(Motorsport-Total.com) – Kracht es jetzt zwischen den beiden Spaniern? Jorge Lorenzo ist nach seinem zweiten Sturz in Folge im direkten Zweikampf mit Marc Marquez äußerst ungehalten.
„In Misano war der Sturz meine Schuld. Hier hat Marc mir das Rennen, meinen Fuß und meine Siegchance zerstört – und wahrscheinlich auch das Rennen in Thailand“, flucht er nach dem Rennen. Ein Start in Thailand ist zwar wahrscheinlich, aber ob Lorenzo in Buriram konkurrenzfähig sein wird, steht auf einem anderen Blatt.
Bislang war seine Beziehung zu Marquez von Respekt geprägt – vor allem dank des gemeinsamen Gegners Valentino Rossi. Doch diesmal tobt der Mallorquiner: „Er hat wieder einmal einen Blockpass gegen mich gefahren und mir keinen Platz gelassen, wie schon in der Vergangenheit. Es scheint ihm absolut egal zu sein, was aus mir wird. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Stürzen oder von der Strecke fahren. Und was mich richtig ärgert: Von außen sieht es so aus, als sei es rein meine Schuld gewesen. Aber ich weiß genau, was da passiert ist. Und Marc weiß es auch.“
Lorenzo droht: Ich kann auch anders
So stark hat Jorge Lorenzo seinen baldigen Teamkollegen noch nie kritisiert, obschon der amtierende Weltmeister schon öfter mit solchen Manövern aufgefallen ist – auch gegen den Noch-Ducati-Fahrer. Zuletzt in Österreich, doch da behielt Lorenzo die Nase vorn. Damals bezeichnete er Marquez bereits als „Monster“. Nun kündigt er an, Schritte einleiten zu wollen: „Ich denke, das ist eine nette Gelegenheit, zur Sicherheitskommission zu gehen. Normalerweise nehme ich an den Meetings nicht teil, weil ich an den Wochenenden sehr beschäftigt bin. Aber diesmal werde ich gehen.“
Bei den Stewards hingegen will er es gar nicht erst versuchen: „Zur Rennleitung werde ich nicht gehen, weil es von außen so aussieht, als hätte ich mich zu stark auf der dreckigen Linie in die Kurve gelegt.“ Und spätestens seit dem Fenati-Schuldspruch mit zwei Rennen Sperre wird er wissen, dass er von dieser Seite nichts zu erwarten hat.
Was er beim Meeting der Sicherheitskommission erreichen will? „Es sollte ein Gentlemen Agreement geben, wie man fahren sollte. Und ein Blockpass ist das genaue Gegenteil dessen. Für mich ist so etwas nicht fair, auch wenn es derzeit nicht illegal ist.“ Doch er weiß, dass die Chancen schlecht stehen, zumal er in der Vergangenheit ausreichend Chancen gehabt hätte, als andere Fahrer Marquez‘ Fahrweise auf ähnliche Weise kritisierten.
Und so kündigt er bereits an, das Heft in die eigene Hand nehmen zu wollen: „Ich mag es nicht, wenn man mit mir herumspielt. Wenn nicht irgendetwas gegen solche Sachen getan wird, werde ich wohl bald Dinge tun müssen, die ich nicht mag, weil sie für mich unfair sind. Ich mag es nicht, meinen Stil zu ändern. Aber in Zukunft wird das bei gewissen Fahrern wohl nötig werden.“
Kleinere Verletzungen im rechten Fuß
Für ihn selbst war es ein bitterer Moment: Nicht nur ging er zum zweiten Mal in zwei Rennen in einem direkten Duell mit Marc Marquez zu Boden. Aus psychologischer Sicht ein schlechtes Zeichen für die Saison 2019, wenn die beiden Spanier Teamkollegen werden. Denn so gibt er Marquez das Gefühl, dass er an ihm verzweifelt. Und zweitens konnte er nach dem Highsider die Unfallstelle nicht aus eigener Kraft verlassen. Er versuchte es, humpelte aber stark und musste auf einer Trage in Richtung Medical Center gebracht werden. Zumindest gab es dort eine erlösende Nachricht.
Jorge Lorenzo hat sich zwei kleinere Brüche im rechten Fuß zugezogen – also dem Fuß, der nicht die Schaltarbeit verrichten muss. Die Untersuchungen im Medical Center führten zu Tage, dass er sich den zweiten Zeh gebrochen und den großen ausgerenkt hat. Er verließ das Medical Center mit einem Verband, doch Operationen werden nicht nötig sein. „Morgen bekomme ich einen neuen Verband, der zehn Tage draufbleiben muss. Dann werden wir sehen.“ Er wird nach Thailand reisen; die Ärzte erwarten, dass er bei der MotoGP-Premiere in Buriram wird fahren können.
So bleibt der Frust über das verlorene Rennen im Motorland Aragon. Er hatte mit weichem Vorder- und Hinterreifen eine riskante Wahl getroffen, die ihn in der Vergangenheit schon zu einigen Siegen auf der Ducati getragen hat. Allerdings gab es einige Zweifel, ob diese Reifen auf der rauen Strecke halten würden. „Ich wäre in den ersten Runden sicherlich schneller als Marc und Dovi gewesen und mir so einen Vorsprung erarbeitet“, glaubt er. „Wenn ich mir die Rennpace ansehe, hätte ich sicherlich mehr als sie leisten können.“
Erfahren werden wir es nie, denn der 31-Jährige wurde in hohem Bogen abgeworfen, als er das Gas ein kleines bisschen zu früh aufdrehte. „Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass sich das Hinterrad so verhalten würde“, gibt er zu. „Aber wenn ich nicht am Gas gedreht hätte [um das Heck um die Kurve zu werfen], wäre meine einzige Möglichkeit gewesen, das Motorrad aufzurichten und neben die Strecke zu fahren. Und ich wollte sicher keine fünf bis sechs Positionen verlieren.“
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Beziehung zwischen Marc Marquez und Jorge Lorenzo in Zukunft darstellen wird. In Aragon wurde erst einmal ein Tiefpunkt erreicht.
Text von Heiko Stritzke & German Garcia Casanova
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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