(Motorsport-Total.com) – „Das hier ist meine letzte Wildcard“, hält Stefan Bradl beim MotoGP-Saisonfinale 2024 in Barcelona fest.
Der Deutsche wird am Sonntag aller Voraussicht nach seinen 219. und letzten Grand Prix in der Motorrad-Weltmeisterschaft bestreiten. Als Testfahrer wird er aber auch im nächsten Jahr für Honda hinter den Kulissen weiterarbeiten.
Also ist Barcelona der Abschied auf der großen Weltbühne? „Ja, das denke ich“, sagt der Deutsche klar. „Mit diesen Gedanken bin ich hierhergekommen. Das habe ich Honda auch so mitgeteilt. Ich bin damit okay, ich bin damit zufrieden.“
„Ich bin schon sehr lange hier und weiß, wie ich mit solchen Situationen umgehen muss. Vor 19 Jahren habe ich hier in Barcelona meine erste Wildcard in der 125er-Klasse bestritten. Und jetzt fahre ich wahrscheinlich mein letztes MotoGP-Rennen. Es ist ein Kreis, der sich hier schließt.“
2008 gewann Bradl in der 125er-Klasse seinen ersten Grand Prix. Seine beste Saison hatte der heute 34-Jährige im Jahr 2011, als er Moto2-Weltmeister wurde. Seit 2013 ist Bradl in der Königsklasse dabei. Eine Poleposition und ein Podestplatz (Laguna Seca 2013) waren seine besten Ergebnisse.
Seit 2018 ist Bradl der Testfahrer von Honda. Er sprang nicht nur für verletzte Fahrer ein, so wie sehr oft für Marc Marquez, sondern musste parallel das Testprogramm durchführen. Speziell in diesem Jahr ist Honda aufgewacht und brachte viele neue Entwicklungen.
Als einziger Testfahrer absolvierte Bradl auch die maximal erlaubten sechs Wildcards pro Jahr. Um die Arbeitsbelastung aufzuteilen und neues Feedback zu erhalten, verpflichtete Honda Aleix Espargaro und dessen Crewchief Antonio Jimenez. Dazu wird Takaaki Nakagami in Japan testen.
„Prinzipiell ist das gut für mich“, freut sich Bradl auf die Unterstützung bei der Testarbeit. „Ich musste in den vergangenen Jahren extrem viel tun. Eine massive Belastung lastete auf meinen Schultern. Ich musste viel testen.“
„Natürlich hat mich das glücklich gemacht, denn das hat gezeigt, dass sie mir vertrauen und mit meiner Arbeit zufrieden sind. Ich bin aber froh, wenn Aleix und ‚Taka‘ mir unter die Arme greifen und mein Programm etwas entspannter wird.“
„Das darf man schon sagen, denn in den vergangenen fünf Jahren habe ich als Testfahrer mehr als genug gemacht.“ Deshalb geht Bradl davon aus, dass künftig Espargaro und Nakagami die Wildcards durchführen werden. Auch aus einem guten Grund.
„Sie haben etwas mehr Speed als ich, weil sie noch Stammfahrer sind. Vielleicht können sie das Motorrad etwas mehr ausquetschen. Ich denke, wir werden im nächsten Jahr sechs Wildcards machen, die Aleix und ‚Taka‘ durchführen werden.“
„Für mich ist das in Ordnung, das habe ich ihnen [bei Honda] auch gesagt“, so Bradl. „Im nächsten Jahr ist es schön, dass Aleix und ‚Taka‘ [im Testteam] dabei sind, weil wir mehr Meinungen brauchen. Wir brauchen auch mehr Leute, um die Arbeit zu erledigen.“
In Barcelona liegt der Fokus auf dem Testprogramm
Aktuell ist er noch auf sich alleine gestellt. An diesem Wochenende fährt der Deutsche in Barcelona ein anderes Chassis und eine etwas andere Motorkonfiguration. Auch die Aerodynamik sieht optisch etwas anders aus.
„Wir versuchen, Daten zu sammeln und das bestmögliche Paket für Dienstag auszusortieren“, lautet Bradls Plan. Denn dann werden Luca Marini, Joan Mir und Johann Zarco den offiziellen Testtag in Barcelona mit den neuen Entwicklungen bestreiten. Dazu kommt Rookie Somkiat Chantra.
Der Wildcard-Einsatz ist deshalb in erster Linie ein großer Test. „Ich habe keine zwei Sessions hintereinander die gleiche Konfiguration. Jetzt ist es in der Früh kalt, die Reifen – also ich bin hier schon mit wenig Vertrauen am Bike unterwegs“, schildert Bradl.
„Das widerspiegelt sich auch in den Rundenzeiten. Klar würde ich gerne mehr wollen. Aber es geht von meiner Seite nicht mehr und von der Situation als Testfahrer mit dem Testprogramm ist auch nicht viel mehr möglich.“
„Es würde nichts helfen, wenn ich die Kiste dreimal ins Eck feuere. Davon hat keiner etwas. Barcelona ist auch nicht eine meiner besten Strecken. Wahrscheinlich ist deswegen meine Performance auch nicht fantastisch.“
Am Samstag belegte Bradl im Qualifying und im Sprint den letzten Platz. Allerdings hatte er im Ziel nur vier Sekunden Rückstand auf den langsamsten Stammfahrer. Dass es bei den Wildcards nicht um die absolut pure Performance geht, ist klar.
„Schon in der Vergangenheit, aber speziell in dieser Saison hatten wir jetzt nicht mehr diese spezielle Vorbereitung für eine Wildcard. Für mich ist es hier wie bei einem privaten Test in Jerez. Wir haben einen Testplan, der durchgearbeitet wird“, sagt Bradl vor seinem voraussichtlich letzten Start eines MotoGP-Rennens.
Text von Gerald Dirnbeck
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