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© Gold and Goose – WSBK Misano 2009: Jonathan Rea entschied das Rennen in der letzten Runde für sich

(Motorsport-Total.com) – Heute vor 15 Jahren schrieb sich Jonathan Rea in die Liste der WSBK-Laufsieger ein. Am 21. Juni 2009 stürmte der spätere Rekord-Weltmeister der Superbike-WM beim Rennwochenende in Misano (Italien) zum ersten von bisher insgesamt 119 Laufsiegen in der seriennahen Meisterschaft.

Wir haben uns im Rahmen des diesjährigen WSBK-Events in Misano mit Rea über diesen Meilenstein unterhalten und zudem die Erinnerungen von Ex-Teamchef Ronald ten Kate wiederbelebt.

Rea stieg für die Saison 2008 aus der Britischen Superbike-Meisterschaft in die Supersport-WM auf und duellierte sich mit seinem jetzigen Crewchief, Andrew Pitt, um die Meisterschaft. Im Jahr darauf kehrte Rea zum Superbike zurück und pilotierte für das Ten-Kate-Honda-Team eine Fireblade. Mit Ex-MotoGP-Pilot Carlos Checa erhielt Rea einen starken Teamkollegen.

Der Saisonstart verlief vielversprechend, doch danach ging es auf und ab. Im Sommer traf das Team die riskante Entscheidung, den Hersteller der Federelemente zu wechseln. Der Mut sollte belohnt werden, denn beim Erfolg in Misano überzeugte die jetzt mit Öhlins-Komponenten ausgerüstete Honda Fireblade.

In der Superpole verpasste Rea die Pole um 0,174 Sekunden und qualifizierte sich für Startplatz zwei hinter Jakub Smrz (Guandalini-Ducati). WM-Mitfavorit Ben Spies (Yamaha) war Dritter. Die favorisierten Werks-Ducati von Michel Fabrizio und Noriyuki Haga standen nur auf den Plätzen vifer und sechs.

Werksunterstützter Honda-Newcomer besiegt die Werks-Ducatis
Die Geschichte der Superbike-WM wurde im zweiten Rennen umgeschrieben. Der damals 22-jährige Rea lieferte sich ein hartes Duell mit den Werks-Ducatis und setzte sich mit 0,069 Sekunden vor Michel Fabrizio und 0,457 Sekunden vor Noriyuki Haga durch.

„Ist es bereits 15 Jahre her, ja?“, staunt Rea beim Treffen mit Motorsport-Total.com im Fahrerlager von Misano. „Was für ein Wochenende!“ Doch an die WSBK-Saison 2009 hat Rea nicht nur positive Erinnerungen: „Die Saison 2009 begann wirklich kompliziert. Mein Start in die Saison war richtig schlecht. Dann haben wir eine Änderung gemacht und die Ergebnisse wurden besser.“

Der Wechsel von WP zu Öhlins sollte der Schlüssel zum Erfolg sein. Unterstützt wurde das Ten-Kate-Team von Andreani, einem Spezialisten von Fahrwerks-Komponenten, der unweit des Misani World Circuit seine Werkstatt hat. „Wir haben sofort ein Rennen gewonnen und Schwung aufgebaut. Ich stand danach regelmäßig auf dem Podium“, erinnert sich Rea.

Der Sieg in Misano war der Auftakt einer großen Erfolgsgeschichte. „Es war ein wirklich besonderes Wochenende“, bemerkt Rea. „Vor allem weil Misano das Heimrennen von Ducati war. Fabrizio und Haga waren hier immer sehr stark. Es war ein absolut unbeschreibliches Gefühl, hier zu gewinnen.“

Dass seit dem ersten Sieg in der Superbike-WM bereits 15 Jahre vergangen sind, beschert Rea gemischte Emotionen. „Ich fühle mich alt, wenn ich daran denke“, kommentiert der mittlerweile 37-Jährige aus Ballymena in Nordirland. „Ich kann aber sehr stolz sein auf meine Karriere, denn ich konnte mich lange in der Weltmeisterschaft behaupten.“

Warum Misano 2009 für das Ten-Kate-Team so emotional war
Wir haben auch bei Ex-Teamchef Ronald ten Kate nachgehakt und den Niederländer gefragt, wie er den ersten WSBK-Sieg des späteren Serien-Weltmeisters erlebt hat. Ten Kate wusste bereits vor dem Befreiungsschlag am 21. Juni 2009, dass Rea von einem besonderen Kaliber ist.

„Es war von Beginn an klar, dass Jonathan auf dem Motorrad außergewöhnliche Dinge vollbrachte. Und auch seine persönliche Seite konnte uns überzeugen“, kommentiert Ten Kate. „Uns war allen klar, dass er ab einem gewissen Punkt abliefern wird und zu den besten Fahrern gehört.“

Das Ten-Kate-Team war damals für den WSBK-Auftritt von Honda zuständig und erhielt direkte Unterstützung vom Werk. Das niederländische Team hatte aber nie den Ruf eines echten Werksteams und fand beim Kampf gegen die Werksmannschaften von Yamaha, Ducati, Aprilia und BMW nicht die gleichen Voraussetzungen vor. Doch mit starkem Teamgeist, kreativen Lösungen und dem hoch geschätzten eigenen Know-how beim Tuning von Motoren gelang es Ten Kate, die Werke jahrelang herauszufordern.

