Trackdays - © Hafeneger Renntrainings

© Hafeneger Renntrainings – Trackdays von Hobby-Racern sind für die Rennstrecken eine wichtige Einnahmequelle

(Motorsport-Total.com) – Vor knapp einer Woche wendete sich eine Allianz von zehn Trackday-Veranstaltern an ihre Kundschaft und rief zur Solidarität auf.

Es wurde verdeutlicht, wie wichtig es jetzt ist, bestehende Buchungen nicht zu stornieren, um die Branche auch in der Coronakrise am Leben zu halten. Philipp Hafeneger von Hafeneger-Renntrainings ist einer der beteiligten Veranstalter. Wir haben uns exklusiv mit dem ehemaligen Grand-Prix-Starter unterhalten und die aktuelle Situation hinterfragt.

„Ich bin jetzt über 25 Jahre im Motorsport tätig. Es ist schön, zu sehen, dass Gemeinschaft und Solidarität herrscht“, freut sich Hafeneger, der im Moment turbulente Zeiten erlebt. „In den vergangenen eineinhalb Wochen ist sehr viel passiert.“

Ein Großteil der Motorsport-Fans nimmt in erster Linie die Events wahr, die für volle Tribünen sorgen. Doch es sind die Trackday-Veranstalter, die mit ihren Events dafür sorgen, dass die Rennstrecken überleben können.

Warum Trackday-Kunden für die Strecken so wichtig sind
„Großveranstaltungen wie die Formel 1, die MotoGP, die DTM oder die Superbike-WM sind für die Strecken in erster Linie Prestige“, bestätigt Hafeneger. „Abgesehen von wenigen Ausnahmen verursachen diese Events aber trotz zahlenden Zuschauern mehr Ausgaben als Einnahmen.“

„Die in Anführungsstrichen bedeutungsloseren Veranstaltungen der Hobbyfahrer ohne Zuschauer sind in der Regel die Einnahmequelle. Dazu zählen natürlich auch die Auto-Events. Teilweise müssen wir aber Platz machen, wenn eine Großveranstaltung verschoben wird. Wenn die Formel 1 anruft, dann ist klar, dass sie den Vorrang genießt“, so der Ex-Racer.

Abgesagte Events und ausbleibende Einnahmen
Im März wollte das Team von Hafeneger-Renntrainings in Spanien in die Saison 2020 starten und in Cartagena und Valencia Veranstaltungen durchführen. Diese wurden abgesagt, weil die Strecken auf Grund der rasanten Ausbreitung des Coronavirus den Betrieb einstellten.

Für Hafeneger war das ein herber Rückschlag. „Wir führen für die Teilnehmer auch den Transport der Motorräder durch und kümmern uns vor Ort auch um das Catering. Demzufolge hatten wir auch Lebensmittel eingekauft. Es war bereits alles verladen. Dann wurde Valencia als erstes Event gestrichen“, erinnert sich Hafeneger.

Wenig später stellte sich heraus, dass auch die Events in Deutschland und Tschechien gefährdet sind, die einen Großteil des Kalenders ausmachen. Jüngst sorgte die Meldung von einem sechsmonatigen Einreiseverbots in Tschechien für Aufregung.

„Seit Sonntagabend kursiert die Meldung, dass Tschechien für mehrere Monate die Einreise verbietet. Bisher gibt es dazu keine offizielle Stellungnahme der Regierung“, bemerkt Hafeneger. Sollte sich die Meldung bewahrheiten, dann fallen auch die Veranstaltungen auf den Strecken in Brünn, in Most und auf dem Slovakiaring aus.

Die Trackday-Veranstalter appellieren an die Teilnehmer
Hafeneger hat sich mit anderen Trackday-Veranstaltern verbunden und möchte zusammen mit den Teilnehmern die Branche retten: „Wir haben uns mit einigen Veranstaltern zusammengefunden und den gemeinsamen Umgang mit unseren Kunden besprochen. Wir müssen einen Konsens finden, wie wir mit den Teilnehmern und wie wir mit den Strecken umgehen“, schildert er.

