(Motorsport-Total.com) – Als Jorge Lorenzo beim Saisonfinale 2019 zurücktrat, hatte er sich das Ende seiner MotoGP-Karriere sicher anders vorgestellt.
Nach einer katastrophalen Saison mit Honda, in der er mehr durch schwere Stürze als durch starke Ergebnisse auf sich aufmerksam machte, zog der Spanier die Reißleine.
Während Marc Marquez in dem Jahr seinen sechsten MotoGP-Titel mit Honda feierte, biss sich sein neuer Teamkollege an der RC213V die Zähne aus. Im Gespräch mit ‚Solomoto‘ erinnert sich Teammanager Alberto Puig: „Wenn ein Fahrer auf einer Marke ist und gewinnt, folgen die Ingenieure natürlich seiner Tendenz.“
„Marc ist ein Fahrer, der mit Kraft fährt, der das Motorrad zwingt. Lorenzo kam von einem ganz anderen Motorrad. Er hat es versucht und hätte es fast geschafft, aber er hatte zwei schwere Stürze, sehr schwere: einen beim Test in Montmelo und einen weiteren in Assen. Ich glaube, da hat er gesehen, dass er nicht weitermachen kann.“
Honda-Wechsel zu früh, Ducati-Erfolge zu spät
„Das Motorrad war nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte“, gibt Puig zu. „Auf der sportlichen Seite war es eine Katastrophe.“ Auf persönlicher Ebene habe ihn Lorenzo aber nachhaltig beeindruckt: „Ich hatte ein sehr direktes Gespräch mit ihm, sehr ehrlich. Er ist ein Fahrer, den ich kaum kannte, und er hat mich überrascht.“
Vor Honda stellte sich Lorenzo schon einmal einem Herstellerwechsel, als er nach neun Jahren und drei Titeln mit Yamaha zu Ducati ging. Auch dort tat sich der Spanier mit der Anpassung seines geschmeidigen Fahrstils an die doch eher aggressive V4-Maschine zunächst schwer. Doch irgendwann knackte er das Bike.
So gelangen Lorenzo im zweiten gemeinsamen Jahr drei Siege. Doch der Durchbruch kam zu spät. Denn den ersten Sieg in Mugello holte er, als die Trennung von Ducati bereits beschlossen und der Vertrag mit Honda unterschrieben war. Deshalb blieb die Geschichte Lorenzo/Ducati eine von erfülltem Potenzial.
Lorenzo: „Würde dem Werk Ergebnisse liefern“
Nicht wenige glauben, dass Lorenzo über kurz oder lang um den Titel hätte kämpfen können, wäre er bei Ducati geblieben. Vielleicht nicht 2019, als Marquez die Saison mit zwölf Siegen dominierte, aber danach. Von ‚The Race‘ auf diese Theorie angesprochen, sagt der 34-Jährige: „Ich denke, das ist ein weit verbreiteter Eindruck.“
„Ich verteidige meine Position, dass ich einfach ein Motorrad wollte, mit dem ich mich wohlfühle, und wenn ich es hätte, würde ich dem Werk Ergebnisse liefern. So ist es dann auch gekommen. Ein Fahrer, der drei Meisterschaften und mehr als 40 Rennen gewinnt, hat kein Glück, sondern er hat etwas in sich, ein gewisses Talent.“
„Es ging nur darum, das richtige Motorrad für mich zu finden“, betont Lorenzo. „Am Anfang war es das Gegenteil von meinem Fahrstil, aber schließlich habe ich mich nach und nach daran gewöhnt. Vielleicht zu spät. Aber es ist mehr oder weniger der allgemeine Eindruck, den die Leute haben und ich bin glücklich darüber.“
Ohne die Verletzung wäre Lorenzo weitergefahren
Natürlich würde der Spanier es vorziehen, wenn das nicht nur ein Eindruck, sondern Realität wäre, und gesteht: „Ehrlich gesagt, hätte ich gerne mit Ducati in dieser Zeit, also 2018, weitergemacht. Aber es war aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Wegen des Timings. Wir kamen zu spät zum Sieg und alles änderte sich.“
„Aber in diesem Moment dachte ich, dass der Wechsel zu Honda positiv war und dass es großartig werden würde. Das war es nicht, und dann verletzte ich mich in Assen und alles änderte sich. Ohne diese Verletzung hätte ich meinen Vertrag mit Honda wahrscheinlich beendet, ich weiß nicht, ob mit guten Ergebnissen oder nicht.“
In der MotoGP wäre er aber „noch ein paar Jahre“ geblieben. Trotzdem sagt Lorenzo: „Es könnte viel schlimmer sein, wenn diese Verletzung zehnJahre früher passiert wäre und ich nicht so viele Siege hätte einfahren können. Es könnte immer besser und immer viel schlechter sein, und ich bin glücklich mit meiner Karriere.“
Text von Juliane Ziegengeist
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