Marc Marquez: 2024 schon so viele Siege wie in den vier Jahren zuvor zusammen

(Motorsport-Total.com) – Drei Grands Prix hat Marc Marquez nun schon gewonnen, seitdem er für die MotoGP-Saison 2024 auf ein Vorjahresmodell von Klassenprimus Ducati umgesattelt hat.

Für einen seiner langjährigen Wegbegleiter und Förderer – Honda-Teammanager Alberto Puig – kommt das alles andere als überraschend.

Beginnend mit seinem erlösenden Sieg beim Aragon-Grand-Prix, der am 1. September nach über 1.000 Tage Durststrecke zustande kam, hat Marquez in Diensten des Gresini-Teams seither auch den Emilia-Romagna-Grand-Prix in Misano und den Australien-Grand-Prix auf Phillip Island gewonnen.

Jeder einzelne der drei bisherigen Marquez-Triumphe auf einer Ducati war für sich besonders. Der Aragon-Sieg war für den achtmaligen Motorrad-Weltmeister die Krönung eines dominanten Wochenendes, an dem er tags zuvor schon den Sprint gewonnen und die Qualifying-Bestzeit erzielt hatte.

Der Misano-Sieg gelang Marquez in einem Flag-to-Flag-Rennen, in dem er in der Phase, als die Bedingungen am schwierigsten waren, am meisten riskierte. Und der Phillip-Island-Sieg am vergangenen Sonntag gelang ihm, nachdem er den Start aus der ersten Reihe durch eigenes Verschulden denkbar unglücklich verbockt hatte.

Auf den Gewinn des MotoGP-Titels 2024 hat Marc Marquez realistisch betrachtet zwar keine Chance mehr, aber den Weg zurück auf die Siegerstraße, den hat der leidgeprüfte Spanier nach Jahren der Qualen – sowohl körperlich wie auch bezogen auf das Material – definitiv gefunden.

Puig von Marquez‘ Wiederauferstehung nicht überrascht
Für Alberto Puig, der Marc Marquez einst entdeckt und in die Motorrad-WM gebracht hat, kommt die Wiederauferstehung seines jahrzehntelangen Schützlings alles andere als überraschend. „Ich weiß, dass er nach seinem fürchterlichen Jerez-Unfall von vielen Leuten angezweifelt wurde. Und ich verstehe das, denn alles war kompliziert“, wird Puig von El Periodico zitiert.

„Es war nicht nur seine Verletzung“, spricht Puig auf den insgesamt viermal operierten rechten Oberarm von Marquez an und spannt den Bogen weiter: „Es war auch das Problem seines Doppeltsehens in seinen Augen und was noch hinzu kam war, dass das Motorrad nicht funktionierte. Trotzdem habe ich niemals daran gezweifelt, dass er wieder gewinnen würde, niemals!“

Mit dem „Motorrad, das nicht funktionierte“, meint Puig natürlich die Honda in Marquez‘ letzten Jahren im japanischen Werksteam, wo Puig selber bis heute Teammanager ist. Aber der 57-jährige Ex-Rennfahrer kann sich nicht nur in den technischen Teil der Marquez-Krise im Zeitraum 2021 bis 203 hineinversetzen. Auch den körperlichen Teil kann er besser nachvollziehen als die meisten anderen im Fahrerlager.

Puig erinnert sich an seinen eigenen schweren Unfall
„Wenn du so viel durchgemacht hast wie Marc, und ich spreche da aus eigener Erfahrung, dann erholst du dich niemals wieder vollständig“, sagt Puig. Er selbst hatte einst einen ähnlich schweren Unfall wie ihn Marquez im Jahr 2020 in Jerez hatte.

Im Falle von Puig war es das Jahr 1995, als er in der 500er-Klasse gerade drauf und dran war, WM-Spitzenreiter Mick Doohan und dessen ersten Verfolger Daryl Beattie unter Druck zu setzen. Bei Halbzeit der Saison rangierte Puig, der damals für Pons-Honda fuhr und in Jerez gewonnen hatte, auf dem dritten Tabellenplatz. Von Tabellenführer Doohan auf der Werks-Honda trennten ihn nach dem Assen-Wochenende gerade mal 21 Punkte.

Dann aber kam das Le-Mans-Wochenende. Und dort hatte Puig bei rund 220 km/h im schnellen Rechtsbogen nach Start/Ziel einen schweren Sturz. Ein komplizierter Beinbruch war die Folge und die Saison 1995 war für ihn an Ort und Stelle beendet. Aber unzählige Operationen später kämpfte sich der Spanier tatsächlich zurück.

In den Jahren 1996 und 1997 fuhr Puig noch zwei volle Saisons in der Königsklasse, wobei er es noch einmal auf das Podium schaffte. Es war P3 in Le Castellet 1996 und es war sein letzter Podestplatz, bevor er eineinhalb Jahre später, am Saisonende 1997, seinen Helm an den Nagel hängte.

In Erinnerung an seinen eigenen schweren Unfall und auch an den schweren Jerez-Unfall von Marc Marquez sagt Puig: „Diese Dinge, diese Tortur, hinterlassen Spuren in deinem Kopf. Ich spreche davon, wenn man sich richtig schwer verletzt. Es ist ein großer Unterschied, ob man sich einfach nur was bricht, oder ob man sich wirklich richtig wehtut. Und Marc hat sich wirklich richtig wehgetan. Daher ist seine Leistung wirklich bemerkenswert.“

Puig hinterfragt: Von Marquez kam Dank an Honda, aber sonst …
Als Puig am 1. September dieses Jahres im MotorLand Aragon Marquez‘ erlösenden Sieg nach mehr als 1.000 Tagen Durststrecke mit eigenen Augen miterlebte, da war er „sehr glücklich über Marcs Sieg, aber um ehrlich zu sein hatte ich damit gerechnet. Mehr noch: Ich hatte schon früher in der Saison mit einem Sieg von ihm gerechnet.“

„Eines war mir klar“, so Puig. „Sobald Marc wieder auf einem konkurrenzfähigen Motorrad sitzt, und sei es eine Ducati von 2023, dann würde er wieder Rennen gewinnen. Daran hatte ich keinerlei Zweifel.“ Und der Honda-Teammanager spricht beim Gedanken an Marquez‘ Weg zurück auf die Siegerstraße noch einen anderen Punkt an.

„Honda, wo man wirklich sehr sehr entgegenkommend und verständnisvoll reagiert hat und wofür sich Marc auch öffentlich bedankt hat, bekommt meiner Meinung nach für die Rolle in diesem Zusammenhang (Marquez‘ vorzeitige Vertragsauflösung; Anm. d. Red.) nicht genug Wertschätzung und Achtung, von Dank ganz zu schweigen“, so Puig.

Marc Marquez selbst jedenfalls ließ es sich nicht nehmen, seinen ersten Ducati-Sieg auch mit der Honda-Crew zu feiern. Denn drei Tage später, am Mittwoch der ersten von zwei Misano-Wochen, da feierte Marquez seinen Aragon-Sieg zunächst mit Santi Hernandez und Co. in der Honda-Box, bevor er sich später mit den Mitliedern des Gresini-Teams zum Abendessen traf, um auf den Sieg anzustoßen.

Text von Mario Fritzsche

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