Kawasaki - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Rekord-Weltmeister Jonathan Rea beanspruchte von 2016 bis 2021 die Startnummer 1

(Motorsport-Total.com) – Seit Ende April steht fest, dass die laufende WSBK-Saison das vorerst letzte Jahr sein wird, in dem Kawasaki mit Werks-Superbikes an den Start geht.

Ab 2025 liefert Kawasaki nur noch Motoren für das neue Bimota-Projekt. Die Provec-Mannschaft, die von 2015 bis 2020 als Kawasaki-Werksteam mit Jonathan Rea die Superbike-WM gewann und teilweise dominierte, agiert ab 2025 unter dem Label „Bimota by Kawasaki Racing Team“.

Bereits vor einem Jahr deutete sich an, dass das finale Kapitel von Kawasakis WSBK-Projekt eingeläutet wird. Durch den Verlust von Rekord-Weltmeister Jonathan Rea begann für Kawasaki in diesem Jahr eine neue Zeitrechnung. Nach einem überraschend starken Start in die WSBK-Saison 2024 mit Siegen von Alex Lowes auf Phillip Island (Australien) wurde aber schnell klar, dass Kawasaki auch in diesem Jahr kein WM-Anwärter sein wird.

In den zurückliegenden Monaten gab es immer wieder Zweifel, wie stark Kawasaki noch hinter dem WSBK-Projekt steht. Ausbleibende Neuerungen an der ZX-10RR führten zu der Annahme, dass Kawasaki kaum noch Interesse hat. Wir trafen uns beim Europaauftakt in Barcelona mit Teammanager Guim Roda und erkundigten uns nach der Zusammenarbeit mit Kawasaki.

Der Spanier verriet, dass Kawasaki bereits in der Vergangenheit jederzeit den Stecker ziehen konnte. Trotz der engen Zusammenarbeit und der großen Erfolge gab es nie eine mehrjährige Vereinbarung mit dem japanischen Hersteller.

„Wir haben uns auf jährliche Vereinbarungen geeinigt. Sie konnten also zu jedem Zeitpunkt aufhören. Das ist ein Teil unserer Vereinbarung“, erklärt Guim Roda im Gespräch mit Motorsport-Total.com und begründet: „Sie wollten immer auf das Weltgeschehen, den Markt, die Entscheidungen der FIM und Dorna, die Performance des Teams und Kawasaki selbst reagieren können.“

„Es ist wichtig für sie, nicht länger weitermachen zu müssen, wenn sie das nicht wollen“, schildert Guim Roda, der seit 2012 mit Kawasaki nur jährliche Vereinbarungen traf und somit immer vor einer ungewissen Zukunft stand.

Dabei hat Kawasaki der Provec-Mannschaft viel zu verdanken. Das spanische Team legte den Grundstein für die Erfolge in der Superbike-WM. Die fehlende Konkurrenzfähigkeit der Kawasaki konnte das Team rund um Guim und Biel Roda zumindest eine Weile lang kaschieren.

Wie Kawasaki der angestaubten ZX-10RR neues Leben einhauchte
Schaut man sich die Superbikes der in der WSBK beteiligten Hersteller an, dann wird schnell klar, dass die Kawasaki ZX-10RR stark in die Jahre gekommen ist. Während vor allem die europäische Konkurrenz immer wieder nachlegte und moderne Technologien zum Einsatz brachte, sah man bei Kawasaki seit vielen Jahren hauptsächlich kosmetische Veränderungen.

Vor allem der langhubige Reihen-Vierzylinder-Motor des Kawasaki-Superbikes ist im direkten Vergleich zur Konkurrenz zurückgefallen. Dass die Kawasaki überhaupt noch mithalten kann, ist auf die Änderungen im Regelwerk zurückzuführen.

„Wir fahren mit Motorrädern, die von der Serie abstammen. Um das Motorrad konkurrenzfähig zu machen, benötigen wir gewisse Freiheiten“, erklärt Kawasaki-Teammanager Guim Roda und verweist auf die Änderungen im WSBK-Reglement 2024, die den Teams mehr Freiraum bieten.

Kawasaki nutzte diesen Freiraum, arbeitete an den Motor-Innereien und machte in Kombination mit der gesteigerten Drehzahl einen Schritt nach vorn. Auf den Geraden ist die 2024er-Kawasaki stärker als die Version aus dem Vorjahr. Das hat auch die Konkurrenz von Yamaha erkannt.

