar immer sehr höflich, aber er sagt auch seine Meinung. Ich möchte ihm danken, weil er sehr viel zum Wachstum der MotoGP beigetragen hat.“ Nachsatz: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass er wahrlich eine MotoGP-Legende ist.“
Pedrosa selbst hatte als knapp 16-Jähriger ebenfalls eine Legende zum Vorbild, wie er nun verrät. „Als ich mit meinem Vater begonnen habe, die Rennen zu schauen, da fiel mir Doohan immer auf. Ich mag seinen Fahrstil, aber diese Ära war wirklich toll. Wie heute sind damals viele großartige Fahrer gefahren, wie Rainey oder Schwantz und Lawson. Das war eine tolle Zeit der 500er-Klasse, aber ich habe Doohan immer gemocht.“ Der Australier ist ebenso wie Pedrosa eine Honda-Legende.
Für sein allerletztes MotoGP-Rennen, sein 217. Rennen insgesamt – womit er mit Loris Capirossi gleichzieht in der ewigen Bestenliste (nun auf Platz vier der Fahrer mit den meisten Rennstarts) – hat sich der „kleine Samurai“, wie Pedrosa liebevoll genannt wird, nichts Spezielles vorgenommen. „Dieses Jahr war nicht so toll. Es wird also etwas schwieriger als in den vergangenen Jahren“, das Rennen in Valencia zu gewinnen, meint er. 2017, 2012, 2009 und 2007 gelang ihm jeweils der Triumph beim Saisonabschluss. „Das ist mein letztes Rennen. Ich werde es einfach genießen und nicht zu viel über Zahlen oder Rekorde nachdenken. Ich möchte diese Zeit in guter Erinnerung behalten.“
Text von Maria Reyer
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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