(Motorsport-Total.com) – Vor dem Start des Grand Prix von Österreich am Sonntag in Spielberg hatte sich Marc Marquez nach starken Trainings und direktem Q2-Einzug (Freitag), P3 im Qualifying (Samstagvormittag) und einem ärgerlichen Sturz im Sprint (Samstagnachmittag) einiges ausrechnet. Doch noch bevor die rote Startampel am Sonntag ausging, fingen die Probleme schon an.
Dass Marquez vom dritten Startplatz ganz schlecht wegkam, weil das Holeshot-Device seiner Ducati GP23 nicht aktiv war, und dass er zu allem Überfluss in der ersten Kurve nach Berührung mit Franco Morbidelli (Pramac-Ducati) geradeaus fuhr, das alles war eine Kettenreaktion, deren Ursprung in einem Reifenproblem lag.
„Heute hatten wir einfach Pech. Alles, was hätte schiefgehen können, ist schiefgegangen“, seufzt Marquez und schildert: „Eine halbe Stunde vor dem Start gab es ein technisches Problem. Als die Mechaniker das [vordere] Rad montieren wollten, haben sie bei Überprüfung des Reifendrucks festgestellt, dass das Ventil kaputt war.“
Marquez gibt zu: Nicht aktiviertes Device war sein Fehler
„Sie mussten zu Michelin eilen, um den Reifen von einer Felge auf eine andere Felge aufziehen zu lassen. Das wurde sehr gut erledigt, aber die Reifentemperatur fiel dabei stark ab. Aus diesem Chaos ergab sich dann alles Weitere“, so Marquez und weiter: „In der Startaufstellung sagten sie mir, dass ich in der Aufwärmrunde darauf achten solle, den Reifen auf Temperatur zu bringen.“
„Ich war mehr darauf konzentriert als auf das, was sonst noch zu tun ist. Das hatte zur Folge, das ich das Device für den Start nicht richtig aktiviert habe“, bekennt Marquez. Der Gresini-Pilot erinnert sich: „Auf der letzten Gerade [vor dem Start] habe ich gebremst, um das Device für das Vorderrad zu aktivieren. Dann aber habe ich nochmals gebremst, wobei es wieder deaktiviert wurde. Ohne das Device war es schwierig, gut zu starten.“
Als er das erkannte, indem auf den ersten Metern deutlich schlechter wegkam als die Fahrer um ihn herum, ist Marquez „ganz ruhig geblieben“, wie er sagt. Was ihm in diesem Moment durch den Kopf ging? „Ich wollte die erste Kurve früh anbremsen, um es nicht noch schlimmer zu machen. Dann aber spürte ich auf der linken Seite einen heftigen Schlag.“
Morbidelli und Marquez schildern Kollision vor Kurve 1
Dieser Schlag war die Berührung von Marquez‘ Gresini-Ducati mit der Pramac-Ducati von Franco Morbidelli. Die Berührung der beiden Motorräder wiederum hatte zur Folge, dass sowohl Marquez als auch Morbidelli den Bremspunkt für die erste Kurve nicht so setzen konnten wie sie wollten. Beide gingen in Kurve 1 geradeaus und verloren zahlreiche Plätze.
Franco Morbidelli beschreibt die Szene in seinen Worten: „Es war ein unglücklicher Zwischenfall. Das Tempo von Marc war nicht das normale, weil er sein Device nicht aktiviert hatte. Als ich die erste Kurve anbremsen wollte, kam er nach links rüber. Wahrscheinlich hat er das gemacht, um Jack [Miller] auszuweichen. Dabei haben wir beide uns berührt.“
Marquez kann sich nicht erinnern, nach links rüber gezogen zu sein. Er hat die Situation so erlebt: „Bei der Berührung mit Morbidelli war ich ganz gerade unterwegs. Ich habe dort gebremst, wo Miller, der innen war, gebremst hat. Dann spürte ich plötzlich einen Schlag auf der linken Seite.“
„Das war aber weder die Schuld von [Morbidelli] noch von mir“, so Marquez. „Man muss sich nur mal vor Augen führen, wie viele Kollisionen wir in dieser ersten Kurve schon gesehen haben. Zum Glück kamen wir beide sicher aus der Kurve wieder heraus.“
Nachsatz von Marquez mit Verweis auf sein vor dem Start nicht endgültig aktiviertes Holeshot-Device: „Ich habe mich selber in dieses Chaos gebracht. Ich hätte es vermeiden sollen.“
Fakt ist: Der von P3 gestartete Marquez kam als 13. aus der ersten Runde zurück, der von P8 losgefahrene Morbidelli gar nur als 17. „Von dort haben wir uns dann Schritt für Schritt wieder nach vorne gearbeitet“, so Marquez. Als Endergebnis nach 28 Runden sprang für ihn immerhin noch P4 heraus, während es für Morbidelli P8 wurde.
