(Motorsport-Total.com) – Die diesjährige MotoGP-Saison von Tech-3-GasGas war vor allem von Pol Espargaros schwerer Verletzung gleich zu Saisonbeginn geprägt.
Damit fiel der Leader des Teams lange aus und Rookie Augusto Fernandez musste diese Rolle übernehmen, wobei dem Spanier einige beachtliche Rennen gelangen.
Nach acht verpassten Grands Prix konnte auch Espargaro auf die Strecke zurückkehren und um den Anschluss kämpfen. Doch die lange Zwangspause zollte ihren Tribut – und KTM entschied, für 2024 Pedro Acosta zu verpflichten, und das, obwohl Espargaro bei Tech 3 ursprünglich bis Ende 2024 unter Vertrag stand.
Für den Spanier eine große Enttäuschung und auch für seinen Teamchef Herve Poncharal keine einfache Situation, wie er im Gespräch mit Motorsport.com verrät: „Es war hart für uns, ihn zu verlieren, denn ich kenne Pol ziemlich gut.“
„Er war zwei Jahre bei uns, als er seine MotoGP-Karriere auf der Yamaha begann und er ist jemand, den ich sehr mag. Als Person ist er wirklich freundlich, er ist voller Leidenschaft, voller Leben und er ist ein wirklich guter Charakter in der Garage.“
Poncharal: Abschiede sind immer traurig
Es habe „viele Diskussionen“ darüber gegeben, wer der Teamkollege von Fernandez für 2024 sein würde, verrät Poncharal. Die finale Entscheidung fällte die Pierer Mobility AG, zu der KTM und GasGas gehören. Der Tech-3-Teamchef trug sie aber mit, so schwer ihm das zwischenzeitlich auch gefallen sein mag.
„Manchmal ist es schwierig für mich, denn ich bin ein sentimentaler Typ. Ich liebe die Menschen. Ich liebe mein Team, und im Team gibt es die Fahrer. Während einer Saison teilt man so viel mit seinen Jungs und Fahrern. Höhen, Tiefen, Freude, Traurigkeit, Verletzungen, Stürze. Das macht die Beziehung noch stärker.“
„Natürlich ist man traurig, wenn sich ein Abenteuer dem Ende zuneigt. Aber man muss auch das ganze Spiel verstehen“, sagt Poncharal und erklärt, was er damit meint.
„Wenn ein Hersteller riesige Summen investiert, dann sollte er auch ein starkes Image haben, ein positives Image, was auf entsprechenden Ergebnissen basiert. Je mehr man investiert, je mehr man wächst, desto mehr Druck hat man natürlich auch.“
Ausschlaggebend sind die Ergebnisse
„Manchmal sagen mir die Leute, dass zu viel Druck auf den Fahrern lastet. Aber wenn man sich für diesen Job entscheidet, muss man verstehen und bereit sein, mit Druck zu arbeiten. Man muss verstehen, dass man die Spitze erreicht hat und nur dort bleibt, wenn man seine Leistung erbringen kann“, erklärt der Franzose.
„Ich stimme zu, dass es manchmal Fahrer gab, die nach zu kurzer Zeit nicht verlängert wurden. Aber auf der anderen Seite gibt es da einen Hersteller, der viel Geld ausgibt, und es gibt Sponsoren, die drängen und sagen: ‚Wo sind die Ergebnisse?‘ Wir dürfen also nicht naiv sein. Wir dürfen leider nicht zu romantisch sein.“
Was den eigenen Einfluss in Fahrerfragen angeht, räumt Poncharal ein: „Wir haben darauf gedrängt, dass das Werk unsere Teams stärker unterstützt und sich mehr einbringt. Damit haben wir in aber auch ein wenig von unserer Unabhängigkeit verloren.“
„Wir sind eine große Gruppe, wir tauschen uns aus, wir diskutieren. Aber manchmal gibt es Entscheidungen, die von außen betrachtet hart oder ungerecht aussehen.“
Doch eines will der MotoGP-Teamchef festhalten: „Wenn sie Pedro nicht unter Vertrag genommen hätten, dann hätten sie ihn vielleicht verloren, so wie sie Jorge Martin vor ein paar Jahren verloren haben. Dann wäre er zu Ducati, Aprilia, Yamaha gegangen – ich weiß nicht, wohin. Wir dürfen nicht zu blauäugig sein.“
Pol Espargaro bleibt Teil der KTM-Familie
Zudem sei Espargaro ein faires Angebot gemacht worden, betont Poncharal. Er könne „fast für immer Teil dieser Gruppe“ sein, wenn er das möchte. „Er wird einen technischen Beitrag leisten, was wichtig ist. Er wird ein paar Rennen bestreiten.“
„Er wird immer noch eine Verbindung zum Rennsport haben, aber etwas mehr Zeit. Er hat zwei Töchter. Es ist also keine Vollkatastrophe, von wegen ciao, scher dich zum Teufel.“
„Klar war es erst ein bisschen schwierig, Pol in einer anderen Rolle zu sehen“, gibt Poncharal zu. „Aber alles in allem denke ich, dass er mit ein bisschen Abstand in gewisser Weise glücklich ist. Er hat einen Job. Er wird einen anderen Job haben, aber vielleicht kommt das zum richtigen Zeitpunkt in seinem Leben.“
Mit der finalen Konstellation für 2024 mit Fernandez und Acosta als Stammfahrer ist der Teamchef jedenfalls „sehr zufrieden“. „Dass Pedro seine erste Saison in der MotoGP mit uns bestreiten wird, macht uns sehr, sehr stolz, weil er ein Supertalent ist.“
„Ich möchte nicht zu viel sagen, denn einige Leute sind zu aufgeregt und Pedro ist nicht so. Er ist sehr ruhig, auch wenn einige Leute sagen, er sei der neue Marc Marquez. Marc ist Marc. Fabio ist Fabio. Pecco ist Pecco. Er wird einfach Pedro sein.“
„Einen interessanten Rookie wie ihn und Augusto im zweiten Jahr bei uns zu haben, wird spannend sein. Außerdem sind wir dieses Jahr von KTM zu GasGas gewechselt. Diese Marke wird sich als Marke für junge Leute positionieren, mit etwas mehr Würze und lateinamerikanisch, weil sie aus dem Süden Europas kommt.“
„Ich denke, das Profil von Pedro und Augusto passt dazu“, sagt Poncharal. „Wir sind froh, dass wir unsere eigene Identität haben, obwohl wir zur gleichen Gruppe gehören und das gleiche Motorrad haben. Aber wir sind das GasGas-Werksteam und sie sind das KTM-Werksteam. Diese Positionierung des Teams ist interessant.“
Text von Juliane Ziegengeist, Co-Autor: Lewis Duncan
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter
Neueste Kommentare