„Es wirkt, als würden wirklich kleine Regeländerungen einen großen Effekt haben, um die Performance auszugleichen“, bemerkt Yamaha-Teammanager Paul Denning, der in der Ducati Panigale V4R weiterhin die Benchmark sieht: „Meiner Meinung nach hat das 50.000-Euro-Bike nach wie vor einen großen Vorteil. Das ist Fakt. Doch die Regeln sind ein Schritt.“

Erfolge im Rennsport wichtig für das Image der Marke
In der WSBK-Saison 2025 verschwindet Kawasaki zumindest werksseitig als Motorradhersteller. Offen ist, wie sich dieser Schritt auf die Entwicklung der Marke auswirkt. Nach Suzuki ist Kawasaki die zweite große japanische Marke, die im Motorrad-Onroad-Rennsport die WM-Bühne verlässt.

„Der Rennsport ist wichtig für das Image der Marke“, ist sich Kawasaki-Teammanager Guim Roda bewusst und fügt hinzu: „Das wirkt sich auf die Verkäufe aus, nicht nur auf die Verkäufe der aktuellen Sportmotorräder. Auch die anderen Modelle profitieren davon.“

„Die Stärke der Marke Kawasaki und das Ansehen wuchsen in den vergangenen Jahren auf Grund der sportlichen Erfolge deutlich an“, hat der Kawasaki-Teammanager beobachtet. „Für die Marke ist der Rennsport sehr nützlich. Honda, BMW und Ducati gehen hier an den Start und Yamaha wird das Motorrad in einer Rennversion fortführen.“

„Es steht ein wirklich großes Geschäft dahinter, auf das niemand verzichten möchte. Jeder Hersteller versucht, das Geschäft so gut wie möglich fortzuführen“, bemerkt Guim Roda, der im kommenden Jahr das Bimota-Team leiten wird.

Kann die erfahrene Mannschaft die Traditionsmarke Bimota in der Superbike-WM zum Erfolg führen? Noch verfügt Bimota nicht über ein homologationsfähiges Superbike für den Rennsport. Es wird erwartet, dass im Herbst ein neues Modell mit Kawasaki-Motor präsentiert wird.

Die Kawasaki ZX-10RR wird ab 2025 nur noch durch Kundenteams am Leben gehalten, sofern diese Interesse haben. Sollte Puccetti zu einem anderen Hersteller wechseln und kein neues Kawasaki-Kundenteam hinzukommen, dann wird Kawasaki komplett verschwinden, wie es in der MotoGP bereits vor gut 15 Jahren der Fall war.

Kawasaki in der MotoGP: Große Hoffnungen und viele Enttäuschungen
Mit dem Wechsel von den 500er-Zweitaktern zu den 990er-Viertaktern bot sich für Kawasaki die Chance, in die Königsklasse einzusteigen. Die Japaner entwickelten die ZX-RR, einen Prototyp mit Reihen-Vierzylinder-Motor. In der MotoGP-Debütsaison 2002 traf die Kawasaki-MotoGP-Maschine erstmals auf die Konkurrenz.

Kawasaki stieg am Ende der ersten Viertakt-Saison ein und sammelte bei den finalen drei Rennen der MotoGP 2002 mit Andrew Pitt, mittlerweile bei Yamaha der Crewchief von Jonathan Rea, immerhin vier WM-Punkte.

Im Jahr darauf ging Kawasaki mit Garry McCoy und Andrew Pitt als Stammfahrern an den Start, die Kawasaki-Testfahrer Alex Hofmann und Akira Yanagawa absolvierten aber auch einige Einsätze in Grün.

Nur vereinzelte Podestplätze: Kawasaki verpasste die gesteckten Ziele
Garry McCoy war in der MotoGP-Saison 2003 als WM-22. der bestplatzierte Kawasaki-Pilot, unmittelbar vor Hofmann, der sich mit seinen Leistungen für die Rolle des Stammfahrers empfahl. Kawasaki belegte in der ersten vollen MotoGP-Saison hinter Honda, Ducati, Yamaha, Aprilia, Suzuki und Proton KR den siebten und letzten Platz.

Alex Hofmann und Shinya Nakano bildeten 2004 das Kawasaki-Werksteam. Nakano setzte sich mit einem dritten Platz bei Heimrennen in Japan in Szene und wurde WM-Zehnter. Teamkollege Hofmann fuhr nur ein Mal in die Top 10 und wurde im Gesamtklassement auf P15 gewertet. Bei den Herstellern setzte sich Kawasaki auf die vierte Position und ließ die Werksteams von Suzuki und Aprilia hinter sich.

