Bei der diesjährigen Dutch TT in Assen standen zwei besondere Ereignisse im Fokus: Valentino Rossi konnte nach knapp 1.000 Tagen wieder ein MotoGP-Rennen gewinnen.
Damit bewies sich der „Doktor“, dass er es noch drauf hat. Teamkollege Jorge Lorenzo freute sich hingegen über Platz fünf. „Dieser fünfte Platz ist besser als jeder Sieg meiner Karriere“, bemerkte der Weltmeister von 2010 und 2012 nach dem Rennen.
Zwischen dem Highsider im zweiten Freien Training, dem Flug nach Barcelona, der Operation, dem Rückflug nach Assen und dem Rennen lagen weniger als zwei Tage. Als im Fahrerlager die Nachricht durchsickerte, dass Lorenzo zurückkommt, war selbst das abgebrühte MotoGP-Paddock überrascht. Am Ende zahlte sich das Risiko aus, das Lorenzo mit seinem Rennstart einging: Als Fünfter sammelte er elf wichtige WM-Punkte und büßte in der Meisterschaft lediglich zwei Punkte auf Rivale Dani Pedrosa ein.
„Jorge hat heute einen super Job gemacht. Ich bin sehr beeindruckt von ihm“, betont Honda-Werkspilot Pedrosa, der nun mit neun Zählern Vorsprung zum Sachsenring reist. Was Lorenzo in Assen leistete, überraschte auch Pedrosa: „Seine Performance war zwei Tage nach der Verletzung sehr gut. Sein Wille war sehr beeindruckend. Er war sehr mutig. Er war im Rennen auch sehr schnell. Er hatte wahrscheinlich große Schmerzen, aber er war heute sehr stark.“
Kollegen loben Lorenzos Willen
„Jorge ist für mich der wahre Held“, unterstreicht Teamkollege Rossi. „Er hat nicht etwas Unglaubliches geschafft, aber es war sehr nah dran. Als ich erfuhr, dass er zurückkommt, dachte ich mir, dass ich das wohl nicht geschafft hätte. Einen Tag nach der Operation zu fahren, ist etwas Großartiges. Er ist ein Risiko eingegangenen, fuhr aber im ersten Teil des Rennens wie immer. Das war vermutlich sehr wichtig, um zu zeigen, dass er es mit der Meisterschaft sehr ernst meint.“
Auch Marc Marquez lobte den Willen von Lorenzo: „Ich empfinde großen Respekt für Jorge. Was er leistete, war für alle eine Überraschung. Sicher ging er ein Risiko ein. Doch er hat elf Punkte für die Meisterschaft geholt. Er ist dieses Risiko eingegangenen, weil er sich bewusst war, wie wichtig diese Punkte für die Meisterschaft sind“, bemerkt der MotoGP-Rookie, der in Assen hinter Rossi Zweiter wurde.
Crutchlow: Lorenzo demütigte Konkurrenten
„Es wäre für viele Fahrer an einem normalen Renntag ein Erfolg gewesen“, stellt Tech-3-Pilot Cal Crutchlow klar. „Es war für die anderen Fahrer eine Demütigung. Als er an mir vorbeiging, war ich auch gedemütigt. Ich konnte es nicht glauben, dass er zu Beginn des Rennens so stark ist. Als ich ihm folgte, fuhr er so rund wie immer. Ich dachte mir, es könnte ein schwieriges Rennen werden.“
„Ich dachte, er geht auch noch an Marc vorbei und kämpft um die Führung. Ich hoffte, dass er schwächer wird. Er hat Unglaubliches geleistet. Diese Punkte werden am Ende der Saison sehr wichtig sein“, ist sich Crutchlow sicher, der erstaunt war, wie stark Lorenzo in den ersten Runden war. Der amtierende Weltmeister musste vom zwölften Startplatz ins Rennen gehen. Doch bereits nach wenigen Kurven war der Spanier in der Spitzengruppe.
„Ich dachte, er kann das Rennen gewinnen, als er an mir vorbei ging. Er fuhr so rund. Es sah von außen sehr gut aus. Doch dann zeigte er Zeichen, dass er sich nicht auf Kämpfe einlassen möchte“, schildert Crutchlow. „Als er an mir vorbeiging, konnte er sogar davonfahren. Als die Benzinmenge weniger wurde, konnte ich wieder schneller fahren. Er wurde Fünfter mit einem gebrochenen Schlüsselbein. Das ist richtig beeindruckend. Ich habe aber einige Runden verloren, weil ich nicht an ihm vorbei kam.“
Lorenzo vor sieben Prototypen im Ziel – Schulter intakt
Zu den Piloten, die hinter Lorenzo ins Ziel kamen, gehörten die beiden Ducati-Werkspiloten. Andrea Dovizioso fuhr im Vorjahr noch aufs Podium, doch in diesem Jahr konnte der Italiener nicht mithalten. „Unglaublich. Abgesehen vom Resultat, das etwas Besonderes ist, war es unglaublich. Ich habe nicht erwartet, dass er es probiert. Alle wissen, dass er stark ist, aber nicht so stark. Ich muss ihm gratulieren. Seine Mentalität ist sehr gut für diese Meisterschaft“, lobt „Dovi“.
„Es war sehr beeindruckend“, bestätigt Teamkollege Nicky Hayden, der hinter Dovizioso als Elfter ins Ziel kam. „Er war sehr mutig und vielleicht auch etwas verrückt, aber wenn man einen WM-Titel gewinnen will, dann muss man mehr geben und das tun, was die Leute für unmöglich halten. Er hat heute seinen fünften Platz verdient.“
Am Montagnachmittag unterzog sich Lorenzo einem weiteren medizinischen Check in Barcelona. Dabei kam heraus, dass er keine weiteren Verletzungen als die bereits am Freitag behandelten davongetragen hat.
„Die körperlichen Belastungen während des Grand Prix der Niederlande hatten offenbar keine Auswirkungen“, erklärt die behandelnde Ärztin Doktor Teresa Sola, nachdem die Beweglichkeit von Lorenzos frisch operierter Schulter noch einmal genau unter die Lupe genommen wurde. Einer Teilnahme des amtierenden Weltmeisters am Sachsenring-Wochenende (12. bis 14. Juli) steht sollte somit nichts im Wege stehen.
Text von Sebastian Fränzschky
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