© Ducati - Valentino Rossi ist bei den MotoGP-Fans nach wie vor äußerst beliebt

Wie es scheint kann Ducati in dieser Saison machen was es will, so wirklich nah kommen Valentino Rossi und Nicky Hayden der Spitze um Honda und Yamaha nicht. Im Gegenteil, vereinzelt werden die beiden Ex-Weltmeister sogar von Suzuki-Pilot Alvaro Bautista unter Druck gesetzt oder sogar überholt. Das während der Saison vorgenommene Update an der Desmosedici GP11, genannt GP11.1, brachte nicht den erhofften Fortschritt.

Für Außenstehende hat es den Anschein, als ob Ducati an zu vielen Baustellen gleichzeitig werkelt. Einerseits läuft die Entwicklung der nächstjährigen 1.000-cm³-Maschine bereits auf vollen Touren, andererseits soll das aktuelle Modell mit umfassenden Umbauten verbessert werden. Bei den Rennen im Sommer waren Rossi und Hayden fast immer in unterschiedlichen Konfigurationen unterwegs.

Angesichts von nur zwei offiziellen Testtagen während der Saison ist das Ducati-Werksteam oft gezwungen, an den Rennwochenenden Grundlagenarbeit zu leisten. Kein Wunder, dass sich Rossi mehr Testfahrten wünscht, um die neuen Teile gewissenhaft ausprobieren zu können. „Ich persönlich denke, dass es unglaublich ist, dass wir nicht mehr testen. Wir müssen viele Dinge ausprobieren, aber es ist nicht möglich“, klagt der neunmalige Weltmeister.

Rossis Vorgesetzter, Ducati-Chefkonstrukteur Filippo Preziosi, widerspricht. „Wir fragen nicht nach mehr Tests. Wir werden das tun, was die anderen Hersteller am geeignetsten für die Meisterschaft halten. Wir denken nicht, dass der entscheidende Punkt die Anzahl der Testtage ist“, sagt Preziosi. Hintergrund des rigiden Testlimits sind die 2009 beschlossenen Sparmaßnahmen der MotoGP. Noch findet sich keine Mehrheit im Fahrerlager, die für eine Lockerung der damals beschlossenen Regeln eintritt.

Rossi glaubt allerdings, dass er mit seiner Forderung nicht allein ist. „Ich weiß, dass viele Hersteller wesentlich häufiger testen wollen“, betont er. Doch auch in diesem Punkt widerspricht Preziosi seinem Fahrer: „Andere Hersteller fordern eine Reduzierung der Tests, weil sie wissen, wie gefährlich Valentino ist. Sie wissen, dass er ein Löwe in einem Käfig ist. Wenn wir den Käfig öffnen, ist er sehr gefährlich.“

Der geistige Vater der Desmosedici hält allerdings einen anderen Punkt als die reine Anzahl an Testtagen für entscheidend. „Der wesentliche Punkt ist, die Information, die von unseren Fahrern kommt, richtig zu interpretieren, das richtige Teil zu bauen, und die Teile ordentlich zu testen“, sagt Preziosi.

Rossi verneint Motivationsprobleme

Angesichts der mehrheitlich enttäuschenden Vorstellungen Rossis bei den vergangenen Rennen kamen zuletzt Zweifel auf, ob der 32-Jährige trotz seines Vertrages bis 2012 noch der richtige Mann ist, um Ducati zurück an die MotoGP-Spitze zu führen. „Ich habe die Motivation und ich will weitermachen. Aber ich weiß, dass wir arbeiten müssen. Wir versuchen so viel wie möglich zu tun. Wir müssen den nächsten Schritt machen und hoffen, dass die nächste Entwicklung unser Potenzial erhöht“, sagt Rossi.

