(Motorsport-Total.com) – In der dreiwöchigen Pause im MotoGP-Kalender zwischen dem Italien-Grand-Prix in Mugello am ersten Juni-Wochenende und dem Niederlande-Grand-Prix in Assen am nun direkt bevorstehenden Wochenende war die größte Überraschung, dass Jorge Martin für 2025 und 2026 bei Aprilia unterschrieben hat.
Die Entscheidung des aktuellen WM-Spitzenreiters in Diensten von Pramac-Ducati erfolgte, nachdem er merkte, dass Ducati für den Platz im Werksteam nicht ihn, sondern Marc Marquez haben will. Genau so ist es auch gekommen. Nur zwei Tage nach Martins Aprilia-Vertrag wurde Marquez‘ Wechsel ins Ducati-Werksteam für 2025 und 2026 offiziell bekanntgeben.
Martin hat seitdem ein paar Wochen Zeit gehabt, das Ganze zu verarbeiten. Am Donnerstag in Assen nun spricht er ausführlich über seine Gefühle. Er spricht darüber, wie ihm Aleix Espargaro beim Aprilia-Vertrag geholfen hat, und darüber, was er von Ducati für den Rest der Saison 2024 erwartet.
„Es fällt mir schwer, das Ganze zu erklären“, so Martin in der Pressekonferenz am Donnerstag. „Nach Montmelo (Barcelona; Anm. d. Red.) habe ich mit Ducati gesprochen und da schien alles recht klar. Dass ich während des Mugello-Wochenendes nicht über meine Zukunft sprechen wollte, das hatte ich vorher schon gesagt. Ich wollte einfach fokussiert bleiben. Am Sonntagabend habe ich dann gesehen, dass das Ganze doch nicht so klar ist.“
„Offenbar kam etwas oder jemand in Spiel und hat den Plan geändert“, sagt Martin, ohne Namen zu nennen. Die sofortige Reaktion des WM-Spitzenreiters war, dass er bei Aprilia unterschrieben hat. Der Zweijahresvertrag bis Ende 2026 wurde direkt am darauffolgenden Tag (Montag) unterzeichnet und offiziell bekanntgegeben. „Ich habe dann also ich meine Entscheidung getroffen, und zwar so, wie ich sie getroffen habe“, sagt der 26-jährige Spanier.
Ist Martin rückblickend enttäuscht, dass es für ihn mit dem Platz im Ducati-Werksteam nicht geklappt hat? „Sicher war das nach so langer Zeit ein bisschen frustrierend. Lange Zeit hatte es so ausgesehen als würde es vielleicht niemals klappen. Dann doch und letztlich doch nicht. Ich schätze, die Dinge sind so passiert wie sie passieren sollten. Es ist okay.“
„Nachdem ich vier Jahre lang probiert habe, ins Werksteam zu kommen, habe ich verstanden, dass ich für Ducati nicht ich die beste Lösung war, sondern Marc. Daraufhin habe ich die beste Möglichkeit wahrgenommen, die sich mir geboten hat“, erklärt Martin mit Verweis auf Aprilia.
Nachsatz des zukünftigen Aprilia-Piloten: „Ich glaube, dass ich in den kommenden Jahren deutlich glücklicher sein werde. Ich habe das Gefühl, dass ich in ein Team wechsle, wo man mich wirklich haben will und wo man 100 Prozent für mich geben wird. Ein Werksvertrag war ja schon immer mein Traum.“
Wie Aleix Espargaro bei Martins Aprilia-Wechsel eine Hilfe war
An den Gesprächen über Martins Wechsel zu Aprilia war auch Aleix Espargaro beteiligt, dessen Platz im italienischen Werksteam Martin übernehmen wird. Und noch eine dritte Person war beteiligt, nämlich Albert Valera, der Manager von sowohl Espargaro als auch Martin.
„Aleix war natürlich eine große Hilfe“, gibt Martin am Donnerstag im Gespräch mit MotoGP.com zu. „Damit meine ich nicht nur die Infos, die ich haben wollte, sondern auch die Vertragsangelegenheiten.“
„Weil mein Manager schon mal einen Vertrag mit ihnen abgeschlossen hat“, spricht Martin auf Espargaros Aprilia-Vertrag an, „war es letztlich sehr einfach, alles unter Dach und Fach zu bringen. Ich denke, nach der Entscheidung von Ducati war das einfach die beste Option. Und ja, es ging alles sehr schnell“.
Aleix Espargaro selber, der am Saisonende 2024 als Vollzeitfahrer zurücktreten wird und 2025 als Testfahrer für Honda arbeiten wird, sagt über seinen Aprilia-Nachfolger: „Noch in Barcelona stand Jorge ganz dicht vor einer Unterschrift bei Ducati. Die war schon fast auf dem Papier.“
„Am Mugello-Wochenende haben sie ihm dann aber plötzlich gesagt, dass sie noch mehr Zeit brauchen. Damit war klar, dass es nicht klar war und dass Jorge andere Optionen brauchte“, sagt Espargaro und verrät: „An jenem Sonntagabend saß er bis Mitternacht in meinem Wohnmobil und hat mich alles Mögliche gefragt. Am Montag dann hat er den Vertrag unterschrieben.“
Wie Martin, so sagt auch Espargaro, dass „es wirklich sehr schnell ging, was nicht üblich ist. Aber weil wir denselben Manager haben, hatten sie ja meinen Vertrag ohnehin vorliegen. Da war es einfach, nur ein paar Dinge auszutauschen, um ihn zu einem Aprilia-Fahrer zu machen. Ich kann nur sagen, dass ich nicht glücklicher sein könnte. Mein bester Freund und der Spitzenreiter in der WM ist derjenige, der im nächsten Jahr auf meinem Motorrad sitzen wird. Ich bin wirklich sehr glücklich“.
Martin glaubt, Ducati wird ihn bis Ende 2024 fair behandeln
Bleibt die Frage, wie Ducati bis Ende der Saison 2024 mit Martin umgehen wird. Manager Albert Valera ist zuversichtlich, dass man sich in Bologna an die eigenen Werte halten wird und Martin bis zum seinem Ducati-Abschied fair behandeln wird. Davon ist auch Martin selber überzeugt.
Angst, dass er für den Rest der Saison benachteiligt werden könnte, hat der aktuelle WM-Spitzenreiter in Diensten des Pramac-Teams nicht: „Ich habe keine Angst, ich bin zuversichtlich. Ich kann nur sagen, ich bin ein Profi, ich werde von Ducati bezahlt und ich fahre für Ducati. Bis Valencia wird Ducati mein Zuhause sein. Bis dahin werde ich mein Bestes geben, um zu gewinnen.“
„Und was ihre Seite betrifft, so haben sie mir gesagt, ich dass ich das gleiche Material bekommen werde wie bisher. Deshalb glaube ich nicht, dass es da irgendein Problem geben wird. Ich glaube, dass ich gegen diese beiden Jungs hier (Bagnaia und Marquez rechts und links von ihm in der Pressekonferenz; Anm. d. Red.) unter fairen Bedingungen kämpfen kann“, so Martin.
Text von Mario Fritzsche, Co-Autor: Lorenza D’Adderio
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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