(Motorsport-Total.com) – Ai Ogura hat das beste MotoGP-Debüt seit Marc Marquez hingelegt.
Im Jahr 2013 raste Marquez in Katar bei seinem ersten Rennen als Dritter aufs Podest. Nun wurde Ogura in Thailand im Sprint Vierter und im Grand Prix Fünfter.
Zum Vergleich: Fabio Quartararo qualifizierte sich bei seinem Debüt in Katar 2019, ebenso wie jetzt Ogura, als Fünfter. Aber nach einem Problem in der Aufwärmrunde musste der Yamaha-Fahrer aus der Boxengasse starten.
Vergangenes Jahr belegte Pedro Acosta bei seinem ersten MotoGP-Rennen in Katar den achten Platz im Sprint und Rang neun im Rennen, weil er den Reifen zu sehr verheizt hatte. Somit war Ogura der beste Rookie seit mehr als zehn Jahren.
Mit dieser Leistung hat der Japaner weltweit für Schlagzeilen gesorgt und viel Lob erhalten. Seine Ergebnisse kamen überraschend. Ebenso überraschend war im vergangenen Sommer seine Verpflichtung durch Trackhouse-Aprilia.
Denn damals konzentrierte sich der Fahrermarkt stärker auf Sergio García und Tony Arbolino, die letztlich keinen MotoGP-Platz fanden und weiterhin in der Moto2 fahren. Trackhouse gab die Verpflichtung des Japaners Mitte August des vergangenen Jahres bekannt.
Zu diesem Zeitpunkt lag Ogura in der WM-Wertung mit 18 Punkten Rückstand auf García auf Platz zwei. Mit einem starken Saisonendspurt gewann schließlich Ogura den Moto2-WM-Titel. Maßgeblich für Oguras Verpflichtung setzte sich damals Davide Brivio ein.
„Ich hatte ihn in den Jahren zuvor nicht besonders genau beobachtet, aber vergangenes Jahr in der Moto2 fiel mir auf, wie gut er schwierige Situationen meisterte“, sagt der Trackhouse-Teamchef zu seinen Überlegungen.
„Gleichzeitig habe ich seinen Fahrstil beobachtet, der mir für die MotoGP sehr passend erschien“, so Brivio im Gespräch mit Motorsport.com Spanien, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.
„Ich war mir dessen sicher, nachdem ich mit Matteo Baiocco gesprochen hatte. Auf dieser Grundlage haben wir uns für ihn entschieden. Es war interessant, dass er Japaner ist, aber wir konnten nicht vorab mit ihm testen, also war auch ein gewisses Risiko dabei.“
Baiocco arbeitet seit einigen Jahren als Riding-Coach bei Aprilia und unterstützt alle vier Stammfahrer. Er hatte das richtige Auge für Ogura, als er ihn vom Streckenrand beobachtete. Das Risiko für Trackhouse hat sich ausgezahlt.
Ai Ogura hat sich von Honda abgenabelt
Aber auch das Risiko von Ogura hat sich bezahlt gemacht. Denn seine Karriere wurde jahrelang von Honda unterstützt. Ende 2023 entschied er sich jedoch zum Wechsel in das damals neue Team MT-Helmets, das die Moto2-Startplätze von Sito Pons übernommen hat.
MT-Helmets ist eine spanische Helmmarke. Dennoch bestand Ogura darauf, weiterhin mit seinem japanischen Arai-Helm zu fahren. Im Hintergrund gab es zwar noch die Verbindung zu Honda, aber Ogura machte mit dem Wechsel klar, dass er seine Karriere in eigene Hände nehmen will.
Sein Manager Jordi Pons erinnert sich: „Im Jahr 2023 bat er mich, ihm bei der Suche nach einem Team zu helfen. Ich weiß nicht, ob die Leute wirklich verstehen, was es für einen japanischen Fahrer, der mit Honda groß geworden ist, bedeutet, ihnen mitzuteilen, dass man geht.“
„Außerdem“, betont er, „wissen viele nicht, dass Ais Vater und Hiroshi Aoyama, der Teamchef vom Honda-Team Asia, enge Freunde sind. Es muss also für ihn alles andere als einfach gewesen sein, vor Aoyama zu stehen und ihm zu sagen, dass er geht.“
Als Brivio im vergangenen Frühsommer Pons anrief, setzte sich dieser mit Ogura in Verbindung. Ogura musste praktisch sofort eine Entscheidung treffen, denn er hätte perspektivisch auch den Platz von Takaaki Nakagami bei LCR-Honda übernehmen können.
„Ai hat mir gesagt, er braucht fünf Minuten“, schildert sein Manager. „Danach hat er mich angerufen und mir gesagt, dass er das Angebot von Aprilia annimmt.“ Für Trackhouse und Aprilia war es ein Glücksgriff, denn Ogura war in Thailand der beste Fahrer mit der RS-GP.
„Er ist ein untypischer Japaner“, findet Brivio. „Wir haben einen Rohdiamanten gefunden, den wir nun schleifen müssen. Er ist sehr bescheiden, aber gleichzeitig äußerst scharfsinnig. Er lernt schnell und entwickelt sich stetig weiter. Sobald er eine Sache gemeistert hat, geht er direkt zur nächsten über.“ Am kommenden Wochenende steht in Argentinien die nächste Bewährungsprobe an.
Text von Gerald Dirnbeck, Co-Autor: Oriol Puigdemont
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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