(Motorsport-Total.com) – Im spannenden MotoGP-Sprint auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg (Österreich) war am Samstag die gegen Jorge Martin ausgesprochene Strafe die Entscheidung, dass der WM-Spitzenreiter letztlich im Kampf um den Sprint-Sieg keine Rolle mehr spielte.
Francesco Bagnaia, mit dem sich Martin in der Anfangsphase des Rennens ein sehenswertes Duell um die Führung geliefert hatte, fuhr nach Martins Long-Lap-Penalty souverän zum Sieg. Dass Martin noch Zweiter wurde, das verdankt er nicht zuletzt dem Sturz von Marc Marquez an zweiter Stelle liegend.
Die Long-Lap-Penalty gegen Martin wurde ausgesprochen, nachdem er im Führungsduell gegen Bagnaia die Schikane abgekürzt hatte und damit nicht so viel Zeit verloren hat wie es in den Regeln vorgeschrieben ist, um einer Strafe zu entgehen.
Zum Thema Abkürzen der Strecke besagt das MotoGP-Reglement, dass der jeweilige Fahrer im entsprechenden Sektor der Strecke mindestens eine Sekunde langsamer sein muss, als er seine durchschnittliche Zeit in diesem Sektor. Ist das nicht der Fall – so wie bei Martin im Sprint am Samstag – gibt es eine Strafe.
Martin und Bagnaia schildern die Szene in der Schikane
„Wie man im TV gesehen hat, waren wir in ein Duell um die Führung verstrickt“, sagt Martin und weiter: „Vielleicht war ich in diesem Moment einfach zu optimistisch. Ich ließ ihn daraufhin passieren und habe versucht, ein bisschen Zeit zu verlieren. Eine ganze Sekunde war es sicherlich nicht, aber Zeit habe ich auf jeden Fall verloren.“
Bagnaia erinnert sich an die Szene so: „Ich kam in dieser Runde sehr gut aus Kurve 1 heraus und entschied mich daraufhin, außen neben ihn zu gehen. Ich hatte mir fest vorgenommen, so spät wie im Qualifying zu bremsen. Wenn er dagegenhält, dann würde er geradeaus fahren. Das war mir klar.“
Genau so kam es. Auf der Innenbahn neben Bagnaia verpasste Martin den Eingang in die Rechts-Links-Schikane und fuhr geradeaus durch den asphaltierten Notausgang (die Streckenvariante ohne Schikane). Dass der Pramac-Pilot nach dem Einfädeln auf die Rennstrecke hinter Bagnaia lag, das änderte nichts daran, dass aufgrund des Reglements die Long-Lap-Penalty ausgesprochen wurde.
Bagnaia hatte die Strafe gegen seinen Rivalen schon kommen sehen. „Als er am Ende dieser Runde nur 0,3 Sekunden hinter mir lag, da wusste ich, dass er eine Strafe bekommen würde“, erinnert sich der Ducati-Werkspilot.
Ist Long-Lap die richtige Strafe für Abkürzen?
Geht die Strafe gegen Martin aus Bagnaias Sicht also in Ordnung? „Nun, ich sage mal so: Wenn du eine Schikane abkürzt, dann verlierst du sowieso Zeit. Aber Regeln sind Regeln.“ So sieht es auch Martin – zumindest in seiner englischsprachigen Medienrunde.
In dieser nämlich sagt Martin: „Die Regeln sind nun mal so. Und deshalb, weil es so in den Regeln steht, ist es auch fair. Ich habe dann also versucht, trotz der Long-Lap das maximal Mögliche herauszuholen.“
Gegenüber DAZN Spanien allerdings äußert sich Martin durchaus kritisch und regt an: „Die Regel sollte geändert werden, keine Frage. Ohne [die Strafe] wäre es ein spannenderes Rennen geworden. Ich glaube, ich hätte ‚Pecco‘ einen tollen Kampf liefern können.“
„Als ich geradeaus fuhr“, so Martin weiter, „bekam ich direkt die Long-Lap aufgebrummt. Dabei hatte ich ohnehin schon Zeit verloren. Ich denke nicht, dass es fair ist, bestraft zu werden, wenn du sowieso schon Zeit verloren hast. Ich weiß nicht, ob die Strafe wirklich notwendig war“.
„Es war ja nicht so, dass ich geradeaus gefahren wäre, weil mir einfach danach war. Es war so, dass ich geradeaus gefahren bin, weil ich in einem Zweikampf am Limit war. In seiner solchen Situation wäre es vielleicht das Beste, wenn man das Rennen einfach laufen lässt, sodass es zumindest einen guten Kampf gibt“, sagt der Pramac-Pilot.
Was Martin in seiner englischsprachigen Medienrunde nicht sagt, gegenüber DAZN Spanien aber offen zugibt: „Hätte ich gewusst, dass ich eine Strafe bekomme, dann wäre ich [nach dem Abkürzen] vorne geblieben und hätte auf die Strafe gewartet.“
So oder so: Die Long-Lap-Penalty absolvierte Martin wenige Runden nach Bekanntgabe korrekt laut Vorgabe. Dabei kam er unmittelbar vor Aprilia-Pilot Aleix Espargaro auf die Rennstrecke zurück.
Zu diesem Zeitpunkt war Martin zwar nur Dritter hinter Bagnaia und hinter Marc Marquez. Weil der Gresini-Pilot aber nur zwei Runden später in Kurve 3 stürzte, rückte Martin doch wieder auf die zweite Position nach vorn. Und auf dieser kam er nach den 14 Runden auch ins Ziel.
Auf Nachfrage, ob er glaubte, Marquez auch ohne dessen Sturz übertrumpfen zu können, antwortet Martin: „Nein, das glaube ich nicht. Die dritte Position war für mich das Maximum nach der Long-Lap. Ehrlich gesagt war ich mehr damit beschäftigt, Aleix hinter mir zu halten. Vor der Long-Lap dachte ich aber schon, dass ich um den Sieg kämpfen kann.“
Punktegleichstand an der Tabellenspitze ist „fantastisch“
An der Spitze der MotoGP-Gesamtwertung 2024 sind Francesco Bagnaia und Jorge Martin nun mit 250 Zählern punktgleich. Darauf angesprochen, dass es nach dem Sprint des elften Rennwochenendes der Saison derart eng zugeht, antwortet Bagnaia: „Das ist fantastisch! Und ganz ehrlich, ich freue mich, dass es so ist. Wir beide haben zu viele Fehler gemacht. Abgesehen davon aber fahren wir in den Rennen immer vorne.“
„Egal auf welcher Strecke, egal in welcher Situation, wir fahren immer vorne. Unser beider Level ist momentan ein bisschen höher als das der anderen“, urteilt Bagnaia über Martin und sich selbst und ist überzeugt: „Das wird auch so bleiben müssen, um in diesem Zweikampf zu bestehen.“
Text von M.Fritzsche, Co-Autoren: G.Dirnbeck, G. Garcia Casanova
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter
Neueste Kommentare