(Motorsport-Total.com) – Moto3-Weltmeister Sandro Cortese steht vor seiner ersten Saison in der Moto2. Die mittlere Klasse gilt als die am härtesten umkämpfte und engste Kategorie in der Motorrad-WM. Um Cortese wurde das IntactGP-Team mit Cheftechniker Jürgen Lingg geformt.
Technisch setzt die Mannschaft auf eine Kalex Jahrgang 2013 mit Öhlins-Dämpfern. Bei den Wintertestfahrten in Spanien hat sich der deutsche Hoffnungsträger auf die neue Herausforderung eingeschossen. Wie es ihm dabei ergangen ist, welche Ziele und Erwartungen er für die anstehende Saison hat, verriet Cortese im Interview bei ‚Motorsport-Total.com‘.
Frage: „Wie sind die letzten Wintertestfahrten in Jerez verlaufen?“
Sandro Cortese: „Es war sehr positiv. Wir haben uns stets in die richtige Richtung entwickelt. Kleine Schritte, wichtige Schritte. Wir haben auch gewusst warum wir schneller geworden sind. Wir haben als Team auch eine Stabilität gefunden.“
Frage: „Warum seid ihr an dem einen verregneten Tag nicht gefahren?“
Cortese: „Es war extrem windig und sehr kalt.“
Frage: „Hast du im Regen schon Erfahrung mit der Moto2-Maschine gesammelt?“
Cortese: „Ja. Wir sind beim ersten Jerez-Test viel im Regen gefahren und es ging auch richtig gut.“
Frage: „Ging es bei den letzten Tests in erster Linie darum Kilometer abzuspulen oder habt ihr auch an der Abstimmung gearbeitet?“
Cortese: „Natürlich war jede Runde wichtig, um an der Abstimmung zu arbeiten. Es ist für mich immer noch ein neues Motorrad. Mit jeder Runde lernen der Cheftechniker und ich mehr über das Motorrad kennen. Deshalb war jede Runde auch an den letzten Tagen wichtig.“
Frage: „Bist du auch hinter etablierten Moto2-Fahrern nachgefahren und hast dir auch etwas abschauen können?“
Cortese: „Nein, also ich fahr generell alleine. Ich bin jetzt nicht jemand, der hinterherfährt. Wenn ich alleine fahre, dann bin ich schneller.“
Frage: „Wie war eigentlich das erste Gefühl als du auf die 600er gestiegen bist? War es ein ‚wow‘-Gefühl, weil im Vergleich zur Moto3 viel mehr Leistung vorhanden ist?“
Cortese: „Natürlich, wenn man sehr lange in der kleinen Klasse ist und dann aufsteigt, dann kommt es einem sehr schnell vor. Mittlerweile passt alles. Ich habe mich sehr gut an die Maschine gewöhnt.“
Frage: „Wie kontrolliert man die höhere Leistung?“
Cortese: „Man muss den Fahrstil anpassen. Man muss anders fahren als in der kleinen Klasse. Es ist schwierig zu erklären.“
Umstellung auf Moto2 hat gut geklapt
Frage: „Würdest du generell sagen, dass die Umstellung gut geklappt hat?“
Cortese: „Ja es war gut. Gerade wo wir in der Moto2 alleine gefahren sind und die Stunde für uns gehabt haben, war ich im mittleren Bereich zwischen elf und 15. Für die Wintersaison war das schon sehr gut.“
Frage: Dunlop ist auch in der Moto2 Einheitsausrüster. Was kannst du über die Reifen sagen? Sind die Reifen komplett anders?“
Cortese: „Es sind sehr sehr große Reifen, aber dadurch kann man viel Schräglage fahren. Es gibt wie in der kleinen Klasse harte und weiche Reifen. Es verändert sich da nicht all zu viel.“
Frage: „In welchen Bereichen musst du noch an deinem Fahrstil arbeiten?“
Cortese: „Ich bin immer noch ein Rookie und muss mich noch in vielen Bereichen steigern, sonst wäre ich schon ganz vorne. Ich lerne immer neue Dinge kennen und muss mich in allen Bereichen noch steigern.“
Frage: „Was ist die größte Herausforderung der mittleren Klasse?“
Cortese: „Es ist für mich die hart umkämpfteste Klasse, wo die Dichte extrem eng ist. Man muss immer jeden Tag zu 100 Prozent Leistung zeigen.“
Frage: „Es wird auch im Zweikampf extrem hart gefahren. Wie stellst du dich darauf ein? Wirst du als Rookie sofort voll reinhalten oder eher auf Abwarten fahren?“
Cortese: „Abwarten wäre ein großer Fehler. Man muss mitfahren und im richtigen Moment zuschlagen.“
Frage: „Kannst du nach den Wintertestfahrten verstehen, warum im Vorjahr ein Nico Terol so lange gebraucht hat, um den Anschluss zu finden?“
Cortese: „Das ist schwierig zu sagen. Jeder Fahrer braucht mehr oder weniger Zeit. Ich habe natürlich den Vorteil, das ich noch ein Jahr in der Moto3 gefahren bin und die Viertakter schon kenne. Das hat den Umstieg ein wenig leichter gemacht.“