In der MotoGP-Saison 2005 setzte Kawasaki erneut auf Hofmann und Nakano. Hofmanns Saison wurde durch Verletzungen beeinflusst. Der Deutsche musste bei sieben Events aussetzen und wurde durch den Franzosen Olivier Jacque ersetzt. Nakano beendete das Jahr erneut als Gesamtzehnter und somit bester Kawasaki-Pilot. Kawasaki behauptete P4 bei den Herstellern und lag erneut vor Suzuki. Aprilia hatte sich bereits wieder aus der MotoGP verabschiedet.

Kawasaki setzte in der MotoGP-Saison 2006 erneut auf Shinya Nakano. Ein zweiter Platz bei der Dutch TT in Assen war aus Kawasaki-Sicht der Höhepunkt der Saison. Abgesehen davon erlebte Nakano eine durchwachsene Saison und wurde 14. der Fahrerwertung. Alex Hofmann wurde durch Randy de Puniet ersetzt. Der Franzose landete in der finalen Saison der 990er-Bikes auf der 16. Position der Gesamtwertung.

Mit dem Wechsel zu den 800er-Motoren bot sich für Kawasaki eine neue Chance, den Rückstand auf die führenden Werke aufzuholen. Bei der 800er-Version der ZX-RR verwendete Kawasaki pneumatische Ventile anstatt klassischer Ventilfedern, um höhere Drehzahlen zu realisieren.

Der erhoffte Aufschwung stellte sich aber nicht ein. Shinya Nakano hatte das Team verlassen und wurde durch Olivier Jacque ersetzt. Jacque zog sich zu Beginn der Saison eine schwere Verletzung zu. Fonsi Nieto und Anthony West sprangen ein. Zudem absolvierten Roger Lee Hayden und Akira Yanagawa Wildcard-Einsätze.

Kawasaki fiel erneut hinter Suzuki zurück und landete bei den Herstellern nur auf der fünften Position. Randy de Puniet setzte einige Highlights, wie das Podium beim Kawasaki-Heimspiel in Japan. Als WM-Elfter war der Franzose bester Kawasaki-Pilot.

Anthony West wurde 2008 Stammfahrer und erhielt mit John Hopkins einen neuen Teamkollegen. Kawasaki landete abgeschlagen auf dem fünften und letzten Platz der Herstellerwertung und zog im Januar 2009 den Stecker.

Finale MotoGP-Saison unter dem Label Hayate
Um das Projekt für die MotoGP-Saison 2009 zu retten, wechselte man zum Label Hayate. Marco Melandri pilotierte die einzige Kawasaki im Feld und fuhr in Le Mans überraschend aufs Podium. Der Italiener wurde WM-Zehnter. In der Herstellerwertung fehlte nicht viel zu Suzuki. Nach 2009 verschwand Kawasaki komplett aus der MotoGP.

Ab 2010 waren mit Honda, Yamaha, Ducati und Suzuki nur noch vier Hersteller vertreten. Suzuki beendete das MotoGP-Projekt nach dem Saisonfinale 2011. Ab der Saison 2012 wurde das Feld mit CRT-Bikes (Claiming Rule Teams) aufgestockt, die zum Teil auch von Kawasaki-Superbike-Motoren angetrieben wurden. Es gingen nur noch zwölf MotoGP-Prototypen an den Start.

Suzuki kehrte beim Saisonfinale 2014 mit einem komplett neu entwickelten Motorrad auf die MotoGP-Bühne zurück und war ab 2015 wieder werksseitig beteiligt. Und auch Aprilia kehrte in die MotoGP zurück. Die erste Version der RS-GP hatte allerdings eine enge Verwandtschaft mit dem Superbike RSV4. KTM nutzte das Saisonfinale 2015 für den ersten Renneinsatz der RC16, die das Feld seit 2016 bereichert.

Kawasaki dementierte immer wieder die Gerüchte einer möglichen MotoGP-Rückkehr. Auch die Regelrevolution 2027 wird voraussichtlich nicht dafür sorgen, dass Kawasaki in die MotoGP zurückkehrt.

Text von Sebastian Fränzschky

Motorsport-Total.com
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter

Dieser Beitrag wurde unter Racing abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert