Jorge Lorenzo hat beim Grand Prix der Niederlande eine der unglaublichsten Leistungen im Rennsport abgeliefert. In der Nacht auf Freitag wurde sein gebrochenes Schlüsselbein operiert und am Samstag stieg der Weltmeister in Assen wieder auf seine Yamaha und stellte sich in der Startaufstellung auf.
Von Startplatz zwölf fuhr Lorenzo zunächst durch das Feld, als wäre er überhaupt nicht verletzt. Mit Fortdauer des Rennens wurde er aber müder und langsamer. Trotzdem kam er als Fünfter ins Ziel und verlor nur zwei WM-Punkte auf WM-Konkurrent Dani Pedrosa.
Viele Beobachter quittierten den Start von Lorenzo mit einem Kopfschütteln. Was wäre, wenn er in einen Unfall verwickelt worden wäre? Es ging aber alles gut. „Viele Leute haben zu mir gesagt, dass ich verrückt bin. Ich bin aber nicht verrückt. Wenn ich sehe, dass ich es schaffen kann, dann versuche ich es“, antwortet Lorenzo seinen Kritikern. „Wenn ich erkenne, dass es nicht möglich ist, dann mache ich es auch nicht. Ich kein verrückter Mensch.“
„Einige Minuten nach meinen Sturz war unmöglich daran zu denken, dass das passieren könnte. Die Operation am gleichen Tag durchzuführen, war eine mutige Entscheidung. Wenn ich bis Freitag gewartet hätte, dann hätten mich die Ärzte nicht starten lassen. Dieser fünfte Platz ist besser als jeder Sieg meiner Karriere.“ War es unter diesen Umständen das beste Rennen seiner Karriere? „Es war sicher das schwierigste und herausfordernste Rennen meiner Karriere.“
„Es war trocken, aber Assen ist sehr kompliziert, weil es kaum lange Gerade gibt, wo man die Muskeln ausruhen kann. Es gibt ständige Richtungswechsel bei hoher Geschwindigkeit. Es ist auch schwierig andere Fahrer zu überholen. Mein Resultat hängt in erster Linie mit den ersten beiden Runden zusammen, denn ich war mutig. Ich habe die Fahrer auf der Bremse überholt, obwohl sie alle gesund und fit waren“, sagt Lorenzo stolz.
Einer dieser Fahrer war Cal Crutchlow. „Als er an mir vorbeiging, konnte er sogar davonfahren“, sagt der Brite nach dem Rennen fassungslos. „Ich dachte, er kann das Rennen gewinnen, als er an mir vorbei ging. Er fuhr so rund. Es sah von außen sehr gut aus“, zeigt sich Crutchlow beeindruckt. „Doch dann zeigte er Zeichen, dass er sich nicht auf Kämpfe einlassen möchte.“ Crutchlow überholte Lorenzo in der Zielschikane und eroberte anschließend Platz drei.
Auch Lorenzo hat sich während dem Rennen Gedanken über den Briten gemacht: „Natürlich hat ihn das geärgert und es hat ihm sicher geholfen, dass er schneller fährt. Er hat sich sicher gedacht, dass Jorge heute nicht vor ihm ins Ziel kommen darf. Also hat er mehr gepusht und ist auf das Podium gefahren. Wenn ich nicht vor ihm gewesen wäre, wäre er vielleicht Vierter geworden.“
Aus Yamaha-Sicht war das enorm wichtig, wie Lorenzo betont: „Ich freue mich für ihn, denn er hat mir auch geholfen, weil er Pedrosa überholt hat. Ich hoffte, dass er sich auch noch Marquez schnappt, aber es gelang ihm nicht.“ Nun kann sich Lorenzo von den Strapazen der vergangenen drei Tage erholen. Sein Rennen war eine menschliche Meisterleistung. „Ohne Operation hätte ich sicher nicht fahren können.“
„Nach der Operation fühlte ich mich stärker, aber ich kann keine Liegestütz machen. Im Warmup war es in den ersten zwei Runden sehr schwierig, aber als meine Muskeln warm wurden, lief es etwas besser. Eine halbe Stunden vor dem Rennen habe ich mir harte Musik im Motorhome angehört. Das Rennen war aber sehr hart. Mehr wäre heute nicht gegangen“, sagt er müde. Auch Crutchlow, der selbst als „harter Hund“ bekannt ist, zollt Respekt: „Er wurde Fünfter mit einem gebrochenen Schlüsselbein. Das ist richtig beeindruckend.“
Text von Gerald Dirnbeck
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