Preziosi betont, dass Ducati alles unternimmt, um künftig wieder mit Honda und Yamaha konkurrieren zu können. „Sobald wir denken, dass uns etwas einen Vorteil verschaffen kann, tun wir es. Wir haben keine Limits. Wir konzentrieren uns jetzt auf das Chassis, aber falls wir den Eindruck bekommen, dass etwas anderes als ein 90-Grad-V-Motor helfen würde, würden wir es tun.“

Entwicklung für 2012 hat Priorität

Die Konzernleitung gibt Preziosos Team freie Hand. „Ich bin froh, dass uns die Firma die Freiheit gibt, das zu tun, was wir wichtig finden, was wir gerne entwerfen, bauen und testen wollen. Das ist nicht selbstverständlich“, sagt der Ingenieur. „Das ist im Interesse der Firma, denn so macht man das Beste aus dem Rennsport. Es ist nicht bloß Werbung, sondern man erlangt auch Wissen. Selbst bei Testlösungen, die nicht Teil unserer Geschichte sind. Und ich mag es, neue Dinge auszuprobieren.“

In diesem Zusammenhang begegnet Preziosi auch dem Vorwurf, wonach das Herumdoktern an der GP11.1 die Entwicklung der GP12 behindern könnte. „Wenn es die Möglichkeit gibt, bringen wir neue Teile an das diesjährige Motorrad. Das ist großartig, allerdings mehr im Hinblick auf nächstes Jahr.“ Dass dadurch bessere Resultate in dieser Saison hintangestellt werden, spricht Preziosi nicht explizit aus, meint es aber so.

„Alu-Chassis ist keine neue Idee“

Um welche Teile es sich dabei konkret handelt, gibt Preziosi allerdings nicht preis. „Wir werden euch nie erzählen, was wir in Zukunft tun werden“, stellt der Ducati-Ingenieur gegenüber Journalisten klar. „Wenn ihr ein Foto macht, werden wir es beschreiben und manchmal erklären, warum wir es getan haben. Ein anderes Mal werden wir lügen. Wenn ihr Honda nach ihren nächsten Schritten befragt, werden die euch auch nicht antworten.“

Seit Monaten halten sich im MotoGP-Paddock die Gerüchte, wonach Ducati für 2012 von seiner Kohlefaser-Strategie abweichen und stattdessen einen Aluminium-Rahmen entwickeln könnte. „Wir haben 2009 ein Alu-Chassis getestet. Das ist keine neue Idee. Es ist aber nicht das Material, das den Unterschied ausmacht. Es ist das Design. Wir denken über Chassis-Lösungen nach, um ein besseres Lenkverhalten und ein besseres Fahrgefühl zu erzeugen“, meint Preziosi vielsagend.

Generell gehe es darum, die Desmosedici für die Piloten fahrbarer zu machen. In gewisser Weise muss dazu die Entwicklung, die jahrelang auf Casey Stoners einzigartigen Fahrstil zugeschnitten war, ein Stück weit zurückgedreht werden. Der Australier bevorzugte ein möglichst steifes Chassis. Damit können Rossi und Hayden nicht viel anfangen, ihnen fehlt das Feingefühl im Grenzbereich.

„Viel wichtiger als die absolute Rundenzeit, ist, dass wir es den Fahrer ermöglichen, konstant zu sein“, findet Preziosi. „Das heißt, sie müssen häufiger näher am Limit sein.“ Rossi hofft, dass ihm spätestens mit der Einführung der 1.000er-Maschinen ein entscheidender Fortschritt gelingt: „Ich mag die 1.000er mehr.“ Der größere Motor könne dabei helfen, das Motorrad stärker über die Motorleistung zu steuern – und weniger über das so unberechenbare Vorderrad der Desmosedici.

Es scheint, als habe Rossi in letzter Zeit seine Liebe zu Ein-Liter-Maschinen entdeckt. Einem Superbike-Einsatz an der Seite von Carlos Checa stünde der MotoGP-Star durchaus aufgeschlossen gegenüber. „Ich würde es gerne außerhalb der Saison tun, denn während der Saison ist es zu viel. Wir haben hiermit genug zu tun. Die Ergebnisse von Carlos und Ducati sind gut, das Bike ist schnell. Also warum nicht? Vielleicht hätten wir dort mehr Spaß als hier“, sagt Rossi.

Text von Lennart Schmid

Motorsport-Total.com
Quelle, Infos, Hintergrundberichte: www.motorsport-total.com/
Motorsport-Total auf Facebook
Motorsport-Total auf Twitter

Gaskrank Buchtipp

Dieser Beitrag wurde unter Racing abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert