(Motorsport-Total.com) – Das Honda-Werksteam beendete die beiden offiziellen MotoGP-Testtage in Sepang (Malaysia) mit geringem Zeitrückstand.
Bei Qualifying-Versuchen landete Marc Marquez auf Platz vier und Pol Espargaro auf Rang elf. Espargaro hatte dabei auch nur knappe drei Zehntelsekunden Rückstand.
Die komplett neu entwickelte RC213V zeigte Potenzial. „Wir sind glücklich“, betont Honda-Teamchef Alberto Puig bei ‚MotoGP.com‘. „Wir sind glücklich, weil sich die Arbeit von Misano und Jerez auszahlt. Wir erhalten jetzt gute Resultate. Das Motorrad ist ganz klar ein anderes Konzept.“
„Wir sind auf dem besten Weg, um das zu erhalten, was wir geplant haben und erwarten. Alle Fahrer treffen die gleichen Aussagen. Wir sind noch nicht am Ziel angelangt. Aber anhand meiner Erfahrung von sehr vielen Sepang-Tests kann ich sagen, dass das einer der besten war.“
Auch die Fahrer waren zufrieden. Marquez streicht als positiv hervor: „Gut ist, dass wir den Speed haben, wenn ich pushe. Gestern habe ich zwei kleine Fehler gemacht. Heute war es okay. Das Motorrad ist schnell. Ich bin happy.“
„Es stimmt, dass dieses Motorrad ganz anders ist. Ich kann noch nicht meine Stärke am Kurveneingang nützen. Jetzt muss ich die Zeit am Kurvenausgang machen. Momentan passe ich mich auf das Motorrad an. Wenn ich körperlich stärker bin, werde ich die letzten Zehntel finden.“
Endlich mehr Grip am Hinterrad
Honda hat das Konzept des Motorrads komplett geändert. Spätestens als Michelin 2020 die neue Hinterreifenkonstruktion eingeführt hatte, gab es Probleme. Ducati konnte ähnliche Schwierigkeiten rascher lösen. Honda kämpfte mit dem Grip am Hinterrad und suchte monatelang nach Lösungen.
Schließlich entschied man sich dazu, ein neues Motorrad zu entwickeln. Mit der neuen RC213V hat sich der Grip am Hinterrad deutlich verbessert. Das hilft nicht nur bei der Beschleunigung am Kurvenausgang, sondern auch am Eingang, obwohl man etwas anders bremsen muss.
„Im Vorjahr“, sagt Espargaro, „haben wir nach einigen Runden viel verloren, wenn sich der Hinterreifen abgenutzt hat. Das war ein Desaster. Glücklicherweise hat Honda sehr hart gearbeitet. Wir haben jetzt hinten viel mehr Grip.“
„Das erlaubt es uns, in der Kurve relaxter und schneller zu sein. Das Motorrad ist noch neu und wir müssen noch viel verbessern, aber es läuft. Generell bin ich zufrieden. Dieser geringe Rückstand ist mit einem komplett neuen Motorrad sehr wichtig. Wir sammeln immer mehr Erfahrung.“
Warum Honda nun mit mehr Anpressdruck fahren kann
Auch die Verkleidung ist ganz anders. Der Lufteinlass für die Airbox erinnert an Yamaha. Und auch die Flügel auf der Seite haben eine Form, die man so noch nie bei Honda gesehen hat. Das ist eine bewusste Weiterentwicklung, weil man nun mehr Grip am Hinterrad hat.
„Wir versuchen mit der Aerodynamik etwas mehr Druck auf das Vorderrad zu bekommen“, erklärt Espargaro und geht ins Detail: „Wir haben mehr Anpressdruck, aber die Beschleunigung ist trotzdem sehr schön, weil wir mehr Leistung haben.“
„Im Vorjahr hätten wir solche Flügel nicht fahren können, weil wir bei der Beschleunigung zu viel verloren hätten. Ich möchte noch nicht sagen, dass das Motorrad für Katar bereit ist. Aber es ist ein guter Anfang. Was wir haben, ist schon gut. Das Motorrad ist aber noch nicht perfekt.“
Espargaro gegenüber Marquez im Vorteil?
„Auch wir Fahrer müssen noch lernen, wie man dieses Motorrad fahren muss. Es ist noch etwas seltsam. Nach meiner ersten schnellen Runde hat der Hinterreifen nachgelassen. Meine schnellste Runde bin ich dann in Runde drei gefahren.“
„Das liegt daran, dass ich noch nicht weiß, wie ich das Motorrad optimal nutzen muss. Die Frontpartie ist noch nicht perfekt. Für mich ist das kein großes Problem, weil mein Fahrstil über das Hinterrad geht.“ Denn Espargaro wünschte sich genau so ein Verhalten in der Bremsphase.
Kann er sich deshalb leichter auf die neue RC213V einstellen als Marquez, auch weil er schon andere Motorräder gefahren ist? „Hoffentlich“, lacht Espargaro. „Aber ich weiß es nicht. Jedes Motorrad hat seine Stärken. Ich musste diese immer kennenlernen. Es ist aber nicht einfach.“
Marquez kann pushen, braucht aber eine Pause
Marquez ist nun erstmals seit Ende Oktober zwei Tage mit dem MotoGP-Bike gefahren. Dass der sechsmalige Weltmeister der Königsklasse auf Anhieb konkurrenzfähig war, ringt seinem Teamchef großen Respekt ab.
„Marc hat praktisch den ganzen Winter nur in die Luft geschaut. Und jetzt steigt er aufs Motorrad und ist ziemlich schnell“, lobt Puig. „Mit dem Auge hat er sehr viel Glück gehabt. Wir sind sehr dankbar. Schritt für Schritt wird er auf sein Level kommen. Aber schon jetzt ist er sehr schnell.“
Marquez selbst gibt aber zu, dass er nach dem zweiten Testtag körperlich müde war: „Ich bin in ähnlicher Verfassung wie im Winter 2018/19. Ich fühle mich jetzt okay, aber ich habe mein Fitnesstraining erst vor zwei Wochen begonnen. Gestern konnte ich gut fahren.“
„Heute habe ich am Vormittag attackieren können, aber im Laufe des Tages war ich nicht mehr konstant schnell.“ Deshalb legte er zu Mittag eine Pause ein und verzichtete auf einen geplanten Longrun. Schließlich fing es zu regnen an. Am Nachmittag drehte Marquez noch ein paar Runden.
„Ich denke, dass dieser Test am schwierigsten war“, sagt Marquez abschließend. „Diese Strecke ist körperlich anstrengend und es war der erste Test für mich. Jetzt kann ich mich vier Tage ausruhen.“ Kommendes Wochenende stehen drei Testtage auf dem neuen Mandalika-Kurs in Indonesien auf dem Programm.
Text von Gerald Dirnbeck, Co-Autor: Oriol Puigdemont
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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