Marquez stürmt von P13 noch auf P4, ist aber nicht happy
„Wenigstens hatte ich ein bisschen Spaß beim Überholen“, sagt Marquez. Nacheinander ging der Gresini-Star an Fabio Quartararo, Pedro Acosta, Pol Espargaro, Alex Marquez, Maverick Vinales, Aleix Espargaro, Jack Miller, Marco Bezzecchi und Brad Binder vorbei.
Die Position im Zweikampf mit Miller bekam Marquez geschenkt, weil der KTM-Pilot direkt vor ihm in der Schikane einen Sturz hatte. Eine Runde zuvor hatte es genau an dieser Stelle eine Berührung gegeben: Marquez erwischte mit seinem rechten Arm das Hinterrad der KTM RC16. „Das lag daran, weil mein Vorderreifen hinter Jack Miller zu heiß wurde und ich deshalb nicht dort bremsen konnte, wo ich bremsen wollte“, erklärt der Spanier.
Als den schwierigsten seiner insgesamt neun Positionsgewinne nach dem verpatzten Start bezeichnet Marquez „wahrscheinlich das Überholmanöver gegen Bezzecchi. Hinter ihm habe ich einige Runden verbracht, bis ich vorbeikam“. In diesem Duell ging es um die fünfte Position. Geschnappt hat sich Marquez Bezzecchi letztlich in der Schikane.
Anschließend fand Marquez noch den Weg an Brad Binder vorbei, um schließlich als Vierter ins Ziel zu kommen. Zufrieden ist er trotzdem nicht: „Heute hätte ich es auf das Podium schaffen können, aber das war dann nicht mehr möglich. Über den vierten Platz bin ich nicht glücklich, denn wir haben an den zwei wichtigsten Punkten des Wochenendes versagt.“
Damit spricht Marquez zum einen auf seinen Sturz im Sprint am Samstag an, als er hinter Spitzenreiter Francesco Bagnaia an zweiter Stelle fuhr. Zum anderen spricht er auf seinen verkorksten Grand Prix am Sonntag an, der für ihn schon ab einer halben Stunde vor dem Start alles andere als planmäßig verlief.
Marc Marquez seit über 1.000 Tagen ohne Sieg
Ein MotoGP-Rennen zu gewinnen, das ist Marc Marquez zuletzt vor mehr als 1.000 Tagen gelungen. Es war am 24. Oktober 2021 beim Grand Prix der Emilia-Romagna in Misano. Damals fuhr er noch für das Honda-Werksteam.
Es war damals das letzte Rennen, bevor ein Sturz beim Motocross-Training in Spanien zur Folge hatte, dass Marquez‘ alte Augenverletzung von 2011 wieder aufkam. Aufgrund dieser erneuten Verletzung (Doppelsicht) war die Saison 2021 für ihn vorzeitig beendet.
Dass Marquez zum letzten Mal eine komplette MotoGP-Saison ohne verpasste Rennen durchgezogen hat, das liegt inzwischen schon fünf Jahre zurück. Es war die Saison 2019, seine bislang letzte, die er als Weltmeister abgeschlossen hat.
Die Saison 2020 stand für Marquez im Zeichen des schweren Armbruchs direkt beim Saisonauftakt in Jerez. 2021 stieg er deshalb verspätet in die Saison ein, bevor er sie aufgrund der genannten Augenverletzung schließlich vorzeitig beenden musste.
2022 ließ sich Marquez mitten in der Saison erneut am zwei Jahre zuvor gebrochenen Arm operieren und verpasste deshalb abermals mehrere Rennen. Und 2023 verletzte er sich zunächst direkt beim Saisonauftakt in Portimao beim heftigen Crash mit Miguel Oliveira, und später auch noch an seinem sturzlastigen Sachsenring-Wochenende.
Dass er jetzt schon seit über 1.000 Tagen auf einen Sieg wartet, das spielt für Marquez keine Rolle, wie er sagt: „Das kümmert mich nicht. Es war mir klar, dass das aktuelle Jahr ein Aufbaujahr wird. Ich bin dabei, Schritt für Schritt mein Selbstvertrauen wieder zu finden. Der Auftakt in die Saison lief gut. Dann sah es so aus als hätten wir wieder einen Schritt rückwärts gemacht.“
„Jetzt“, so Marquez weiter, „kommen wir langsam wieder voran. Daran müssen wir im zweiten Teil der Saison anknüpfen. Wir müssen versuchen, es wieder auf das Podium zu schaffen. Wenn es mit einem Sieg in diesem Jahr nicht klappt, dann wird er im nächsten Jahr kommen“.
Zur MotoGP-Saison 2025 wechselt Marc Marquez aus dem Ducati-Kundenteam Gresini ins Ducati-Werksteam an die Seite des aktuell zweimaligen MotoGP-Weltmeisters Francesco Bagnaia.
Text von M.Fritzsche, Co-Autoren: G.Dirnbeck, R. Carballo Rosa
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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