„Die Wochen vor dem Misano-Wochenende waren für uns ziemlich hektisch“, blickt Ronald ten Kate zurück und beschreibt: „Wir testeten mit anderen Federelementen, weil wir den Hersteller wechseln wollten. Es war eine sehr arbeitsreiche Phase. Wir waren uns unsicher, ob es eine gute Idee war und erwarteten, dass wir noch Zeit benötigen.“

Doch bereits beim ersten Einsatz folgte der erste Sieg. Der Erfolg am 21. Juni 2009 war aus vielerlei Hinsicht besonders. „Die Emotionen waren groß, als wir den Sieg feierten. Um diesen Erfolg er ermöglichen, mussten wir sehr hart arbeiten. Es waren zusätzliche Reisen und Tests nötig. Wir mussten zusätzliche Teile herstellen. Es waren viele Überstünden nötig“, erklärt Ronald ten Kate.

„Der Wechsel erfolgte innerhalb von eineinhalb Wochen. Das Team stand stark unter Druck. Und dann war es auch noch Jonathans erster Sieg“, beschreibt Ronald ten Kate die besondere Situation an jenem Sonntag.

Noch süßer wurde der Erfolg, weil man Ducati, den erfolgreichsten Hersteller der Superbike-WM, beim Heimspiel besiegen konnte. „Misano ist das für Ducati, was Assen für uns ist. Es ist ihre Heimstrecke. Es ist immer toll, zu gewinnen. Hier zu gewinnen, war für uns noch schöner“, erklärt Ronald ten Kate.

„Sie stehen beim Heimspiel immer stark unter Druck. Ausgerechnet hier zu gewinnen, hat es noch spezieller gemacht“, schildert Ronald ten Kate und deutet an, dass der Erfolg in der folgenden Nacht entsprechend gefeiert wurde: „Normalerweise sind wir sehr entspannt und nicht allzu emotional. Aber an diesem Tag kam alles heraus. Die Party danach war auch richtig gut (lacht; Anm. d. Red.).“

Beeindruckende Serie: Jonathan Rea seit 2009 immer siegreich
Der Sieg in Misano war der erste von bisher 119 Laufsiegen in der Superbike-WM. Damit führt Jonathan Rea die Statistik souverän an. Ebenfalls sehr beeindruckend: Seit 2009 hat Rea in jedem Jahr bisher mindestens ein Rennen gewonnen. Doch seit dem Wechsel zu Yamaha im zurückliegenden Winter sind Siege außer Reichweite geraten.

„Es wäre toll für die Statistik, wenn ich in diesem Jahr noch gewinnen kann, denn dann wären es 15 Jahre, in denen ich in der Superbike-WM mindestens ein Mal im Jahr ein Rennen gewinnen konnte. Ich habe nicht vor, dass diese Statistik endet und versuche, zu gewinnen“, gibt sich Rea kämpferisch.

Doch aktuell hat Rea wenig Grund zur Freude. In den zwölf Rennen der laufenden Saison stand Rea noch nicht auf dem Podium. „Ich bin wirklich enttäuscht, dass es nicht besser läuft“, gesteht er.

Wie viele Fans staunt auch Ex-Teamchef Ronald Ten Kate, wie groß Jonathan Reas Probleme aktuell sind. „Es ist offensichtlich, dass das nicht die Positionen sind, auf denen er sein sollte. Ich bin nicht allzu stark involviert und versuche das auch nicht. Doch ich bin wirklich überrascht“, kommentiert der Niederländer.

„Normalerweise ist Jonathan ein Fahrer, der sich gut an neue Situationen anpassen kann. Er kann sich sehr schnell an neue Motorräder gewöhnen. Ich bin durchaus etwas schockiert, was da gerade passiert. Zumal die anderen Yamaha-Piloten ganz anständige und gute Ergebnisse erzielen. Locatelli ist schnell, Gardner auch und Aegerter hatte in Misano gute Rennen, bis er die technischen Probleme bekam. Es ist wirklich merkwürdig“, wundert sich WSBK-Urgestein Ronald Ten Kate.

Jonathan Rea und Ten Kate unter dem Dach von Yamaha vereint
Nach vielen Jahren mit unterschiedlichen Herstellern werden Jonathan Rea und Ronald ten Kates Team in diesem Jahr wieder durch den gleichen Hersteller vereint. Im Herbst 2018 trennte sich Honda überraschend von Ten Kate. Das Team stellte sich neu auf und kehrte im Laufe der Saison 2019 mit Yamaha in die Superbike-WM zurück.

Rea wechselte im vergangenen Winter nach neun Jahren bei Kawasaki ins Yamaha-Werksteam. Eine WSBK-Rückkehr von Ten Kate ist aktuell aber vor allem auf Grund der finanziellen Herausforderungen nicht geplant.

Text von Sebastian Fränzschky

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