(Motorsport-Total.com) – An den 18. August 1996 wird sich Valentino Rossi sicher noch den Rest seines Lebens erinnern.
Damals holte sich Rossi beim Grand Prix von Tschechien in Brünn seinen ersten Sieg in der Motorrad-WM. Im Rennen der 125er-Klasse setzte sich Rossi mit seiner Aprilia gegen Routinier Jorge Martinez durch.
„Mein Leben veränderte sich schlagartig. Innerhalb eines Monats war ich sehr bekannt“, blickt Rossi im Gespräch mit ‚MotoGP.com‘ auf seinen ersten Grand-Prix-Sieg zurück. Der damals 17-Jährige aus Tavullia traf in der 125er-WM auf eine Reihe prominenter Namen. Haruchika Aoki, Emilio Alzamora, Jorge Martinez, Kazuto Sakata, Dirk Raudies und Noboru Ueda kämpften in der Achtelliterklasse um Siege und Podestplätze.
Motorrad-Legende Loris Capirossi erinnert sich: „Damals fuhren viele starke Champions und ehemalige Weltmeister mit sehr viel Erfahrung. Man lernt sehr viel von diesen Fahrern. Valentino lernte sehr viel von diesen Weltmeistern.“
Valentino Rossi betritt die WM-Bühne und sorgt für frischen Wind
Rossi kam als Italienischer Meister und EM-Dritter in die WM. „In der Saison 1996 war ich richtig aufgeregt, weil bereits die Teilnahme an der Weltmeisterschaft ein Traum für mich war“, erinnert sich der Italiener. Rossi zog mit seiner flapsigen und lockeren Art zeitig das Interesse auf sich. Im Vergleich zu seinen Rivalen war Rossi weniger ernst und brachte damit frischen Wind in die Klasse.
Doch im Gegensatz zur Italienischen Meisterschaft und der Europameisterschaft hatte Rossi in der Weltmeisterschaft eine deutlich größere Herausforderung vor sich. „Wenn man den Sprung in die WM macht, dann kann man sich nie sicher sein. Man hat Angst, dass man Letzter wird und nicht auf dem Niveau fährt“, erinnert er sich an seine Ängste vor der Saison 1996.
„Ich war nicht sehr erfahren. Ich hatte großen Mut, agierte aber nicht besonders clever“, blickt Rossi auf seine erste WM-Saison zurück. Bereits beim Saisonauftakt in Shah Alam (Malaysia) geriet er mit den etablierten Fahrern aneinander. Im Rennen kam es zu einem Zwischenfall mit Jorge Martinez.
Martinez kam zu Sturz und besuchte daraufhin die Box von Rossi, um dem Rookie klar zu machen, dass sich solch ein Vorfall nicht wiederholen soll. „Die älteren Fahrer wollten den jüngeren immer klar machen, dass sie ruhig vorgehen sollen und dass es ihr Revier ist“, erklärt Rossi.
Großes Selbstvertrauen nach dem ersten Podium in der WM
Beim zehnten Rennen der Saison, dem Grand Prix von Österreich in Spielberg, fuhr Rossi erstmals aufs Podium. Ivan Goi holte sich den Sieg, Dirk Raudies wurde Zweiter und Valentino Rossi stieg als Dritter auf das Podium. Zwei Wochen später reiste Rossi mit großem Selbstbewusstsein nach Tschechien.
„Den Kurs in Brünn kannte ich, weil ich dort bereits in der Europameisterschaft fuhr. Ich mochte den Kurs, ich mochte ihn sehr“, berichtet Rossi. „Am Samstag holte ich die Pole. Das war eine Überraschung, weil das Training bereits damals nicht meine Stärke war.“
Die Aufregung vor dem Rennen war groß. Rossi konnte die Pole nicht nutzen. Durch einen schlechten Start fiel der Italiener bis ins Mittelfeld zurück und musste sich mühsam an die Spitze kämpfen. Es entwickelte sich ein Zweikampf mit Jorge Martinez um den Sieg, der erst in der letzten Runde entschieden wurde.
Valentino Rossi bezwingt Jorge Martinez und kracht beinahe in die Boxenmauer
„Martinez war auf der Bremse sehr gut. Wir duellierten uns“, erinnert sich Rossi, der in Kurve 10 das entscheidende Manöver startete. „Ich hatte an diesem Tag ein bisschen mehr zu geben“, so Rossi, der 0,245 Sekunden vor Martinez über die Ziellinie fuhr und seinen ersten Sieg feierte.
Bei den wilden Feierlichkeiten steuerte Rossis Aprilia immer näher in Richtung Boxenmauer. In letzter Sekunde verhinderte Rossi einen Zusammenstoß.
„Auf dem Motorrad sah es gar nicht so beängstigend aus, doch von außen schon (lacht; Anm. d. Red.), scherzt er. „Ich war sehr nah an der Wand. Es ist keine gute Idee, nach seinem ersten Sieg in die Boxenmauer zu fahren.“
Die Gewissheit, einer der Besten in der WM zu sein, sorgt für Euphorie
Der erste Laufsieg in der WM bescherte Rossi großen Auftrieb. „Nach dem ersten Sieg ändert sich alles. Man weiß, dass man es schaffen kann. Danach will man mehr. Wenn man den Geschmack eines Sieges kennengelernt hat, dann will man immer mehr“, erklärt er.
„Mit diesem Sieg hat er einen Schritt nach vorn gemacht“, bestätigt Rivale Jorge Martinez. „Er wusste dadurch, dass er einer der besten Fahrer im Feld ist.“ Beim ersten Rossi-Sieg in der WM waren wichtige Entscheidungsträger aus dem Hause Aprilia vor Ort. Mit dem Erfolg in Tschechien sicherte sich Rossi einen Platz im Aprilia-Werksteam.
Valentino Rossi feiert dominante WM-Titel und steigt in die 500er-WM auf
Im weiteren Verlauf der Saison 1996 gelang Rossi kein weiteres Podium. Er beendete seine Rookiesaison als WM-Neunter. Doch im Folgejahr machte Rossi einen großen Schritt. Er holte sich mit der Werks-Aprilia souverän den Titel, indem er 11 von 15 Rennen gewann. Nur bei zwei Rennen verpasste Rossi das Podium.
In der Saison 1998 stieg Rossi als 125er-Weltmeister in die 250er-WM auf und pilotierte eine Werks-Aprilia. Mit Siegen im finalen Teil der Saison kam er bis auf 23 Punkte an Weltmeister Loris Capirossi heran. Im Jahr darauf dominierte Rossi die 250er-WM und gewann 9 der 16 Rennen.
Nach zwei Titeln in den kleinen Klassen führte Rossis Weg in der Saison 2000 in die Königsklasse. Bereits in seiner ersten Saison bei den 500ern gewann Rossi ein Rennen und wurde hinter Suzuki-Pilot Kenny Roberts junior Vizeweltmeister.
Im Jahr darauf holte sich Rossi mit 11 Siegen bei 16 Rennen souverän den finalen Titel in der 500er-WM, bevor er seine Erfolgsserie in der MotoGP-Viertaktära fortsetzte und sechs weitere Titel einfuhr.
Text von Sebastian Fränzschky
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter
Neueste Kommentare