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© GP-Fever.de – „Ich bin überwältigt“: Jonas Folger ist nach seiner Podiumsfahrt sprachlos

„Das war das geilste Rennen bisher in meiner Karriere.“ So beschreibt Jonas Folger sein erstes MotoGP-Heimrennen auf dem Sachsenring.

Der Deutsche kann sein Glück kaum glauben, denn am Ende musste er sich nur dem „König des Rings“, Marc Marquez, geschlagen geben. Folger fehlten nur drei Sekunden auf die ganz große Sensation, doch auch der zweite Platz erfüllt ihn mit Stolz. Immerhin steht mit dem Tech-3-Rookie seit Ernst Hiller 1971 zum ersten Mal wieder ein Deutscher auf dem Podium in Sachsen.

„Das war das erste Mal für mich, dass ich in so einer Position gefahren bin“, strahlt Folger neben Marquez und Dani Pedrosa in der Pressekonferenz. Die beiden spanischen Routiniers zeigten sich überrascht vom starken Deutschen. Denn bereits kurz nach dem Rennstart konnte Folger von Startplatz fünf aus einige Meter gutmachen. Während das Honda-Duo an der Spitze aufbrach, duellierte sich der Yamaha-Fahrer mit Jorge Lorenzo und Danilo Petrucci. Der Italiener verewigte sich dabei bei einer Berührung auf Folgers linkem Ellbogenschutz.

„Nach der ersten Kurve hat mich Petrucci ziemlich hart angerempelt. Ich hätte fast die Kontrolle verloren und hatte Glück, dass ich auf dem Bike sitzenbleiben konnte“, schildert der Deutsche. „Er wollte mich überholen und hat mich dabei gestreift. Ich denke, es ist der Reifen gewesen. Ich hatte viel Glück, da ich fast den Griff verloren hätte. Das war ein Schreckmoment, aber es ist nichts passiert.“ Nachdem er sich von dieser heiklen Situation erholt hatte, konnte Folger in Runde vier mit der schnellsten Rennrunde sogar einen neuen Rundenrekord aufstellen (1:21.442 Minuten).

Bereits in der dritten Runde bildete er mit den HRC-Piloten ein Trio an der Spitze, eine Runde später schnappte er sich Pedrosa. „Ich hatte zu Beginn eigentlich ein gutes Gefühl und wollte hinter Marc bleiben, aber dann hat mich Jonas überholt und ich war ganz verblüfft“, muss der Altmeister zugeben. In Runde sechs konnte Folger schließlich die Spitze von Marquez mit einem Manöver in Kurve 12 übernehmen.

„Vor dem Rennen dachte ich, dass mein Teamkollege mein Hauptgegner sein wird. Dann hat mich plötzlich Jonas überholt“, kommentiert auch Marquez verwundert. „Das war am Anfang eine große Überraschung. Nach ein paar Runden dachte ich mir dann: ‚Was macht der da?'“, lacht der Spanier.

Folger ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich konnte Marc und Dani folgen und sah, dass mein dritter Sektor sehr stark war. Dort konnte ich beide überholen. Ich übernahm die Führung und konnte gar nicht glauben, dass ich das Rennen jetzt auf dem Sachsenring tatsächlich anführe. Das war ein schöner Moment“, schildert der 23-Jährige seine Emotionen. Allerdings muss er auch zugeben: „Es war ein komisches Gefühl. Ich habe erwartet, dass mich Marc in jeder Kurve wieder überholen würde. Nach ein paar Runden habe ich verstanden, dass meine Pace nicht so schlecht war und ich wegfahren konnte.“

Kurve 1 wird Folger zum Verhängnis
Allerdings hielt die Euphorie nur fünf Runden lang an. Denn in Runde zehn ging Folger in der ersten Kurve weit, dieser Fehler unterlief ihm insgesamt drei Mal an diesem Sonntag. „Ich habe dann einen Fehler gemacht und musste ihn ziehen lassen. Ich habe mich verbremst und dann gedacht, ich lasse ihn lieber vor. Ich war nicht überfordert mit der Situation, aber ich dachte, Marc macht nur wenige Fehler und so können wir noch weiter wegfahren. Ich wusste, dass ich hinterherfahren kann“, erklärt Folger sein Kalkül.

Er blieb innerhalb weniger Zehntelsekunden am Heck des Weltmeisters – bis wenige Runden vor Rennende. „Zum Schluss habe ich dann den großen Fehler gemacht, der mir den Sieg gekostet hat.“ Folger wurde erneut weit in Kurve 1, über eine Sekunde verlor er dabei.

