(Motorsport-Total.com) – Als Jorge Lorenzo im Winter 2016/17 als dreimaliger MotoGP-Weltmeister von Yamaha zu Ducati wechselte, waren die Erwartungen groß. Das italienische Team zahlte dem Spanier ein hohes Gehalt. Er sollte derjenige sein, der den WM-Titel zurück nach Bologna bringt.
Aber es kam alles anders. In seiner ersten Saison tat sich Lorenzo schwer, sich auf die Desmosedici einzustellen und schnell zu sein. Er fuhr dreimal auf das Podest. Teamkollege Andrea Dovizioso gewann sechs Rennen und wurde Vizeweltmeister.
„Ich kam in einer Phase der Wartezeit zu Ducati“, sagt Lorenzo bei ‚SER Catalunya‘. „Wir waren nicht konkurrenzfähig. Sie hatten Probleme in den Kurven. Aber dann begann ich, gute Dinge wie den Motor, eine großartige Traktion und eine starke Bremsphase zu bekommen.“
Der Druck auf Lorenzo wurde höher. Als sich im Frühling 2018 auch keine Erfolge einstellten, liebäugelte Ducati-CEO Claudio Domenicali mit dem billigeren Danilo Petrucci. Lorenzo trat die Flucht nach vorne an und unterschrieb einen Vertrag mit Honda.
Die ersten Siege kamen zu spät
Dann platzte der Knoten. Lorenzo dominierte in Mugello und in Barcelona und fand zu alter Stärke. Aber es war zu spät. Sein Abschied war bereits besiegelt. Nach einem weiteren Sieg in Spielberg – es sollte der letzte seiner Karriere werden – war der Herbst 2018 von Verletzungen geprägt.
„Ich habe länger gebraucht als ich wollte, denn wenn es diese Zeit nicht gegeben hätte, dann hätte ich sicherlich den Vertrag verlängert. Das hätte die Geschichte verändert. Aber es kam wie es kam. Als ich alles verstanden hatte, begann ich zu gewinnen.“
„Aber leider hatte es zu lange gedauert. Es steckt dieser Stachel in mir, dass ich mit Ducati nicht gewinnen konnte. Aber trotzdem hatte ich eine sehr erfolgreiche Karriere. Mein Leben wäre nicht anders, wenn ich mehr oder weniger Rennen gewonnen hätte.“
„Aber eine schwere Verletzung hat das. Das hat dazu geführt, dass sich mein Leben verändert hat. Ich habe angefangen, andere Dinge zu genießen.“ Damit spricht er eine Wirbelverletzung an, die er sich bei einem Trainingssturz in Assen 2019 zugezogen hat.
Ducati wollte Jorge Lorenzo zurückholen
Mit der Honda RC213V kam Lorenzo nicht klar. Obwohl er damals einen Zweijahresvertrag hatte, gab es im Sommer die Gerüchte, dass er in Kontakt mit Ducati steht und von beiden Seiten wieder eine Zusammenarbeit angestrebt werden könnte.
Im Rückblick sagt Lorenzo: „Ich hatte zwei Möglichkeiten zu Ducati zurückzukehren. 2019 für 2020 und 2020 für 2021. Aber im letzten Moment habe ich nicht mehr diese Leidenschaft verspürt und ich hatte nicht mehr den Wunsch, zu unterschreiben.“
„Aber ja, es gab diese zwei Möglichkeiten. Aber ich habe die beste Entscheidung getroffen, denn ich hatte mehr zu verlieren als zu gewinnen.“ Lorenzo einigte sich mit Honda auf eine Vertragsauflösung Ende 2019.
Für 2020 kehrte er zu Yamaha als Testfahrer zurück. Aber der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie verhinderte ein umfangreiches Testprogramm und eventuelle Wildcard-Starts. Auch das Kurzcomeback bei Yamaha ging nach einem Jahr zu Ende.
Seither ist Lorenzo regelmäßig im Paddock, denn er arbeitet als Experte für die spanische Version von ‚DAZN‘, wo die Rennen exklusiv in Spanien gezeigt werden. Den WM-Titel seines Ducati-„Nachfolgers“ Francesco Bagnaia erlebte er aus nächster Nähe.
„Wenn ich das Motorrad gehabt hätte, das sie heute haben, wären meine Ergebnisse auch viel besser gewesen“, glaubt Lorenzo. „Gigi Dall’Igna hat seit 2014 Schritt für Schritt, mit Versuch und Irrtum das Puzzle auf technischer Seite und auf Fahrerseite zusammengefügt.“
Deswegen lautet sein Fazit: „Bagnaia ist praktisch nicht aufzuhalten. Nur ein sehr engagierter Fabio Quartararo mit einem schlechteren Motorrad hat ihn durch die Mangel gedreht.“ Motorradrennen fährt Lorenzo keine mehr. Er trat in diesem Jahr im italienischen Porsche-Carrera-Cup an.
Text von Gerald Dirnbeck
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter
Neueste Kommentare