Marc Marquez - © Motorsport Images

© Motorsport Images – Marc Marquez: Von „kurz vor dem Karriereende“ zum Ducati-Werksvertrag

(Motorsport-Total.com) – Des einen Frust, des anderen Freud: Während Jorge Martin dem geplatzten Aufstieg ins Ducati-Werksteam für die MotoGP-Saison 2025 durchaus nachtrauert und die von ihm getroffene Zukunftsentscheidung Aprilia als „die beste Option nach der Entscheidung von Ducati“ bezeichnet, ist Marc Marquez derjenige, der sich über den Aufstieg ins Ducati-Werksteam freut.

Aktuell bestreitet Marquez seine erste Ducati-Saison, im Kundenteam Gresini auf einer Vorjahresmaschine. In den kommenden zwei Jahren wird er im Werksteam der Teamkollege des aktuellen MotoGP-Weltmeisters Francesco „Pecco“ Bagnaia sein. Bagnaias Vertrag wurde bereits im März um zwei weitere Jahre bis Ende 2026 verlängert. Marquez‘ neuer Vertrag ist auf zwei Jahre ausgelegt und läuft somit ebenfalls bis Ende 2026.

„Ich bin natürlich sehr glücklich und bin Ducati Corse sehr dankbar, dass sie mich als Teamkollege von ‚Pecco‘ ausgewählt haben“, sagt Marquez in der Pressekonferenz am Donnerstag in Assen und erklärt: „Das gilt ganz besonders, weil ich vor einem Jahr ganz dicht davor stand, zu sagen: Okay, das ist das Ende meiner Karriere.“

Damit erinnert der sechsmalige MotoGP-Weltmeister an die Formkrise, die er und das Honda-Werksteam durchmachten. Während Marquez mit seinem Wechsel zu Gresini-Ducati die Freude am MotoGP-Fahren wiedergefunden hat, steckt Honda noch immer in der Formkrise, die nun schon mehrere Jahre anhält.

„Zum Glück war damals gerade Sommerpause“, denkt Marquez knapp ein Jahr zurück. „So konnte ich meine Batterien aufladen, meinem Körper neue Energie geben. Das war der Zeitpunkt als ich entschied, eine andere Richtung einzuschlagen. In diesem Zusammenhang muss ich natürlich Danke sagen an Honda. Sie haben meine Situation voll und ganz verstanden und haben es mir erlaubt, ins Gresini-Team zu wechseln.“

Zwei Dinge wurden Marquez bei Gresini sofort klar
In eben diesem Ducati-Kundenteam, das einst von Fausto Gresini gegründet und geleitet wurde und das seit dessen Tod von Nadia Padovani, Gresinis Witwe, geleitet wird, da hat Marquez eigener Aussage zufolge zwei Dinge sofort verstanden: „Im Gresini-Team wurde mir sofort klar, dass dieses Motorrad dasjenige ist, mit dem ich mein Selbstvertrauen wiederfinden kann. Und es wurde mir sofort klar, dass die Atmosphäre in diesem Team die perfekte ist, um einen Fahrer, der in gewisser Weise verloren war, wieder auf Kurs zu bringen.“

„Von diesem Punkt an“, erinnert Marquez an seine ersten Einsätze als Ducati-Fahrer im Gresini-Team, „habe ich versucht, mein Bestes zu geben und so kam es, dass ich einer der Kandidaten für das Motorrad im Ducati-Werksteam wurde. Das allein war schon eine große Freude“.

Wie hat Marquez erfahren, dass er und nicht Jorge Martin derjenige ist, der zum neuen Teamkollegen von Francesco Bagnaia ernannt wird? „Ich habe auf der Strecke einfach meine 100 Prozent gegeben. Am Sonntagabend nach dem Rennen in Mugello wurde ich darüber informiert, dass sie sich für mich als ihren Fahrer entschieden haben. Den Vertrag haben wir dann in zwei Tagen abgeschlossen und an dem Mittwoch haben wir es verkündet. Ich bin sehr glücklich.“

Von Le Mans bis Mugello: Für Marquez hatte sich „nichts verändert“
Als Marquez am Rennwochenende in Le Mans – drei Wochen vor Mugello – zu seiner Zukunft befragt wurde, da sagte er, dass er für 2025 „einen Plan im Kopf“ habe, das Ducati-Werksteam aber nicht seine einzige Option sei. Darauf angesprochen erklärt er nun am Donnerstag in Assen: „In meinem Team, in meinem Umfeld, hatte sich nichts verändert.“

„Wir hatten von Le Mans über Montmelo (Barcelona; Anm. d. Red.) bis Mugello dieselben Informationen. Es wurde darüber nachgedacht, die Entscheidung zu treffen. Am Mittwoch vor Mugello dachten sie immer noch nach, aber ich fühlte mich wohl dabei“, so Marquez.

„Ich hatte ganz deutlich und ganz ehrlich gesagt, was ich haben will“, erinnert er. „Ich wollte die aktuelle Spezifikation des Motorrads, entweder im Gresini-Team oder im Werksteam. Dass sie mich für das Werksteam ausgewählt haben, das macht ich noch glücklicher.“

Dass das werksunterstützte Ducati-Satellitenteam Pramac „keine Option“ für ihn sei, das gab Marquez am Donnerstag in Mugello klar zu verstehen. Inzwischen steht fest: Die Verbindung Pramac-Ducati wird Ende 2024 auseinandergehen. Die neue Verbindung Pramac-Yamaha könnte noch an diesem Wochenende in Assen offiziell verkündet werden.

