(Motorsport-Total.com) – Das Fahreraufgebot von Honda gleicht aktuell einem Lazarett.
Alex Rins fällt nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch noch eine Weile aus, Joan Mir verpasst am Wochenende den dritten Grand Prix in Folge und auch Marc Marquez‘ Gesundheitszustand bereitet Sorgen. Beim WM-Lauf auf dem Sachsenring am Sonntag war LCR-Pilot Takaaki Nakagami der einzige Honda-Pilot.
Für Marc Marquez war das Rennwochenende in Deutschland nach dem fünften Sturz vorzeitig beendet. Beim Abflug im Warm-up am Sonntagmorgen brach sich der Spanier den Daumen.
Markenkollege Takaaki Nakagami fuhr unmittelbar hinter der Honda mit der Startnummer 93 und sprach nach dem Rennen über die heikle Szene in der schnellen Bergab-Linkskurve.
„Es war ein richtig hartes Wochenende. Nach dem Warm-up war ich der einzige verbliebene Honda-Pilot“, bilanziert Nakagami. „Ich fuhr hinter Marc und sah diesen fürchterlichen Unfall. Er fuhr nicht über dem Limit. Er verpasste auch nicht den Kurvenscheitel. Es sah alles gut aus, doch dann rutschte aus irgendeinem Grund das Heck weg.“
Honda RC213V: Kritisches Fahrverhalten raubt den Fahrern das Selbstvertrauen
„Er hatte einen massiven Highsider. Als ich das sah, war ich wirklich verängstigt, denn ich fahre das gleiche Motorrad“, gesteht Nakagami, der beim Rennwochenende auf dem Sachsenring einige Schrecksekunden hatte. „Ich hatte einige Mal ein ähnliches Gefühl. Zum Glück hatte ich keinen Highsider, doch es fühlte sich einige Male so an, als ob ich kurz davor war“, schildert der Japaner.
Das Fahrverhalten der Honda RC213V ist momentan extrem kritisch. Vom Speed ist Honda meilenweit von Ducati entfernt. Auch Yamaha fährt hinterher. Doch im Vergleich zur Yamaha M1 ist die Honda RC213V momentan unberechenbar. Stürze in aussichtsloser Position sind die Folge.
„Auf eine Renndistanz ist es am schwierigsten. Auf eine schnelle Runde kann man seine Augen schließen und eine Runde zusammenbringen“, erklärt Nakagami. „Doch bei einer vollen Renndistanz geht das nicht, weil man erst einmal ins Ziel kommen muss. Wenn man über dem Limit fährt, dann landet man im Kies.“
Hat die Honda RC213V ein grundlegendes Problem?
„Wir fanden an diesem Wochenende keine Lösungen und lagen weit zurück. Der Rückstand war riesig“, berichtet Nakagami. „Ich konnte einfach nicht besser fahren, weil ich das Gefühl hatte, bereits am Limit zu sein. Das Vorderrad wollte immer wieder einklappen. Zudem war das Heck sehr unruhig. Das Motorrad wackelte und schüttelte sich.“
„Es ist schwierig, dann zu pushen. Ich musste einen Schritt zurück machen, um wenigstens die karierte Flagge zu sehen“, begründet Nakagami das enttäuschende Ergebnis. Nach 30 Rennrunden hatte Nakagami mehr als 25 Sekunden Rückstand und wurde auf P14 gewertet.
„Unser Motorrad erzeugt nicht viel Grip und man hat am Kurveneingang schnell einen Highsider. Wenn man ans Gas geht, hat man wenig Grip. Das Hinterrad dreht bei unserem Motorrad ständig durch. Ich weiß nicht, aber die mechanische Haftung und die Elektronik sind schwer zu kontrollieren“, nennt Nakagami die Probleme.
Immerhin konnte Nakagami den HRC-Ingenieuren einige Informationen liefern. „Das ist wichtig für mich und Honda, denn wenn ich mich auch noch verletze, dann haben wir niemanden mehr im Feld. Immerhin konnte ich Daten sammeln, damit sie die Entwicklung vorantreiben können“, so der Japaner. „Es ist der schwierigste Moment für Marc, aber auch für uns.“
Am bevorstehenden Wochenende gastiert die MotoGP in Assen. Im Lager von Honda hat man sehr niedrige Erwartungen. „Für Assen haben wir keine Zeit, um irgendetwas zu verbessern. Doch wir denken, dass sie nach der Sommerpause etwas bringen, das uns hilft. Das Wochenende hier und das Rennen war sehr hart und schwierig“, bedauert Nakagami.
Wie geht es bei Takaaki Nakagami weiter?
Aktuell ist unklar, wie es 2024 bei Honda weitergeht. Marc Marquez hat einen Vertrag, doch im Fahrerlager der MotoGP kursierten wilde Gerüchte zur Zukunft des Spaniers. Kauft sich Marquez aus dem HRC-Vertrag heraus? Wie geht es mit Joan Mir und Alex Rins weiter?
Die Anziehungskraft von Honda hat binnen weniger Jahre extrem nachgelassen. War ein Platz im Repsol-Honda-Team jahrelang der absolute Traum eines MotoGP-Piloten, so scheint ein Vertrag mit dem Honda-Werksteam im Moment eher eine abschreckende Wirkung zu haben.
Takaaki Nakagami weiß noch nicht, ob er 2024 für LCR-Honda weitermacht. „Es gab an diesem Wochenende ein kleines Meeting. In Assen gibt es ein weiteres Meeting und dann kann ich etwas Neues verkünden. Ich weiß aber nicht, ob es gute oder schlechte Neuigkeiten sind (lacht; Anm. d. Red.)“, bemerkt er.
„Ich versuche, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Natürlich ist es ein schwieriger Moment“, so der 31-jährige Japaner. „Wir können keine besseren Ergebnisse erwarten und müssen versuchen, auf dem Motorrad sitzen zu bleiben und die Rennen zu beenden.“
Text von Sebastian Fränzschky
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