Jonathan Rea - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Jonathan Rea half Toprak Razgatlioglu bei seinen ersten Schritten in der Superbike-WM

(Motorsport-Total.com) – Als Toprak Razgatlioglu im Herbst 2017 seine ersten Erfahrungen mit einer WSBK-Maschine sammelte, leistete Jonathan Rea wichtige Schützenhilfe.

Beim Test in Portimao zeigte Rea dem Türken die Linie und wurde auch in Razgatlioglus Debütsaison im Folgejahr immer wieder als Referenz genutzt.

Razgatlioglu erinnert sich an seinen Wechsel von der Superstock-Europameisterschaft in die Superbike-WM: „2017 fuhr ich zum ersten Mal ein Superbike. Jonathan half mir damals. Das werde ich nicht vergessen. Er half mir auch 2018 bei jedem Rennen.“

In der Saison 2021 schubste Razgatlioglu seinen ehemaligen Lehrmeister vom Superbike-Thron und beendete die Erfolgsserie des Rekord-Weltmeisters. Wir haben Jonathan Rea gefragt, ob es ein Fehler war, Razgatlioglu zu Beginn zu helfen?

Jonathan Rea sieht Hilfe als Selbstverständlichkeit an
Für Rea war es selbstverständlich, Kawasaki-Markenkollege Razgatlioglu zu Beginn seiner Karriere unter die Arme zu greifen. „Natürlich half ich Toprak zu Beginn bei Kawasaki. Er war jung und unerfahren“, erinnert sich der Rekord-Weltmeister im exklusiven Gespräch mit ‚Motorsport-Total.com‘ und fügt hinzu: „Zudem ist er ein netter Kerl.“

„Ich bereue es nicht“, stellt Rea klar. „Ich hatte in diesem Sport viel Glück. Ich gewann sechs WM-Titel und blicke auf mehr als 100 Laufsiege zurück. Ich fürchte mich vor nichts. Ich gebe bei jedem Rennen mein Bestes. Manchmal reicht das nicht. Warum sollte ich jemandem nicht helfen?“

In der vergangenen Saison wurde Rea regelmäßig von Razgatlioglu besiegt. Der Yamaha-Pilot hatte am Ende die Nase vorn. Rea war mit Abstand bester Kawasaki-Pilot. Die für ihn ungewohnt vielen Stürze in der WSBK-Saison 2021 belegen, dass Rea am und über dem Limit unterwegs war.

Dass Rea von Razgatlioglu mit der Yamaha und ab und zu von Scott Redding mit der Ducati besiegt wurde, kann die langjährige Nummer eins der Superbike-WM verschmerzen. „Ich kann es akzeptieren, manchmal besiegt zu werden, wenn das Paket des Gegners besser ist. Doch schwieriger ist, wenn Fahrer mit dem gleichen Material stärker sind“, bemerkt er. „Wenn man das gleiche Material verwendet, sieht es anders aus. Es ist hart, wenn der Teamkollege schneller ist.“

Als sich Toprak Razgatlioglu gegen Kawasaki und für Yamaha entschied
Dabei gab es die theoretische Chance, dass Razgatlioglu Teamkollege von Rea wird. In der Saison 2019 wurde Razgatlioglu als potenzieller Nachfolger von Leon Haslam gehandelt, der damals an der Seite von Rea für das Kawasaki-Werksteam fuhr.

Nach dem kontroversen 8-Stunden-Rennen von Suzuka, bei dem Razgatlioglu ein Teil des siegreichen Kawasaki-Werksteams war, aber nicht zum Einsatz kam, entschied Manager Kenan Sofuoglu, seinen Schützling zu Yamaha zu transferieren.

Rea ist überzeugt, dass Razgatlioglu so oder so nicht bei Kawasaki unterschrieben hätte. „Toprak wäre nie mein Teamkollege geworden, weil sein Manager alles kontrolliert. Sein Manager trifft all seine Entscheidungen. Toprak macht, was Kenan sagt und entscheidet. Das ist ein bisschen seltsam“, wundert sich der Brite.

Starke Teamkollegen sind für Rea eine Inspiration und weniger eine Gefahr
Angst vor einem starken Teamkollegen hat Rea nicht. „Es ist immer besser, einen starken Teamkollegen zu haben. Dann kann man sich selbst verbessern, weil man sehen kann, was der andere Fahrer anders macht und wie er mit dem Motorrad umgeht“, bestätigt der Rekord-Champion.

„Ich konnte in der Vergangenheit von Tom (Sykes), Alex (Lowes) und Leon (Haslam) einige Dinge lernen. Ich sehe es als positiv an, wenn der Teamkollege schnell ist. Als ich 2009 mit Carlos (Checa) fuhr, lernte ich richtig viel von ihm“, erinnert sich Rea. „Beim direkten Vergleich der Daten erkannte ich, wie ich meinen Fahrstil verbessern kann, um ein besserer Fahrer zu werden.“

„Ich hatte nie Angst vor starken Teamkollegen“, stellt Rea klar. „Ich genoss es und mag es. Wenn ein anderer Fahrer mit dem gleichen Motorrad schneller ist, dann weiß man, dass es schneller geht. In diesem Fall weiß man, dass es am Fahrer liegt und dass man es besser machen kann.“

„Doch wenn ein anderer Fahrer mit einer Yamaha oder Ducati schneller ist, dann kann man es auf die Eigenschaften der Maschine schieben. Mit der gleichen Maschine gibt es keine Ausreden. Man muss sich einfach verbessern“, so Rea.

Großer Respekt vor dem Erreichten ist wichtig
Mit Razgatlioglu pflegt Rea trotz der harten Duelle auf und neben der Strecke ein gutes Verhältnis. „Man muss sich immer gegenseitig respektieren“, erklärt Rea. „Wenn man besiegt wurde, muss man dem anderen die Hand reichen können.“

„Mit Toprak hatte ich ein besseres Verhältnis als mit dem Großteil meiner anderen Rivalen. Natürlich tut es weh, wenn er mich besiegt. Ich würde nicht sagen, dass ich mich für ihn freue, doch man muss in diesem Fall seinen Hut ziehen“, schildert der Kawasaki-Pilot.

„Ich habe in meiner Karriere schon viel gewonnen. Es gibt nicht Schlimmeres, als wenn keiner im Parc Ferme gratuliert. Das ist in meiner Karriere bereits passiert“, blickt Rea zurück. „Ich muss Toprak gratulieren. Er leistet tolle Arbeit. Das motiviert mich, härter zu arbeiten. Denn wenn ich ihn besiege, dann besiege ich einen absoluten Spitzenfahrer.“

Text von Sebastian Fränzschky

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