Stefan Bradl: Marquez „ein ganz anderes Kaliber als Martin“
Marc Marquez‘ Zukunft ab 2025 liegt also im Ducati-Werksteam. Darauf freut er sich schon jetzt diebisch: „Das Ziel eines jeden Fahrers ist es, für ein Werksteam anzutreten. Dass ich im nächsten Jahr den roten Overall tragen darf, das ist eine große Freude. Ich werde alles tun, um die Farben auf die bestmögliche Art und Weise und mit dem größtmöglichen Einsatz zu repräsentieren.“

Dass man sich im Ducati-Werksteam für Marquez und gegen Martin entschieden hat, das ist für Stefan Bradl nachvollziehbar. Er kennt Marquez bestens, waren der Spanier (als Stammfahrer) und der Deutsche (als Testfahrer) doch jahrelang zeitgleich bei Honda angestellt. Als Marquez nach seinem schweren Jerez-Sturz 2020 so lange verletzt war, da war Bradl derjenige, der ihn bei den Rennen vertrat. Auch jetzt, nach Marquez‘ Abschied von Honda, ist Bradl beim japanischen Hersteller noch der offizielle Testfahrer.

In seiner Rolle als TV-Experte für ServusTV sagt Bradl über die Zukunftsentscheidung im Ducati-Werksteam: „Marc ist das MotoGP-Zugpferd schlechthin und aus Marketingsicht ein ganz anderes Kaliber als Martin. Für Ducati könne die Konstellation Bagnaia/Marquez „nur Vorteile bringen und für den Sport ist es ein Bonus. Selbst wenn es scheppert, erzeugt man Aufmerksamkeit. Das wollen die Zuschauer sehen“, so Bradl.

Ein Detail, das rund um Marc Marquez derzeit noch offen ist, betrifft die Zusammensetzung der Crew. Wird der sechsmalige MotoGP-Weltmeister seinen aktuellen Crewchief im Gresini-Team – Francesco „Frankie“ Carchedi – ins Werksteam mitnehmen? Oder wird er den aktuellen Crewchief von Enea Bastianini – Marco Rigamonti – zugeteilt bekommen?

„Das ist etwas, was ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht weiß“, sagt Marquez. „Das wird die Entscheidung von Ducati. Warum? Weil ich in das beste Team mit dem besten Motorrad komme. Das hat man ja in den vergangenen zwei Jahren gesehen, als sie mit ‚Pecco‘ [zwei WM-Titel] gewonnen haben. Ich weiß, dass Ducati, die Leute von Gigi [Dall’Igna], mir die bestmöglichen Leute an die Seite stellen werden, sodass ich das Maximum aus dieser Chance herausholen kann.“

Eine Personalie wird Marquez auf jeden Fall aus dem Gresini-Team ins Werksteam folgen. Es handelt sich um seinen Reifeningenieur Javi Ortiz, der ihm schon von Honda ins Gresini-Team gefolgt ist. „Der einzige, um den ich gebeten habe, das ist Javi. Er ist derjenige, zu dem ich das größte Vertrauen habe. Er wird mit mir kommen, aber der Rest der Crew wird eine Entscheidung von Ducati“, sagt Marquez.

Bagnaia freut sich auf „neue Herausforderung“ Marquez im Team
Und wie reagiert Francesco „Pecco“ Bagnaia, der am Donnerstag in Assen gemeinsam mit Marc Marquez (und Jorge Martin) in der Pressekonferenz saß, auf die Entscheidung seines Arbeitgebers, wer sein neuer Teamkollege wird?

„Ich war in die Entscheidung nicht involviert. Darum hatte ich gebeten, denn ich wollte mich voll auf das Fahren konzentrieren. Für mich macht es keinen großen Unterschied. Jorge und Marc sind beide extrem schnell. Klar, zum aktuellen Zeitpunkt hat Jorge mehr Erfahrung mit diesem Motorrad und ist daher der Schnellere. Grundsätzlich sind sie sich vom Speed her aber sehr ähnlich.“

„Für mich“, so Bagnaia weiter, „wird das einfach eine neue Herausforderung, nämlich einen neuen Teamkollegen zu schlagen. Das wird Spaß machen. Marc ist natürlich ein sehr cleverer Kerl, der ganz genau weiß, wie er sich im Team wird anpassen müssen, sodass wir vorankommen“.

„Es wird ein neues Abenteuer. Marc und ich, wir kennen uns nicht so gut wie Jorge und ich uns kennen“, vergleicht Bagnaia. Er und der angesprochene Jorge Martin waren einst Moto3-Teamkollegen bei Mahindra. In dieser Zeit teilten sie sich ein Zimmer und vertrieben sich die Zeit mit Zocken auf der PlayStation.

Ob Bagnaia in Zukunft auch zu Marc Marquez eine engere persönliche Verbindung als momentan wird aufbauen können? „Das werden wir im nächsten Jahr herausfinden“, sagt der Italiener.

Text von Mario Fritzsche

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