Es war zweifellos das Manöver des Grand Prix in Jerez: Honda-Werkspilot Marc Marquez drückt sich in der letzten Kurve an Jorge Lorenzo vorbei und drängelt den Yamaha-Piloten dabei von der Linie. Lorenzo verlor dadurch Platz zwei und die WM-Führung.
Die hat jetzt Marquez inne, der die Fahrerwertung nach den ersten drei Rennen nun knapp anführt. Für das Überholmanöver wird Marquez keine Bestrafung erhalten. Nach einer halbstündigen Beratung traf die Rennleitung die Entscheidung, den Vorfall als normalen Rennzwischenfall einzustufen.
„Ich wollte nah an Jorge dran bleiben und nicht aufgeben. Besonders in der letzten Runde wollte ich nah dran bleiben“, schildert Marquez. „Ich sah, dass es schwierig war, ihn zu überholen, weil er viel Haftung und eine gute Beschleunigung hatte. In der letzten Runde war mit bewusst, dass ich an zwei Stellen stärker war. Ich versuchte, ihn bei der ersten Gelegenheit zu überholen, doch ich musste eine weite Linie wählen.“
Erinnerungen an 2005
„In den Videoaufnahmen sah ich, dass man in der finalen Kurve überholen kann“, erklärt der amtierende Moto2-Champ, der sich gut an das Rennen der Saison 2005 erinnern kann, als Valentino Rossi Konkurrent Sete Gibernau in den Kies schickte. „Wir erinnern uns an Valentino und viele andere Fahrer. Ich wollte das gleiche tun. Ich sah, dass Jorge die Tür ein bisschen offen ließ. Ich wagte einen Versuch. Wichtig ist, dass wir beide ins Ziel kamen. Es tut mir für Jorge leid, doch so ist das im Rennsport. Jeder gibt 100 Prozent.“
Lorenzo war in der anschließenden Pressekonferenz recht wortkarg. „Ich dachte, Marc war nach dem Fehler am Ende der Gegengeraden weiter weg. Doch abgesehen davon haben wir ein perfektes Rennen gezeigt. Yamaha hat alles gemacht, um mir das bestmögliche Motorrad zu bieten. Ich möchte ihnen danken“, bemerkt der Weltmeister von 2010 und 2012, der sich zu dem Vorfall nicht äußern wollte.
Lorenzo lässt sich nicht von seinen Emotionen leiten
„Ich habe nichts davon, jetzt etwas zu sagen. Ich bin nun gewarnt, weil ich in der letzten Kurve den zweiten Platz verlor. Es ist besser, hier nichts zu sagen, weil mir das nichts bringt. Ich bin nicht gestürzt und habe 16 Punkte mehr. Wir konzentrieren uns auf das nächste Rennen“, betont er enttäuscht und wundert sich über das große Interesse: „Nun erhalte ich viele Fragen. Als ich in Katar gewann, kamen keine Fragen. Das ist etwas seltsam.“
Bereits Mitte des Rennens wurde es zwischen Lorenzo und Marquez mehrmals eng. Der Honda-Pilot schien zwischenzeitlich deutlich schneller zu sein als Lorenzo, der mit den Reifen kämpfte. Doch vorbei kam der Honda-Pilot nicht. Am Ende der Gegengeraden verschätzte sich der MotoGP-Rookie einige Male und verfehlte das Heck von Lorenzos M1 nur knapp. „Mitte des Rennens machte ich am Ende der Gegengeraden einige Fehler, weil ich nah dran war. In Austin war Dani (Pedrosa; Anm d. Red.) ebenfalls sehr nah dran. Ich muss weitere Erfahrungen sammeln“, relativiert Marquez.
In der Fahrerwertung liegt der MotoGP-Neuling nun mit drei Punkten Vorsprung auf Pedrosa in Führung. Solch eine starke Performance hätte er in Jerez vor dem Rennwochenende nicht erwartet: „Vor dem Saisonstart hätte ich das nicht geglaubt. In der Vorsaison waren wir schnell, aber in Jerez hatten wir Probleme. Wir wussten, dass es schwierig wird. In Katar und Austin lief es gut, doch für Jerez war ich etwas besorgt.“
„Beim Wintertest hatten wir hier zu kämpfen. Am Freitag konnte man das sehen. Doch selbst in diesem Moment habe ich 100 Prozent gegeben. Dieser zweite Platz ist für mich wie ein Sieg. So weiterzumachen wird sehr schwierig werden, weil die anderen beiden Fahrer sehr schnell sind. Am wichtigsten ist, dass ich viel lerne und gleichzeitig Spaß habe“, so Marquez.
Yamaha mit Rückstand
Das harte Manöver gegen Lorenzo wird noch eine Weile für Gesprächsstoff sorgen. Doch wie hätte sich Marquez selbst gefühlt, wenn ein Konkurrent sich so aggressiv vorbeigebremst hätte? „Ich wäre ebenfalls gewarnt. Ich wäre nicht wegen des Manövers sauer sondern wegen der verlorenen Position“, betont der Honda-Pilot und sticht damit noch tiefer in die Wunde seines Landsmannes. Durch die hohen Temperaturen hatte Yamaha nicht die Vorteile, die sie beim Wintertest hatten.
„Ich wusste, dass das Motorrad auf eine Runde schnell war, um die Pole-Position zu holen“, blickt Lorenzo zurück. „Doch ich wusste, dass wir auf die Renndistanz gesehen Probleme haben werden. Das trat auch ein. Nach drei oder vier Runden ging Dani vorbei. Er war schneller. Dann versuchte ich, in jeder Runde perfekt zu fahren. Ich riskierte recht viel und konzentrierte mich das gesamte Rennen über sehr.“
„Ich denke, wir haben ein bei den gegebenen Bedingungen das Beste gegeben. Ich habe in jeder Runde und Kurve mein Bestes gegeben. Wir haben kein richtig konkurrenzfähiges Motorrad“, stellt Lorenzo klar und fordert Updates für die M1: „Wir müssen es verbessern. Ich habe mir zwei Fehler geleistet – beim Start und in der letzten Kurve, in der ich die Tür nicht zu gemacht habe. Ich bin zufrieden mit dem Rennen, weil ich sehr konzentriert und konstant gefahren bin.“
Text von Sebastian Fränzschky
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