Frage: „Du hast in Jerez das neue Chassis von Kalex bekommen und hast dich positiv geäußert. Was gefällt dir besonders gut und wo siehst du die Stärken und die Schwächen des Motorrades?“
Cortese: „Ich sehe im Moment nur positive Dinge an der Kalex. Sie gibt mir alles was ich brauche. Schwächen kann ich nicht sagen, weil ich das Motorrad noch nicht am Limit bewege. Deshalb wäre es falsch etwas zu sagen.“
Frage: „Was brauchst du vom Motorrad?“
Cortese: „Das kann man nicht beschreiben. Es hängt mit der Abstimmung zusammen. Woran mein Cheftechniker Jürgen Lingg und ich arbeiten, wirkt sich immer positiv auf der Strecke aus.“
Frage: „Wie läuft die Zusammenarbeit mit Kalex? Kannst du Wünsche äußern und wie ist der Support?“
Cortese: „Natürlich, aber wiederum muss ich sagen, dass ich mit meinem Motorrad nicht am Limit bin. Ich muss erst mal auf richtig gute Rundenzeiten kommen, um zu sagen, dass ich das Motorrad weiterentwickeln kann. Wenn ich das Motorrad noch nicht am Limit gefahren bin, dann brauche ich auch keine Teile, die mich noch schneller machen. Man muss immer das Motorrad ausfahren, bevor man neue Teile anfordern kann.“
Frage: „Es gab zu Beginn des Winters die Geschichte mit White Power und Öhlins. Findest du im Rückblick die Entscheidung richtig auf Öhlins zu gehen?“
Cortese: „Es ist alles positiv, wie es schlussendlich gelaufen ist.“
Kein Teamkollege ist kein Nachteil
Frage: „Kannst du auch die Daten anderer Kalex-Fahrer einsehen? Gibt es einen Datenpool?“
Cortese: „Wir arbeiten generell alleine.“
Frage: „Du bist im Team alleine und alles konzentriert sich auf dich. Du hast keinen Teamkollegen, was Vor- und Nachteile bedeutet. Wir bewertest du das?“
Cortese: „Für mich gibt es nur Vorteile. Ich brauche keine Daten, um schnell zu fahren. Schließlich muss ich das Motorrad so abstimmen, dass es mir gut liegt. Jeder Fahrer hat andere Ansichten, wie man ein Motorrad abstimmen muss. Wenn sich alles auf einen Fahrer konzentriert, dann kommt man auch schneller zum Erfolg.“
Frage: „Du bist bereits 2011 in einer ähnlichen Konstellation in der 125er-Klasse gefahren. Das Team ist gut eingespielt und was man so sieht, ist auch die Stimmung sehr gut.“
Cortese: „Ja. Ich kenne die ganzen Jungs schon sehr, sehr lange. Auch die Teamleitung kenne ich schon sehr lange. Deshalb ist es ein Traum, dass dieses Team um mich aufgebaut ist.“
Frage: „Und das Projekt ist langfristig ausgelegt.“
Cortese: „Genau. Es läuft auf jeden Fall die nächsten zwei Jahre und dann hoffe ich, dass ich den Aufstieg auch ganz nach oben schaffe.“
Ohne Druck nach Katar
Frage: „Mit welchen Zielen und Erwartungen fährst du nach Katar zum ersten Rennen?“
Cortese: „Mit keinen, ich lasse alles auf mich zukommen. Es ist mein allererstes Moto2-Rennen. Es kann gut laufen, es kann schlecht laufen. Ich werde mit meinem Team mein Bestes geben. Dann lasse ich mich überraschen, was dabei herauskommt.“
Frage: „Direkt nach Katar geht es dann nach Austin auf eine komplett neue Strecke. Kann es für dich als Rookie ein Vorteil sein, weil niemand die Strecke kennt und die Ausgangsposition für alle gleich ist?“
Cortese: „Das ist schwierig zu sagen. Ich lasse mich auch da überraschen was auf mich zukommt. Ob ich die Strecke schnell oder langsam lerne, das sehen wir dann.“
Frage: „Womit wärst du persönlich nach den ersten vier, fünf Rennen zufrieden?“
Cortese: „Das will ich so nicht sagen. Ich möchte mir keinen Druck machen. Ich versuche mit meinem Team alles zu geben. Letztendlich ist es die schwierigste Klasse. Es kann positiv sein, oder auch wie bei Nico Terol eine lange Durststrecke werden. Wir sind uns dessen bewusst und wollen hart daran arbeiten, bis wir wieder ganz vorne sind.“
Frage: „Wer sind deiner Meinung nach die WM-Favoriten in der Moto2?“
Cortese: „Für mich gibt es im Moment nur einen, und das ist der Pol Espargaro. Dahinter ist alles offen.“
Frage: „Pol Espargaro fährt auch eine Kalex. Ist er für dich eine Messlatte?“
Cortese: „Im Moment nicht. Er fährt jetzt das dritte Jahr in der Moto2 und kämpft um den Titel. Ich als Rookie habe ganz andere Messlatten als einen Pol Espargaro.“
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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