„In solchen Krisenzeiten ist es wichtig, auch mit Mitbewerbern und Konkurrenten eine Einheit zu bilden. Wir können es nur gemeinschaftlich schaffen“, betont Hafeneger. „Es geht nur, wenn die Kunden und die Strecken mitmachen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.“

„Die Kunden sollen ein Gefühl der Sicherheit bekommen. Die Teilnehmer sollen ihre Events nicht stornieren, auch wenn jeder die Möglichkeit hat, das zu tun. Erst wenn wir oder die Strecke die Veranstaltung absagen, dann bekommt jeder Teilnehmer seine Nenngebühr zu 100 Prozent zurück“, erklärt der 36-jährige Solinger.

Wenn die Teilnehmer stornieren, dann sterben die Strecken
„Somit können wir als Veranstalter handlungsfähig bleiben. Mit den Strecken gehen wir genau so um. Wir geben ihnen Luft zum atmen, indem wir nicht unsere bereits gezahlten Gelder zurückfordern. Wenn nur eine dieser drei Parteien egoistisch ist und zurückzieht, bricht dieses Kartenhaus zusammen“, prophezeit Hafeneger.

„Es geht jetzt nur gemeinschaftlich“, stellt Hafeneger klar und freut sich über die bisherigen Reaktionen seiner Kunden: „Ich muss sagen, dass der überwiegende Teil der Teilnehmer absolutes Verständnis zeigt. Natürlich ist es eine andere Geschichte, wenn ein Teilnehmer selbst in Schieflage geraten ist. Ich muss aber anmerken, dass wir viele positive Kommentare bekommen. Das ist wichtig in der jetzigen Zeit. Wir müssen positiv nach vorne schauen.“

„Wöchentlich machen wir zwei Mal Krisensitzung mit den anderen Veranstaltern. Das ist ein gutes Zeichen. Wir als Veranstalter agieren gemeinschaftlich“, schildert Hafeneger. Die Crew von Hafeneger-Renntrainings geht aktuell genau so vor wie die Dorna bei der MotoGP und Superbike-WM. Geplante Events bleiben so lange im Kalender, bis die Absage unausweichlich ist.

Komplette Transparenz soll das Vertrauen steigern
„Wir müssen von Event zu Event schauen. Wichtig ist, dass wir als Veranstalter transparent sind, weil die Teilnehmer unsicher sind. Wir müssen immer Bericht ablegen und die Leute informieren, egal ob über Social Media oder per Mail. Das machen wir, wenn es Neuigkeiten gibt. Wir gehen offen mit der Situation um. Wenn es eine Stornierung gibt, dann ist der Teilnehmer geschützt“, betont er.

Die Botschaft an die Kundschaft ist klar. Wenn jetzt alle ihre Events stornieren, dann ist die Zukunft des Hobby-Rennsports ungewiss: „Jedem muss klar sein, dass es bald keine Veranstaltungen mehr gibt, wenn wir nicht zusammen agieren.“

Für Hafeneger-Renntrainings ist die aktuelle Ausnahmesituation genau wie für die restlichen Veranstalter eine harte Probe. „Der Teilnehmer kann den Eindruck haben, dass wir als Veranstalter unabhängig von der Situation fein raus sind. Doch das Gegenteil ist der Fall“, bemerkt Hafeneger.

Sichere Zukunft, wenn alle an einem Strang ziehen
„Wir als Veranstalter müssen das Geld auch bei den Strecken lassen. Wenn die Veranstalter ihre Zahlungen zurückfordern würden, wären die Strecken nicht mehr handlungsfähig. Dann wären sie pleite“, erklärt er.

„Dann wäre alles weg und die Teilnehmer könnten ihr Geld nicht zurückbekommen. Wir müssen solidarisch sein. Jeder muss am Leben bleiben. Wir müssen darauf verzichten, von den Strecken die Gelder zurückzufordern. Es ist extrem wichtig, dass die Teilnehmer ihr Geld bei den Veranstaltern lassen. So bleiben wir und die Strecken handlungsfähig“, betont der ehemalige WM-Pilot.