„Ich war mir sicher, dass ich ihn in der letzten Runde noch attackieren könnte, aber leider habe ich vier Runden vor Ende den großen Fehler gemacht. Marc hat hart gepusht beim Bremsen, um seine Rundenzeiten zu verbessern, weil die Reifen ziemlich hart eingebrochen sind. Als ich dann noch einmal zu Marc ranfahren wollte, wäre ich dreimal fast gestürzt“, gibt der Rookie zu. Er habe seine Reifen beim erneuten Aufholversuch „verheizt“. Der Medium-Pneu war am Ende.

Selbstvertrauen aufgebaut: Ohne Crash und mit Bestzeit aufs Podest

„Der Sachsenring ist extrem belastend für die linke Flanke“, weiß Folger, da die Piloten zehn Links- aber nur drei Rechtskurven absolvieren müssen. „Ich habe so lange wie möglich versucht, weich zu fahren und sobald als möglich auf das weiche Mapping umzuschalten. Aber letztendlich hat mir der eine Verbremser nicht nur viel Zeit, sondern auch den Reifen gekostet“, muss er einsehen. Hätte eine härtere Reifenwahl etwas am Ergebnis geändert? „Bin ich nicht sicher. Ich habe mich auf dem Medium besser gefühlt.“

Denn normalerweise fährt Tech-3-Yamaha immer eine Stufe weicher als die Honda-Piloten. „Ich denke, es war die beste Option. Ich hatte den Grip in der ersten Rennhälfte, um Marc zu folgen. Hätten wir den härteren Reifen genommen, wäre es womöglich riskant gewesen, da wir nicht von Anfang an Vollgas gegangen wären.“ Hätte er die Fehler in Kurve 1 nicht gemacht und daher nicht so sehr gepusht, hätte er den Medium-Hinterreifen womöglich mehr schonen können. Die Lehre daraus: „Wenn du nur einen Fehler machst in der MotoGP, verlierst du so viel Zeit.“

„Ich wusste, dass ich alles versucht habe und auf dem zweiten Platz bleiben muss. Es war eine tolle Erfahrung und ich habe das Fahren mit Marc und Dani sehr genossen“, freut sich der Moto2-Aufsteiger, der auch zugibt, sich vieles von Marquez abgeschaut zu haben. Doch der Erfolg in Deutschland fußt nicht nur auf der Fahrhilfe des Weltmeisters: Folger konnte über das gesamte Wochenende Selbstvertrauen aufbauen, im Gegensatz zu seinem Teamkollegen vermied er einen Crash im Nassen. Außerdem bescherte ihm die Bestzeit im Warm-up Motivation und die gute Ausgangsposition mit Startplatz fünf trug ihr Übriges dazu bei.

Folger: „Der zweite Platz mehr wert, als alle Siege bisher“
Im Rennen konnte er dieses Selbstvertrauen nun endlich in ein aussagekräftiges Resultat umwandeln, nachdem der Teamkollege bei dessen Heimrennen in Le Mans Zweiter wurde und in Assen die Pole-Position holte. „Leute haben mir heute schon gesagt, dass ich auf das Podium fahren könnte, aber ich habe nichts erwartet vor dem Rennen“, erklärt er seine Gefühlslage vor dem Heimrennen. „Für mich war es wichtig, dieses Selbstvertrauen zu haben. Ich wusste, dass die Startposition stimmt und ich ein gutes Rennen fahren kann. Jedes Mal wenn das so ist, machen wir gute Arbeit.“

Wann war für ihn klar, dass er an diesem besonderen Wochenende Geschichte schreiben könnte? Immerhin schaffte es Folger in der modernen MotoGP-Ära als erster Deutscher beim Heimrennen auf das Podest. „Seitdem ich in der MotoGP fahre und seitdem ich weiß, ich habe den Speed, träume ich davon. Der zweite Platz ist mehr wert, als alle anderen Siege bisher.“ Der fünffache Grand-Prix-Sieger (Moto2 und Moto3) wollte beweisen, dass er nicht nur in Trainings oder bei Regen ein gutes Ergebnis einfahren kann. Er wollte dem Druck standhalten.

„Ich bin überwältigt. Das tut so gut. Ich hatte Gänsehaut in der Auslaufrunde. Ich wollte einfach zeigen, dass Deutschland einen starken MotoGP-Fahrer hat.“ Das ist die Mission der Nummer 94. Denn seit langer Zeit brachte Deutschland keinen erfolgreichen MotoGP-Piloten mehr hervor. Der letzte Sieg liegt gar eine gefühlte Ewigkeit zurück: Edmund Czihak 1974 auf dem Nürburgring. Das bisher letzte Podium konnte Stefan Bradl in Laguna Seca 2013 herausfahren.

