(Motorsport-Total.com) – Der große Schreckmoment des Phillip-Island-Wochenendes hat sich im Sprintrennen abgespielt.
Nachdem Maverick Vinales auf der Geraden Marco Bezzecchi überholt hatte, krachte Bezzecchi der Aprilia ins Heck. Beide Fahrer stürzten bei hoher Geschwindigkeit ins Kiesbett.
Zum Glück zog sich niemand ernsthafte Verletzungen zu. Beide kamen mit Prellungen davon und konnten am Sonntag den Grand Prix fahren. Bezzecchi stürzte in Kurve 4 und fuhr das Rennen am Ende des Feldes zu Ende. Vinales wurde Achter.
Da sich Bezzecchi am Samstag nach dem Unfall in einem Krankenhaus in Melbourne gründlich untersuchen hatte lassen, gab es keine Medientermine. Erst am Sonntag nach dem Grand Prix äußerte sich der VR46-Fahrer zu dem Unfall.
„Es war eine seltsame Situation“, sagt Bezzecchi und schildert aus seiner Sicht: „Maverick hat mich auf der Geraden im Windschatten überholt. Durch die Luftverwirbelungen ist mein Motorrad nach links gezogen. Auch der Wind hat Druck ausgeübt.“
„Das Problem war, dass er sich direkt vor mich gesetzt und früher gebremst hat. Man sieht an den Bildern, dass er gebremst hat, die Bremse gelöst und wieder gebremst hat. Wenn man normalerweise am richtigen Punkt bremst, löst man die Bremse nicht mehr.“
„Ich bin nach rechts gezogen, um nicht außen auf den Randstein zu kommen. Ich habe versucht, weiter nach rechts zu ziehen, wurde aber von seinem Windschatten angesaugt. Ich konnte nichts tun, um den Kontakt zu vermeiden.“
Die Luftverwirbelungen durch die ausgefeilte Aerodynamik der MotoGP-Maschinen hat demnach auch eine Rolle gespielt. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Hintermann am Ende der Geraden gefährlich vom Vordermann angesaugt wird.
„Im Vorjahr ist das in Katar mit ‚Pecco‘ und ‚Diggia‘ passiert und mit ‚Pecco‘ und Martin in Valencia“, verweist Bezzecchi auf andere Beispiele. „Es waren andere Kurven, etwas langsamer. Es ist eine Situation, die oft passieren hätte können.“
Vinales sieht die Situation anders
Vinales hat eine andere Sichtweise auf den Unfall und sieht die Schuld klar bei Bezzecchi. „Ich habe ihm viel Platz gelassen“, sagt Vinales bei DAZN Spanien. „Ich hätte die Linie schneiden können, aber ich dachte, wir sind auf Phillip Island.“
„Manchmal kann man vom Windschatten angesaugt werden. Ich habe ihm mindestens eineinhalb Meter Platz gelassen. Dann bin ich nach innen gezogen, aber ich habe gesehen, dass er mich wieder überholen wollte. Ich glaube nicht, dass er die Kurve geschafft hätte.“
Für den Unfall spielten auch zwei Faktoren eine Rolle. Erstens bremste Vinales früher, während gleichzeitig Bezzecchi länger am Gas war. Bezzecchi schildert das so: „Ich bin vom Gas gegangen, weil er mich sehr nahe überholt hat und sich mein Motorrad bewegt hat.“
„Anhand der Daten ist das 120 Meter vor dem normalen Bremspunkt passiert. Aber mit Motorrädern hinter mir, konnte ich nicht auf der Geraden ohne Gas sein. Deshalb habe ich wieder Gas gegeben, aber nicht zu 100 Prozent sondern nur zu 70 Prozent.“
„Dann habe ich gebremst, wo ich normalerweise bremse. Ich weiß nicht, ob er immer früher als ich gebremst hat. Aber anhand der Bilder hat er gebremst, die Bremse gelöst und dann wieder gebremst.“
War die Strafe für Bezzecchi richtig?
Die Rennkommissare sprachen für Bezzecchi eine Long-Lap-Strafe aus. „Was soll ich sagen? Die Strafe ist mir egal, ich beschwere mich nicht und bin die Long Lap gefahren. Ich habe den Rennkommissaren meine Sichtweise erklärt.“
Vinales hatte schon unmittelbar nach dem Unfall eine harte Sanktion für Bezzecchi gefordert. „Ich habe den Rennkommissaren die Situation erklärt und denke, sie haben sie verstanden. Ich hoffe, dass es eine harte Strafe gibt“, so der Spanier.
„Wenn sie nichts machen, dann eröffnen sie die Jagdsaison. Entweder führen sie Regeln ein, oder es wird Fahrer geben, die Vollgas fahren und mit anderen Leuten kollidieren. Wo wollte er hin? Vielleicht hat er gedacht, die Strecke ist eine Gerade. Oder er hat den Bremspunkt verpasst.“
Ist für Vinales eine Long-Lap-Strafe in Ordnung? „Sie mussten ein Zeichen setzen und haben es getan. Mehr habe ich nicht zu sagen. Sie müssen entscheiden“, lautet sein Kommentar dazu. Am Sonntag ist es zwischen beiden zu keiner Aussprache gekommen.
„Nein, er ist nicht zu mir gekommen und hat nichts zu mir gesagt“, sagt Vinales. Bezzecchi allerdings hält fest, dass es schon am Samstag unmittelbar nach dem Unfall ein Gespräch gegeben hat.
„Wir haben im Medical Center gesprochen und er hat gesagt, dass es kein Problem ist“, so der Italiener. „Aber dann ist er zu den Interviews gegangen und war sehr wütend auf mich. Maverick ist mir egal. Wichtig ist, dass wir beide okay sind.“
„Mir hat sein Verhalten nach dem Unfall nicht gefallen. Ich hätte geschaut, wie es dem anderen Fahrer geht und nicht den Mittelfinger gezeigt und mehrmals Fuck zu mir gesagt, nachdem wir bei 300 km/h einen Unfall hatten. Aber wichtig ist, dass wir in Ordnung sind.“
Text von Sebastian Fränzschky
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
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