Keine Kurzarbeit, aber stillgelegte Fahrzeuge
Da Hafeneger aktuell keine reellen Einnahmen hat, gilt es, die Fixkosten des Unternehmens zu senken. Dabei bemüht sich Philipp Hafeneger als Geschäftsführer, möglichst fair mit seinen Mitarbeitern zu sein: „Einige Mitbewerber setzen auf Kurzarbeit. Ich habe mich dagegen entschlossen. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter in solchen Situationen auch weiterhin ordentlich leben können. Das ist aber nicht unser größter Posten.“

„Wir haben drei feste Mitarbeiter und viele Leute, die auf Rechnung arbeiten, wie Instruktoren. Natürlich fehlen diesen freien Mitarbeitern momentan die Einnahmen. Aber die festen Mitarbeiter werden weiterhin bezahlt“, erklärt er.

„Wir haben jetzt alle Fahrzeuge abgemeldet. Normalerweise haben wir einen riesigen Fuhrpark. Es bringt uns ja nichts, jetzt fünf LKWs angemeldet zu haben. Deshalb treffen wir Maßnahmen, um die Fixkosten zu reduzieren“, so Hafeneger.

Hafeneger-Renntrainings ist im Moment „absolut liquide“
„Wir machen das jetzt 14 Jahre“, blickt Hafeneger zurück. „Wir haben ganz klein angefangen mit zwei einzelnen Tagen. Ich komme aus dem Handwerk und bin Stuckateur-Meister. Im eigenen Familienbetrieb habe ich viele Höhen und Tiefen miterlebt. Dadurch habe ich gelernt, mein Unternehmen gesund aufzubauen.“

Hafeneger geht aus, dass nicht alle Veranstalter diese Krise meistern werden: „Es gibt viele kleine Veranstalter, die man zwei oder drei Jahre sieht und dann sind sie wieder verschwunden. Bei uns gibt es eine vernünftige Struktur. Wir haben das Unternehmen langsam aufgebaut, damit es ein gutes Fundament hat.“

„Deshalb sind wir im Moment absolut liquide. Wir haben nicht das Problem, dass wir irgendwelche Darlehen nehmen müssen. Aber klar, am Ende des Jahres stellt sich die Frage, ob die restlichen Events ausreichend sind. Im Zweifel müsste man dann Hilfe in Anspruch nehmen“, so der ehemalige IDM-Pilot.

In Zukunft weniger Trackday-Events und -Fahrer?
Und wie wird in Zukunft um die Trackday-Szene bestellt sein? „Prognosen sind immer schwierig. Ich bin ein realistischer Typ und kein Optimist und kein Pessimist. Ich rechne damit, dass es noch eine Weile dauert. Einige Veranstalter, bei denen es vorrangig um den Spaß ging, werden diese Krise voraussichtlich nicht überstehen“, prophezeit er.

„Auch die Rennstrecken werden damit Schwierigkeiten bekommen. Es ist eine Frage der Zeit, wie lange das noch dauert. Es wird wohl auch einige Teilnehmer treffen. Wenn Teilnehmer aus wirtschaftlicher Sicht selbst stark unter der Krise leiden, werden sie in Zukunft weniger Geld für Veranstaltungen ausgeben“, erwartet Hafeneger.

„Es wird wie bei den Hotels, den Fluglinien und anderen Branchen gewisse Einbußen geben. Aber wir haben einen guten Plan und bleiben weiterhin auf Kurs. Früher oder später wird es immer weitergehen. Wir können sehr lange durchhalten und setzen alles dran, damit es danach weitergeht“, stellt Hafeneger klar und fügt hinzu: „Ich gehe aber davon aus, dass es nach der Krise weniger Veranstaltungen geben wird.“

Text von Sebastian Fränzschky

Motorsport-Total.com
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter

Dieser Beitrag wurde unter Racing abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort auf Hafeneger erklärt Notfall-Plan: Trackday-Veranstalter und Strecken unter Druck

  1. Joachim Brunsch

    Er hat einfach recht….. und es ist ein klares Statement.
    Wir alle müssen zusammenhalten und diesem Sport auch weiterhin eine Chance geben!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert