Marc Marquez - © Motorsport Images

© Motorsport Images – In den vergangenen Monaten verbrachte Marc Marquez sehr viel Zeit daheim

(Motorsport-Total.com) – Marc Marquez wird sich Zeit lassen und diesmal kein überhastetes Comeback in Angriff nehmen.

Erst wenn der Knochen im rechten Oberarm richtig verheilt ist und der Spanier wieder genügend Muskelmasse und Kraft aufgebaut hat, wird er sich wieder auf seine Honda setzen.

„Ich habe jetzt beinahe die volle Mobilität im Arm“, berichtet Marquez. „Mir fehlt aber die Kraft. Wir arbeiten nicht mit beiden Armen gleich. Mit dem rechten Arm kann ich momentan nicht mehr als zwei bis drei Kilogramm heben. Mit dem anderen Arm sind es um 80 Prozent mehr.“

Nerven wurden im rechten Oberarm keine beschädigt. Eine Infektion verzögerte aber im Herbst den Heilungsprozess und machte Anfang Dezember eine dritte Operation notwendig. Seit dem Jahreswechsel hat Marquez wieder mit Training begonnen.

Noch nie in seiner Karriere verbrachte der 28-Jährige so viel Zeit daheim in Cervera. Die Rennen musste er vorm Fernseher verfolgen. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie war er auch in seiner Mobilität eingeschränkt. Was machte diese lange Zeit mental mit einem Rennfahrer?

„Man verbringt viele Stunden daheim und denkt über viele Dinge nach. Viele Sachen gehen dir durch den Kopf. 2020 habe ich gelernt, dass es viele Rennen gibt, aber nur einen Körper. Dieses Konzept hatte ich bis dahin nicht in meinem Kopf.“

„Geholfen hat mir daheim mein Bruder Alex. Ich habe die Rennen verfolgt, aber auf eine andere Art – mit Alex, mit dem Team, damit ich den Kontakt nicht verliere und immer noch diese Anspannung im Wettbewerb spüre.“

September und Oktober waren die schwierigste Phase
Im Oktober durfte Marc Marquez vor dem Fernseher verfolgen, wie Bruder Alex Marquez in Le Mans und in Aragon 1 zum ersten Mal auf das Podium raste. Das gab Marc Marquez Auftrieb in einer für ihn persönlich schwierigen Phase.

„Natürlich war es nicht nur körperlich schwierig, sondern auch mental. Das war vor allem im September, Oktober der Fall“, verrät er im Rückblick. „In dieser Periode war das Gefühl beim Arm genau gleich. In all diesen Wochen gab es keinerlei Fortschritte.“

„Ich hatte das Gefühl, dass sich im Arm etwas bewegt. Dann hatte ich verschieden Checks, um diese Infektion zu finden. Die ganzen Untersuchungen waren immer negativ, aber mir war klar, dass etwas nicht stimmt.“ Marquez ließ sich unter anderem auch in Österreich untersuchen.

„Auf der anderen Seite wurde mir ständig gesagt, dass ich warten muss. Ich habe gewartet und gemacht, was man mir gesagt hat. Das Gefühl war aber immer gleich. Diese beiden Monate waren schwierig.“ Schließlich wurde er von einem Ärzteteam in Madrid operiert.

„Nach der dritten Operation musste ich zehn Tage im Krankenhaus bleiben. In diesen Tagen hatte ich nicht das beste Gefühl, aber seither spüre ich beim Arm Fortschritte. Ich versuche optimistisch zu sein und habe nie daran gedacht, dass ich nie wieder fahren werde können.“

Frühes Comeback: Marquez gibt Ärzten nicht die Schuld
Dass Marquez im Juli nur wenige Tage nach dem Oberarmbruch und der Operation in Jerez 2 ein Comeback versucht hat, betrachtet er im Rückblick als klare Fehleinschätzung. „Das müssen wir akzeptieren“, sagt der Spanier ganz klar.

Aber wer trägt die Schuld für diese Fehleinschätzung? Vor allem das Ärzteteam rund um Doktor Mir in Barcelona musste Kritik einstecken. Auch, dass die Platte im Arm wenig später brach und eine zweite Operation notwendig wurde, wurde kritisiert.

Marquez will mit dem Finger aber nicht auf Mir zeigen: „Es war eine Konsequenz von vielen Dingen. Die letzte Entscheidung lag bei mir. Ich hatte das Gefühl, dass ich es machen könnte. Davon muss ich für die Zukunft lernen. Glücklicherweise entwickelt sich jetzt alles gut.“

„Es war eine gemeinsame Entscheidung. Wenn wir Weltmeister werden, dann sprechen wir über das Team und die Leute um mich herum. Wenn man einen Fehler macht, muss man auch über alles sprechen. Natürlich war die letzte Entscheidung bei mir.“

„Als Honda, mein Team und ich ein gutes Gefühl von den Ärzten bekommen haben, dann versucht man es natürlich. Jeder kennt uns Fahrer. Wenn die Ärzte sagen, dass man es probieren kann, dann probiert man es.“

„Ich möchte aber nicht den Ärzten die Schuld geben. Schon in der Vergangenheit sind wir bei anderen Verletzungen Risiken eingegangen. Wenn es gut läuft, dann spricht man von einem Wunder und dass ich übermenschlich bin.“

Überstürztes Comeback jetzt ausgeschlossen
„Natürlich war es jetzt für mich persönlich eine neue Erfahrung. Natürlich war es ein Fehler, in Jerez zu fahren. Aber wenn ich dort nicht gefahren wäre, hätte ich es in Brünn probiert. Das wäre der gleiche Fehler gewesen, weil der Knochen in zwei Wochen nicht besser wird.“

„Wer hat den Fehler gemacht? Alle zusammen“, hält Marquez fest. „Auf persönlicher Seite habe ich natürlich gelernt. In Zukunft würde ich aber wieder Risiken eingehen. Es hängt natürlich von der Verletzung ab.“ Er schließt auch nicht aus, sich in Zukunft wieder von Doktor Mir betreuen zu lassen.

Mitte März wird Marquez die nächsten Untersuchungen haben. Bestätigt ist mittlerweile, dass er die Katar-Testfahrten in den ersten beiden März-Wochen auslassen wird. „Mein Ziel lautet, beim Rennen in Katar zu sein. Sollte das nicht möglich sein, dann wäre Katar 2 das nächste Ziel. Klappt das nicht, will ich Portimao in Angriff nehmen.“

Ein überstürztes Comeback schließt er dezidiert aus: „Wichtig ist, dass sich der Knochen gut entwickelt. Wenn die Ärzte sagen, dass der Knochen in Ordnung ist, dann werden wir die Rehabilitation fortsetzen. Natürlich braucht das Zeit. Ich arbeite schon, aber noch nicht aggressiv.“

„Wenn der Knochen verheilt ist, dann werde ich gut weiterarbeiten, um die Muskelmasse wieder aufzubauen. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich körperlich in Ordnung bin, um ein MotoGP-Bike zu fahren, dann werde ich das machen. Selbst wenn ich noch nicht ganz bei 100 Prozent bin, denn das würde sehr lange dauern.“

Text von Gerald Dirnbeck

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