84 Punkte und Platz zehn in der MotoGP-Teamwertung, 69 Zähler und Platz fünf in der Herstellerwertung, dazu 19 Punkteplatzierungen und sechs Top-10-Resultate durch die Stammpiloten – so lautet die Bilanz nach einer MotoGP-Saison für den österreichischen Hersteller KTM.
„Unser erstes MotoGP-Jahr lief deutlich besser, als wir erwartet haben“, schildert KTM-Motorsportchef Pit Beirer vor dem Saisonauftakt 2018. Der Deutsche erläutert außerdem, welche Ziele die ehrgeizige Mannschaft 2018 verfolgt. Die Top 5 haben Pol Espargaro und Bradley Smith im Visier.
Rückblick: 2017 drehte Bradley Smith beim Wintertest in Sepang auf der RC16 die schnellste Rundenzeit für KTM in 2:01.338 Minuten. Auf die Spitze fehlten fast zwei Sekunden. „Wir wollten einsteigen, gute Arbeit machen und eine solide Basis schaffen. Wir hatten sehr großen Respekt vor unserer Konkurrenz und der gesamten Weltmeisterschaft. Wir haben uns darauf konzentriert, einen ordentlichen Job für die Zukunft zu verrichten. Auf die Resultate haben wir dabei nicht so sehr geachtet. Rückblickend betrachtet sind wir sehr zufrieden mit den Ergebnissen“, schildert Beirer gegenüber ‚MotoGP.com‘.
„Im ersten Training in Katar fehlten uns 3,5 Sekunden auf die Spitze, wir waren eine Sekunde langsamer als das vorletzte Bike. Während des Jahres konnten wir den Rückstand auf unter eine Sekunde drücken. Außerdem holten wir mehrere Top-10-Ergebnisse und viele Punkte. Damit sind wir im ersten Jahr sehr zufrieden.“ Bereits am ersten Testtag 2018 konnte Pol Espargaro die Smith-Zeit aus dem Vorjahr deutlich unterbieten.
„Wir werden immer das Maximum versuchen“
Am Montagnachmittag liegt der Spanier vor Ende des zweiten Tages mit einer 2:00.262 Minuten auf Top-10-Kurs. Über eine Sekunde konnte er die Zeit aus dem Vorjahr verbessern. „Wenn man sich ansieht, wo wir vor zwölf Monaten standen und wo wir jetzt stehen, dann ist das ein komplett anderes Projekt und ein anderes Bike“, kommentierte Smith bereits nach dem ersten Testtag die Entwicklung der Mannschaft.
„Wenn man sich Pols Zeiten ansieht, dann sind wir zurück in den Top 10. Das ist positiv, da wir zu Saisonbeginn wieder dort stehen wollten, wo wir 2017 aufgehört haben. Es ist sehr schwierig, auf dem gleichen Level wieder zu beginnen, da alle ihre Bikes verbessern. Aber es scheint, als wären wir dabei. Dennoch müssen wir uns noch stark verbessern. Im Moment sind wir im Plan“, erklärt der Brite.
Sechs Bikes stehen den beiden Stammpiloten bei den ersten Tests in Malaysia zur Verfügung, eine „ganze Garage voller Ideen“ nannte es Mike Leitner. Das spiegelt die Philosophie von KTM exakt wider: „Solange wir Rennen fahren, werden wir niemals langsamer machen. Wir werden immer das Maximum versuchen“, erklärt Beirer.
„Doppelte Geschwindigkeit“ bei der Entwicklung
„Man kann sich vorstellen, dass der Einsatz jetzt umso höher ist, da wir bereits sehen können, dass uns nicht mehr viel fehlt. Die Entwicklungsschritte werden natürlich kleiner ausfallen“, ist er sich bewusst. „Das Problem dabei ist, dass auch die Topteams niemals stillstehen. Wir müssen also nicht nur unseren alten Rückstand aufholen, sondern auch den neuen, den die Hersteller verursacht haben.“
Dazu brauche es die „doppelte Geschwindigkeit“ bei der Entwicklung, bis man die Topteams eingeholt hat. „Was wir im ersten Jahr und in anderen Kategorien gelernt haben: Man muss sich selbst im Spiegel anschauen und die Schwachstellen im Team, egal ob es den Prozess betrifft oder das Bike, verbessern. Außerdem sollte man den Medien oder den Fahrern nicht die Unwahrheit erzählen. Wenn man ehrlich ist, die Schwächen erkennt und daran hart arbeitet – dann kann man sich auch verbessern.“
Beirer ist außerdem davon überzeugt, dass die Mannschaft durch die Erfahrung von einem Jahr im MotoGP-Zirkus noch stärker geworden ist. Dabei spielt auch die Technik eine große Rolle. KTM wollte einen ungewöhnlichen Weg einschlagen: „Als wir dieses Projekt begonnen haben, hatten wir zu Beginn ein weißes Blatt Papier mit zwei fixen Parametern: einem Stahlrohrrahmen und WP Suspension. Auf diese beiden Produkte sind wir in unserer Familie sehr stolz.“ Um diese Parameter herum entstand schließlich die RC16. Zwar gab es aufgrund des Stahlrahmens viele Zweifler, doch sieht Beirer einen klaren Vorteil im Vertrauen in die eigenen Produkte.
Beirer über Piloten: „Hätten keine Besseren finden können“
„Wir kannten die Produkte bereits sehr gut. Die Reaktionszeit, von der Erfahrung auf der Strecke bis in die Fabrik, war sehr kurz. Wir können alles im Haus produzieren, ohne auf eine dritte Partei angewiesen zu sein. Es ist nur ein Nachteil, wenn du deine Konkurrenten kopieren möchtest. Aber wir wollen unseren eigenen Weg finden.“ Nebst der technischen Komponente ist auch der Faktor Fahrer nicht zu unterschätzen. Mit Pol Espargaro und Bradley Smith kamen zwei Yamaha-Fahrer neu in das Team, während Testpilot Mika Kallio bereits lange in das MotoGP-Projekt involviert war.
„Wir hätten keine besseren Fahrer finden können“, ist der KTM-Motorsportchef überzeugt. „Jeder hat seinen Teil zur Entwicklung beigetragen. Man sollte auch bedenken, dass alle drei Piloten ein Risiko eingegangen sind, indem sie sich diesem neuen Projekt angeschlossen haben. Es zeugt von großem Einsatz, dass sie das gewagt haben.“
Während sich Espargaro schnell an die KTM gewöhnen konnte und mit dem14. Platz in Argentinien die ersten Punkte und mit dem neunten Rang in Brünn das erste Top-10-Resultat einfahren konnte, benötigte Smith mehr Zeit. „Er hat uns auch dabei geholfen, die Herstellerwertung auf dem fünften Platz zu beenden.“ Außerdem betont der Manager, dass man „in einer perfekten Welt“ gerne längerfristig mit den Piloten zusammenarbeiten würde.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten spielte sich die Mannschaft immer besser ein, in der zweiten Saisonhälfte konnte KTM achtmal unter die ersten Zehn fahren. „Der nächste Meilenstein wären also Top-5-Ergebnisse. Das behaupte ich nicht für die Weltmeisterschaft, aber es sollte in dieser Saison möglich sein.“
Text von Maria Reyer & Scherazade Mulia Saraswati
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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