Folgers Mission: „Möchte bester Deutscher in der MotoGP werden“
„Es ist eine Ehre für mich, dieses Ergebnis einzufahren. Seit langer Zeit konnte kein deutscher Fahrer gut in der MotoGP abliefern. Ich habe eine Mission: Ich möchte der beste Deutsche in der MotoGP werden“, macht Folger eine klare Ansage. Dazu müsste er mindestens sechs Podestplätze in seiner MotoGP-Karriere einfahren, diese Wertung der deutschen Piloten führt derzeit Walter Zeller mit fünf Podien an.

Im internen Teamduell steht es bei den Podestplätzen nun 1:1 zwischen Folger und Zarco. Der Franzose zeigte am Sonntag ebenfalls eine starke Vorstellung, er kämpfte sich von Platz 19 auf Rang neun. Im Parc ferme gratulierte er seinem Teamkollegen herzlich, was Folger sehr freute. „Stark von ihm. Wir sind ein tolles Team und ich freue mich auch für Johann, wenn es bei ihm läuft. In Assen, als er die Pole eingefahren hat. Es passt einfach, es harmoniert. Neidisch zu sein und zu lästern, bringt uns auch nicht weiter.“

Auch Teamchef Herve Poncharal zeigt sich hoch erfreut: „Ich möchte gerne anmerken, dass Johann selbst diese Entscheidung getroffen hat und ins Parc ferme gegangen ist, um Jonas zu umarmen. Das sieht man sehr selten und hat mich wirklich berührt. Es hat auch gezeigt, wie eng das Tech-3-Team zusammenarbeitet.“ Auf die Frage, was die Fans nun von Folger erwarten dürfen, meint dieser nur: „Da kann noch viel mehr kommen.“ Nun genießt er aber erst einmal seinen ersten MotoGP-Podestplatz und die anstehende Sommerpause. Die Pressekonferenz beendet Folger lachend mit den Worten: „Wir werden nach der Pressekonferenz einen Limoncello nehmen.“

Ergebnisse Rennen MotoGP 2017 Sachsenring

1 25 93 Marc MARQUEZ SPA Repsol Honda Team HONDA 40’59.525 161.1
2 20 94 Jonas FOLGER GER Monster Yamaha Tech 3 YAMAHA 41’02.835 160.9 3.310
3 16 26 Dani PEDROSA SPA Repsol Honda Team HONDA 41’11.071 160.4 11.546
4 13 25 Maverick VIÑALES SPA Movistar Yamaha MotoGP YAMAHA 41’13.778 160.2 14.253
5 11 46 Valentino ROSSI ITA Movistar Yamaha MotoGP YAMAHA 41’14.505 160.2 14.980
6 10 19 Alvaro BAUTISTA SPA Pull&Bear Aspar Team DUCATI 41’16.059 160.1 16.534
7 9 41 Aleix ESPARGARO SPA Aprilia Racing Team Gresini APRILIA 41’19.261 159.9 19.736
8 8 4 Andrea DOVIZIOSO ITA Ducati Team DUCATI 41’19.713 159.8 20.188
9 7 5 Johann ZARCO FRA Monster Yamaha Tech 3 YAMAHA 41’20.663 159.8 21.138
10 6 35 Cal CRUTCHLOW GBR LCR Honda HONDA 41’23.735 159.6 24.210
11 5 99 Jorge LORENZO SPA Ducati Team DUCATI 41’25.184 159.5 25.659
12 4 9 Danilo PETRUCCI ITA OCTO Pramac Racing DUCATI 41’31.065 159.1 31.540
13 3 44 Pol ESPARGARO SPA Red Bull KTM Factory Racing KTM 41’31.704 159.1 32.179
14 2 38 Bradley SMITH GBR Red Bull KTM Factory Racing KTM 41’35.978 158.8 36.453
15 1 43 Jack MILLER AUS EG 0,0 Marc VDS HONDA 41’37.296 158.7 37.771
16 36 Mika KALLIO FIN Red Bull KTM Factory Racing KTM 41’37.377 158.7 37.852
17 17 Karel ABRAHAM CZE Pull&Bear Aspar Team DUCATI 41’38.848 158.6 39.323
18 53 Tito RABAT SPA EG 0,0 Marc VDS HONDA 41’40.715 158.5 41.190
19 76 Loris BAZ FRA Reale Avintia Racing DUCATI 41’59.375 157.3 59.850
20 45 Scott REDDING GBR OCTO Pramac Racing DUCATI 42’01.189 157.2 1’01.664
21 42 Alex RINS SPA Team SUZUKI ECSTAR SUZUKI 42’01.220 157.2 1’01.695
Not Classified
29 Andrea IANNONE ITA Team SUZUKI ECSTAR SUZUKI 33’06.105 159.6 6 laps
22 Sam LOWES GBR Aprilia Racing Team Gresini APRILIA 16’39.370 158.6 18 laps

Text von Maria Reyer & Juliane Ziegengeist

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